Die Hebamme Anita Kessel-Kühnert ist im Alter von 71 Jahren gestorben. Stets an ihrer Seite war ihr Mann Wolfgang Kühnert. Hier ein Bild aus dem Jahr 2013, als wir sie in ihrer Praxis anlässlich ihres 40. Berufsjubiläums besucht haben. Foto: Otto

Knapp 50 Jahre war sie als Hebamme tätig – mit großem Engagement und großer Leidenschaft. Tausenden Babys hat sie auf die Welt geholfen und die Mütter und Familien durch Schwangerschaft und Wochenbettzeit begleitet. Nun ist die bekannte und geschätzte Hebamme Anita Kessel-Kühnert im Alter von 71 Jahren gestorben.

Rottweil - Es war immer ihr Wunsch gewesen, "bis zur letzten Minute zu arbeiten. Und das hat sie auch gemacht", erzählt ihr Mann Wolfgang Kühnert, der für seine Frau einst sogar seine Tätigkeit beim Max-Planck-Institut aufgegeben hatte, um sie in ihrer Hebammenpraxis und mit Babyschwimmkursen zu unterstützen. Bis zuletzt stand er ihr zur Seite. Am 26. März ist Anita Kessel-Kühnert verstorben.

Wer Anita Kessel-Kühnert kennt, der weiß, dass sie nie Aufhebens um ihre Person gemacht hat, und das auch strikt ablehnte. Und so war es für sie auch keine Besonderheit, dass bis zuletzt junge Mütter mit ihren Babys ans Krankenbett kamen, um die erfahrene Hebamme um Rat zu fragen, und das, obwohl sie da schon nicht mehr aufstehen konnte.

Beisetzung im engsten Familienkreis

"Der Irdische Weg ist zu Ende", ist zu lesen, wenn man die Homepage der Hebamme aufruft. "...und wenn ich einstmals nicht mehr lebe, wird‘ ich noch immer sein, nur nicht mehr sichtbar dieser Welt", aus der "Irdische Weg" heißt es da. Anita Kessel-Kühnert wurde in der vergangenen Woche, ganz nach ihrem Wunsch, in aller Stille und im engsten Familienkreis beerdigt.

50 Jahre hat sie ihren Beruf ausgeübt. Und das, obwohl es doch eher Zufall gewesen sei, dass sie ihn überhaupt erlernt habe, erzählte sie mal in einem Interview. Bei Ulm geboren, lernte sie zunächst den Beruf der Erzieherin, betreute Kinder in einer Klinik und sei dort auf den Hebammenberuf aufmerksam geworden. Prompt habe sie sich dann an einer Hebammenschule beworben, und sei genommen worden. Das war der Beginn ihres 50-jährigen Wirkens. In Hamburg habe sie ihre Ausbildung absolviert und dort schon viel fürs Leben gelernt, wie sie vor einigen Jahren erzählte. Patientinnen aus St. Pauli und ihr Gefolge hätten ordentlich Farbe in ihren Berufsalltag gebracht. 1989 kam sie dann nach Rottweil. Über Jahrzehnte war sie am Rottweiler Krankenhaus tätig, hat vieles miterlebt. Viel Schönes, aber auch Trauriges. Auch das hat sie nicht entmutigt, sondern sie in ihrer Arbeit eher bestärkt. Trotz ihrer eigenen Erkrankung hat sie immer weitergearbeitet.

Beruf der Hebamme hat sich sehr verändert

In den 50 Jahren ihrer Berufstätigkeit habe sich der Hebammenberuf sehr verändert, erzählte sie. Als sie auf der Hebammenschule gewesen sei, habe man noch mit dem Hörrohr gelernt. Ultraschall, CTG und mehr – davon sei damals nicht die Rede gewesen, und vermutlich hätte damals auch noch keiner nur im Traum daran gedacht, wie sich das Kinderkriegen 50 Jahre später, durch modernste Diagnostik, immens verändern könnte.

Und obwohl sie tausende Geburten miterlebt hat. Zur Routine wurden sie ihr nie: "Jede Geburt berührt mich wieder aufs Neue", sagte sie.