Der Gerichtsort war wahrscheinlich das ehemalige Amtshaus, das heutige Forstam in Triberg. Im Text ist keine Angabe über den Ort zu finden. Foto:Liebau Foto: Schwarzwälder-Bote

Weil sie stark angetrunken auf einen Studenten aus Triberg einschlug, musste sie in die "Thrille"

Von Karl Volk

Triberg. Den St. Galli-Markt des Jahres 1750 hätte Elisabeth Dorerin aus Schönwald mit ihrem Ehemann Jacob Kern besser nicht besucht. Auswahl an Märkten das Jahr hindurch hätte sie genug gehabt. Und als Feiertage wurden in Triberg die Feste der Patrone Blasius, Quirinus, Michael, Ulrich, Sebastian. Georg und Agatha gehalten. Wie es scheint, wurden die Markttage weniger zum Einkauf von Waren genutzt (jedenfalls floss davon nichts in die Akten ein). Vielmehr wurden sie als eine Gelegenheit verstanden, exzessiv zu feiern, also dem Alkohol die gebührende Ehre zu erweisen, damit Freude aufkam.

Durch die Kehle der Elisabeth rann entschieden zu viel des edlen Traubensafts und löste alle Bremsen ihres Aggressionstriebs. Ihr "Maß" war bereits überschritten, als der in Triberg gebürtige Student Dionysius Irslinger das "Würthshaus Beym Resel" betrat und an einem andern Tisch einen Schoppen Wein bestellte. Das Glas war noch gut halb voll, als Elisabeth es ihm umstieß: der Wein verschüttet, das Glas in Scherben.

In allem Anstand wandte sich der Student an ihren Ehemann um Schadenersatz. Da sprang die Frau auf, fuhr auf ihn los, schlug ihm "die Faust zwei bis dreimahl ins Angesicht" und beleidigte ihn mit damals üblichen Schimpfwörtern: "Spitzbub", "Hundsfuth", "Sch…kerle" und andere. "Zehn dergleichen Pirstle (Bürschle)" … fürchte sie nicht. Das war auch dem sanftmütigen Studenten zu viel, zumal die ganze Studentenschaft davon betroffen war. Er erstattete bei der Obrigkeit Anzeige zur Genugtuung und Wiederherstellung seiner Ehre (19. Oktober 1750).

Vor Gericht gab die Beschuldigte an, da "all solches in vollem Thummel beschehe seye", wisse sie überhaupt "nichts zu erzellen". Trotz des "zu ihrer entschuldigung beygebrachten rausches" wurde sie schuldig gesprochen.

Sie hatte vor dem Studenten eine "offentliche und christliche abbitt" zu leisten, für das zerbrochene Glas und den verschütteten Wein zwei Gulden in Rheinischer Währung zu erbringen, die aufgelaufenen amtlichen Kosten von einem Gulden 30 Kreuzer zu bezahlen. Der peinlichste Teil der Strafe bestand aber darin, dass das Vergehen "für die obrigkeitliche Straf anheüt und künftigen Samstag jedesmahl zwei Stundt in hiesiger thrillin abgebüsset werden" musste.

Eine "Thrille" war ein drehbarer Käfig aus Holz, eine Art Pranger, der von den Vorübergehenden in Gang gesetzt werden konnte – bis zum Erbrechen des/der Gestraften, denn Dauer und Geschwindigkeit dieses "Karussells" waren nicht eingeschränkt. Der Wert dieser Angaben für uns liegt nicht in der Feststellung eines Streits in einem Gasthaus, solche Streitigkeiten sind dutzendweise überliefert – dass aber Triberg eine Thrillin hatte, das sehen wir hier zum ersten Mal. (Quelle: Generallandesarchiv 61/12956)