Tausende Patienten warten auf ein Spenderorgan. Doch die Spendenbereitschaft in Deutschland bleibt niedrig. Acht Bundesländer wollen das mit der sogenannten Widerspruchslösung ändern.
Schwerkranke Menschen mit dringendem Bedarf auf ein Spenderorgan müssen in Deutschland lange warten und sterben nicht selten vor einer Transplantation. Daher wollen mehrere Bundesländer die Organspende-Regeln ändern - von einer Zustimmungs zu einer Widerspruchslösung. Insgesamt acht Länder haben auf Initiative von Nordrhein-Westfalen am Freitag einen Antrag zur Änderung des Transplantationsgesetzes in den Bundesrat eingebracht. „Es geht um Rettung von Leben und Verkürzung von Wartezeiten“, bekräftigte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
Durch Einführung der sogenannten Widerspruchslösung soll aus Sicht der Länder zukünftig jede Person als potenzieller Organspender gelten, wenn sie nicht zu Lebzeiten ausdrücklich einen Widerspruch dokumentiert hat. „Ich bin der Meinung, dass es einem erwachsenen Menschen zuzutrauen ist, diese Entscheidung zu treffen“, betonte Laumann. Jede Entscheidung sei vertretbar und müsse nicht begründet werden. Der Antrag der Länder wird nun weiter im Gesundheitsausschuss beraten.
„Wir kommen mit den Zahlen nicht hin“
Der Widerspruch kann im Organspende-Register, in einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder auf andere Art und Weise festgehalten werden. Derzeit gilt in Deutschland eine Zustimmungslösung: Nur wer zu Lebzeiten einer Spende ausdrücklich zugestimmt hat, ist möglicher Organspender. „Ich glaube, dass wir einen Systemwechsel brauchen“, so Laumann und ergänzte: „Wir kommen mit den Zahlen nicht hin.“
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Vorstoß der Länder. „Ohne die Widerspruchslösung werden wir weiterhin tausende Menschenleben pro Jahr verlieren, die auf ein Organ warten. Mit der Rückendeckung der Länder wird es jetzt wahrscheinlicher, dass ein zweiter Anlauf bei der Widerspruchslösung im Bundestag erfolgreich ist“, sagte der Minister den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Das Sterben auf der Warteliste müsse ein Ende haben, so Lauterbach.
Deutschland weit hinten
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), hält nun eine Bundestagsbefassung für unumgänglich: „Wir werden eine neue Debatte um die Organspende brauchen. Es ist gut, dass die Länder initiativ werden und wir auch im Bundestag über Möglichkeiten beraten müssen, um die Spenderzahlen zu erhöhen. Das sind wir über achttausend Menschen schuldig, die aktuell auf ein Spenderorgan hoffen“, sagte Sorge der Mediengruppe Bayern.
Deutschland liegt bei der Zahl der Organspenden international auf einem hinteren Platz. Die Zahl der Spenderinnen und Spender stagniert seit Jahren. 2023 standen 8.385 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für ein Organ. Gespendet wurden nur 2.877 Organe von 965 Personen. Das im März in Betrieb gegangene Organspende-Register wird aus Sicht der Bundesländer nicht zu einer spürbaren Verbesserung führen.
Aus Sicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz fehlt es hier an Engagement der Länder. „Als ersten Schritt haben die Länder unverzüglich dafür zu sorgen, dass die gesetzlich geforderte Anbindung der Pass- und Ausweisstellen an das Organspende-Zentralregister steht“ sagte Vorstand Eugen Brysch den Zeitungen der Funke Mediengruppe.