Beim schnellen Happen zwischendurch geht der Trend zur höherwertigen Restaurantkette, die Lifestyle verspricht. Das gilt auch für den Dönerladen, der vielleicht schon bald der Vergangenheit angehört.
Stuttgart - Wenn Erkan Erkul über Falafel spricht, dann spitzt er dabei den Mund als habe er gerade eben ein besonders saftiges Exemplar der Kichererbsenbällchen verspeist und den Geschmack noch auf der Zunge. Erkul sitzt in seinem Versuchsrestaurant in der Immenhofer Straße in Stuttgart. Er ist ein großer schlanker Mann Mitte vierzig mit gepflegtem Äußeren. In dem kleinen Verkaufsraum war früher eine Schlecker-Filiale. Doch nichts erinnert mehr an das Billig-Image der insolventen Drogeriemarktkette.
Ausgerechnet diesen Ort, der für gescheitertes Unternehmertum steht, hat Erkul ausgesucht, um etwas ganz Großes zuwege zu bringen. Er will nichts Geringeres, als den deutschen Fast-Food-Markt revolutionieren. Wie das gehen soll? Erkul hat eine Lücke entdeckt, die, wenn man ihm Glauben schenkt, in einigen Jahren erhebliches Wachstum verspricht.
„Es gibt Fast-Food-Ketten, die amerikanisches Essen anbieten, es gibt sie für die italienische Küche und für die asiatische Speisen. Aber die 16 000 Dönerbuden in Deutschland“, sagt er, „ sind so gut wie alle in den Händen von Einzelunternehmern.“
Diese Unternehmer, glaubt Erkul, werden zum größten Teil in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren in Rente gehen, aber keine Nachfolger finden. „Welcher 20-Jährige will heute noch eine Dönerbude betreiben?“, fragt er. Dann schlägt die Stunde der Yaz GmbH und Co. KG, Erkuls orientalischer Restaurantkette. Das Konzept heißt „fast casual“. Es ist das Prinzip, mit dem Vapiano schon seit Jahren erfolgreich ist: Die Preise sind moderat wie bei herkömmlichen Fast -Food-Restaurants, aber die Inneneinrichtung ist von Designern gestaltet, und das Essen wird mit frischen Zutaten zubereitet.
Weg vom Image der schmuddeligen Buden und dem fetttriefenden Fleischspieß
Erkul hat den Boden in seinem Testrestaurant mit hellem Naturstein fliesen lassen. An den dunkelbraunen Wänden ist ein orangefarbenes Muster im Stil des Endlos-Dekors aufgebracht, den man von Moschee-Wänden kennt.
Er beobachtet den Fast Food-Markt schon seit Jahren. Die Dönerläden sind in Deutschland für etwa zehn Prozent des gesamten Umsatzes in der Gastronomie verantwortlich. Das sind etwa dreieinhalb Milliarden Euro.
Aber Dönerfleisch im Fladenbrot will Erkul nicht verkaufen. Er will weg vom Image der schmuddeligen Buden und dem fetttriefenden Fleischspieß. Erkul hat sich etwas Neues ausgedacht. „Yaz – eine Prise Orient“, ist das Motto seiner Restaurants, das im September mit einer ersten Filiale in der Calwer Straße in Stuttgart eröffnen soll. Mit seinem Geschäftspartner Kivanc Semen hat er ein Konzept entwickelt, das auf ein breites Angebot von Speisen aus Nordafrika und dem östlichen Mittelmeer setzt.
Die Qualität der Speisen und eine stilvolle Ausstattung sollen das Essen aus der Retorte für breitere Bevölkerungsschichten interessant machen. Ähnlich wie beim italienischen Spezialitäten-Restaurant Vapiano soll alles schnell und trotzdem ohne Hektik gehen.
Lange nach einem Standort gesucht
Während bei Vapiano damit geworben wird, dass der Gast bei der Zubereitung der Speisen zusehen kann, soll er bei Yaz sein Essen direkt an den Platz serviert bekommen. Erkul hat dafür Chipkarten in die Tabletts und Tische einbauen lassen. „Der Kunde bekommt bei der Bestellung ein Tablett in die Hand, und sobald er sich damit an einen Platz setzt, wissen wir, welches Gericht an welchen Platz geliefert werden muss“, sagt er.
Erkul ist optimistisch, dass er damit Erfolg haben wird: „In zehn Jahren wollen wir in 50 deutschen Großstädten vertreten sein.“ Vorerst wird es aber nur das Restaurant in Stuttgart geben. Erkul und Semen haben lange nach einem Standort gesucht. Letztlich sind sie in der Calwer Straße nahe der S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte fündig geworden. „Wir wollte eigentlich in ein Gebäude in der Nähe des Schlossplatzes in Stuttgart, aber wir wurden von einem Mitbewerber überboten“, sagt Erkul.
Wen er damit meint, ist klar: Den ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der kürzlich selbst eine Fast-Casual-Kette mit dem Namen Tialini gegründet hat und in der zweiten Augusthälfte diesen Jahres auch eine Filiale in Stuttgart eröffnen wird. „Der Standort ist direkt gegenüber von einem Vapiano-Restaurant, das wie Wiedeking italienische Speisen anbietet.“
Viele Investoren gefunden
Erkul hält das für ein gutes Zeichen. „Wie positiv muss Wiedeking den Markt bewerten, wenn er glaubt, dass hier noch etwas zu holen ist?“ Nachhilfe in Sachen Betriebswirtschaftslehre hat Erkul eigentlich nicht nötig, der studierte Betriebswirt war jahrelang persönlicher Referent des ehemaligen IBM Deutschland-Chefs Erwin Staudt und hat später die IBM-Tochter Global Financing geleitet, die Kredite an Unternehmen vergibt, die bei dem IT-Unternehmen ihre Computersysteme kaufen.
Erkul hat den Ehrenpräsidenten des VfB Stuttgart davon überzeugt, dass die orientalische Küche tauglich ist für die Systemgastronomie, wie das Prinzip der Filialrestaurants genannt wird. Staudt sitzt dem Aufsichtsrat der neuen Restaurantkette vor und hat auch selbst in das Unternehmen investiert.
„Wir haben viele Investoren gefunden, die uns ermöglicht haben, am großen Rad zu drehen“, sagt Erkul. Das hatte der millionschwere Ex-Chef von Porsche nicht nötig, er ist alleiniger Gesellschafter der Tialini-Kette. Aber im Gegensatz zu Wiedeking, der kürzlich zugab, nicht viel vom Kochen zu verstehen, hat Erkul jedes Gericht auf seiner Speisekarte schon einmal selbst zubereitet.