Märchenerzählerin Jutta Scherzinger zieht Zuhörer in ihren Bann
Von Hans-Jürgen Kommert Triberg. Zur Therapie in der Asklepios-Klinik in Triberg gehört auch die Beschäftigung mit dem weniger Bekannten. Dazu kommt, dass Langeweile gerade in Zeiten der Rehabilitation etwas Fürchterliches ist.
Daher bietet die Klinik den Patienten viel Abwechslung. Unter anderem kommt dazu des Öfteren eine Märchenerzählerin. In früheren Zeiten wurden viele Geschichten in der Hauptsache mündlich weitergegeben.
Nur wenige Menschen waren des Lesens kundig, die wenigen Bücher waren in der Bevölkerung unerschwinglich teuer. So gab es den Beruf des Geschichten- und Märchenerzählers, der es verstand, seine Zuhörer mit vielerlei wahren und erfundenen Geschichten in den Bann zu schlagen. Heutzutage ist dieser Beruf nur noch wenigen Menschen vorbehalten. Denn zum einen kann heute die überwiegende Mehrzahl selbst lesen, Bücher sind dazu heute geradezu billig – und werden dennoch immer weniger gekauft. Und zum anderen lässt sich die Mehrzahl lieber von den neuen Medien unterhalten.
Zu den wenigen Ausnahmen, die dieses Handwerk (oder sollte man besser Mundwerk sagen?), noch beherrschen, gehört Jutta Scherzinger aus Freiburg-Kappel. Sie ist immer wieder zu Gast in der Klinik, der Besuch ist sehr unterschiedlich.
Liegt es am Weihnachtszauber oder an der weihnachtlich bedingten dünnen Belegung des Hauses, aber heute sind es nur rund ein Dutzend Besucher, die sie mit ihren Märchen (für Erwachsene) begeistern kann. Denn wenn sie mit ihrer eindringlichen Stimme mal leise, mal lauter werdend erzählt, könnte man daneben eine Feder fallen hören, so gespannt lauschen ihr die interessierten Besucher.
Ob es nun das Märchen von der chinesischen Prinzessin ist, die nur einen Mann heiraten will, der ihr eine blaue Rose bringt – und bei der weiß auch blau sein kann, wenn es nur der Richtige ist. Oder die Geschichte von dem Jungen, der dem trauernden Riesen seine Seele wieder beschafft, sie schlägt ihre Zuhörer in den Bann. Wie so oft wird sie von Wolfgang Rogge begleitet. Nicht nur rein von der Anwesenheit her, sondern auch musikalisch. Der Musiker an ihrer Seite spielt zu den Erzählungen Scherzingers die passende Musik, mal auf der Fidel, Flöte oder Gitarre. Oft singen sie auch gemeinsam.
Zu den Besonderheiten der Märchenerzählerin gehört es, dass sie es schafft, mit wenigen Accessoires eine ganz eigene Atmosphäre zu schaffen. Dazu gehört der "Schrein", in dem sie mit ihrem Musikanten sitzt. Dazu gehört auch der kleine Gong, mit dem sie eine Geschichte beginnt und beendet. Und sicher auch die Kerze, die auf einem Tischlein mit rotsamtenem Tischtuch brennt. Die wenigen Besucher zeigten sich begeistert von den Geschichten und dem Ambiente.