Der VfB will einen zentralen Abwehrspieler verpflichten, doch die halbe Liga buhlt ebenfalls um solche Verstärkungen. Ein Blick auf den Transfermarkt.
An der Attraktivität kann es nicht liegen. Der VfB Stuttgart geht als Vizemeister in die Saison, verfügt über eine Mannschaft mit Perspektive und spielt in einem der stimmungsvollsten Stadien in Deutschland – vor vollen Rängen. Nicht zuletzt die Strategie, unter dem Sportvorstand Fabian Wohlgemuth Personalpolitik mit Weitsicht und Sachverstand, aber ohne Zeitdruck und Aktionismus zu betreiben, hat den Fußball-Bundesligisten wieder in diese verheißungsvolle Lage versetzt.
Der VfB kann jedoch nicht nur sportliche und atmosphärische Argumente einbringen, wenn er sich an die Akquise neuer Spieler macht, sondern ebenso Geld. Offenbar macht der monetäre Aspekt die Suche nach einem Abwehrspieler aber nicht einfacher. Zum einen, weil die Ansprüche in Stuttgart gestiegen sind. Zum anderen, weil die halbe Liga nach Innenverteidigern fahndet. Die Branchengrößen FC Bayern und Borussia Dortmund haben sich schon mal früh bedient – in Hiroki Ito und Waldemar Anton beim VfB.
Das neue Duo im Abwehrzentrum
Das führt dazu, dass Sebastian Hoeneß an diesem Samstag (20.30 Uhr/Sat 1) im Supercup bei Bayer Leverkusen ein neues Duo im Abwehrzentrum aufbietet: Anthony Rouault und Jeff Chabot. Der harte Franzose, der sich weiter entwickeln und etablieren will, und der zweikampfstarke Neuzugang, der auf Anhieb in eine Führungsrolle zu schlüpfen scheint. „Sie haben beide eine ordentliche Vorbereitung gespielt und konnten sich schon aufeinander einstimmen. Sie kommunizieren auf Französisch und sind gewappnet für das erste Pflichtspiel“, sagt der Trainer.
Gegen den Double-Gewinner werden Rouault und Chabot dabei einem ersten Stresstest unterzogen, der sich auf oberstem Niveau abspielt. Victor Boniface oder Patrik Schick werden die Mittelstürmer heißen, gegen die sich die weiß-roten Sicherheitskräfte behaupten müssen – eine Güteklasse, die sie auch in der Champions League erwartet. „Da wir in Waldemar Anton den Kapitän und Abwehrchef verloren haben, steht es außer Frage, dass wir noch einen absoluten Qualitätsspieler dazu holen wollen“, sagt Hoeneß. Dem Chefcoach schwebt dabei eine Verstärkung vor, die temporeich und spielstark genug ist, um den Stuttgarter Stil international praktizieren zu können.
Schwer zu haben sind diese Innenverteidiger und sie werden auf dem Transfermarkt fast wie Juwelen gehandelt. Siehe Jonathan Tah. Den Leverkusener Nationalspieler zieht es zum Rekordmeister nach München, aber der Wechsel stockt. Das zehrt in der Bayer-Zentrale an den Nerven, wie sich beim Wutausbruch von Geschäftsführer Fernando Carro bei einem Termin mit Fans gezeigt hat. Der Leverkusener Boss hat den Bayern-Sportvorstand Max Eberl wegen dessen Verhandlungsgebaren attackiert – und sich wenig später entschuldigt.
Bei den Leverkusenern muss der Trainer Xabi Alonso jedoch nicht nur um seinen Kapitän Tah bangen. Odilon Kossounou gilt ebenfalls als Verkaufskandidat. Als möglichen Ersatz für seine Dreierkette hat sich der Meister Sepp van den Berg ausgeguckt. Der Niederländer war zuletzt vom FC Liverpool an den FSV Mainz 05 ausgeliehen und hat nach anfänglichen Schwächen überzeugt. Mit seinem Profil würde der 22-Jährige auch zum VfB passen: Er verfügt über weiteres Potenzial und ein gutes Aufbauspiel. Zudem ist er 1,92 Meter groß und schnell.
Welcher Spielertyp bietet sich an?
Van den Berg ist mit diesem Paket an Fähigkeiten gefragt. Auch der VfL Wolfsburg hat sich schon für ihn interessiert. Nun stehen die Niedersachsen kurz vor der Verpflichtung des Griechen Konstantinos Koulierakis von PAOK Saloniki. Was wiederum Eintracht Frankfurt ärgert, da sich dessen Sportchef Markus Krösche intensiv mit dem 20-jährigen Nationalspieler beschäftigt hatte und sich auf einem guten Weg wähnte. Bis die Wolfsburger 15 Millionen Euro an Ablöse boten. Fünf mehr als die Frankfurter, die nach einem Ersatz für den zu Paris Saint-Germain abgewanderten Willian Pacho (40 Millionen Euro) Ausschau halten.
Für die Stuttgarter ist Koulierakis aber nichts, da die Clubs zwar im selben Teich fischen, aber der VfB sich einen Rechtsfuß angeln will, keinen Linksfuß. Da gibt es ja noch Dan-Axel Zagadou, den französischen Koloss, der nach einer Knieverletzung an seinem Comeback arbeitet. „Er ist auf einem guten Weg“, sagt Hoeneß. Konkurriert haben die Stuttgarter auf dem Transfermarkt zuletzt jedoch mit den Hoffenheimern. Armel Bella-Kotchap (FC Southampton) und Oumar Solet (RB Salzburg) tauchten auf beiden Einkaufslisten auf. Beide absolvierten ihre Medizinchecks jedoch im Kraichgau – und fielen durch.
Wie es mit Bella-Kotchap weitergeht, ist offen. Der Transfer zum Rivalen droht zu platzen. Für den VfB könnte der 22-Jährige mit seinen ursprünglich starken körperlichen Voraussetzungen somit noch einmal ein Thema werden. Sofern klar ist, was das gesundheitliche Problem ist. „So eine Verpflichtung ist kein Wunschkonzert“, sagt Hoeneß, der sich beim Profil etwas flexibel gibt. Und die Finanzen müssen – trotz gesteigerter Möglichkeiten – beachtet werden. So buhlt der VfB um Loïc Badé, den französischen Olympiazweiten vom FC Sevilla. Allerdings verkündet der Sportdirektor Victor Orta aus der andalusischen Hauptstadt: „Noch hat uns kein Angebot erreicht, das zufriedenstellend ist oder dem Wert des Spielers entspricht.“
Mehr als 20 Millionen Euro an Ablöse rufen die Spanier auf. Der VfB ist bereit, zehn Millionen Euro oder etwas mehr für einen Innenverteidiger auszugeben. Das hängt von der jeweiligen Konstellation ab, die auch ein Leihgeschäft mit Kaufoption oder gar Kaufpflicht vorsehen kann. Vor dem Abschluss steht beim VfB aktuell jedoch keine Personalie. Bei aller Attraktivität bleibt da bis zum Ende der Transferzeit (31. August) noch viel zu verhandeln.