Als würde er fliegen: Tim-Oliver Geßwein bereitet sich schon in der Luft auf seinen nächsten Sprung vor. Foto: Rösler

Für Trampolinturner Tim-Oliver Geßwein geht es meist um den einen perfekten Moment. Um diesen in die Finger zu bekommen, verlangt er alles von sich ab und erhält dabei Unterstützung vom Unternehmen Kipp aus Holzhausen. Er verrät, was es damit auf sich hat.

Beim Blick auf seine Vita wird deutlich: Der 26-Jährige ist ein absolutes Bewegungstalent. "Mit sechs Jahren habe ich das Geräteturnen angefangen. Da war ich dann auch im Landeskader", blickt Geßwein zurück. Im Alter von zwölf musste der gebürtige Stuttgarter umdenken. "Ich habe es dann nicht mehr in den Landeskader geschafft. Da ich besonders am Sprung und am Boden gut war, bin ich zum Trampolin gewechselt", sagt der 26-Jährige.

 

Darauf kann er getrost verzichten

Ein Gerät, auf das er seit dem Wechsel getrost verzichten kann, ist hingegen das Pauschenpferd. "Ein Fehler und man liegt auf der Matte", trauert Geßwein dem bei vielen Turnern verhassten Gerät keineswegs nach. Vor einiger Zeit hat er das "Pferd" aber dann doch noch mal gebändigt. So turnt der 26-Jährige immer mal wieder bei seinem Heimatverein in der Verbandsliga mit. "Der Trainer kam kurz vor dem Wettkampf auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich heute am Pauschenpferd turnen kann", erklärt Geßwein. Ohne Training habe er dann beide Übungen fehlerfrei weggeturnt – ganz zu seinem eigenen Erstaunen.

Neben der turnerischen Leidenschaft – ob auf dem Trampolin oder am Gerät –  tanzt Geßwein auch noch Rock 'n' Roll, ein Hobby, das er vor allem durch seine Eltern entdeckt hat. "Das betreibe ich rein auf Breitensportbasis. Einmal in der Woche tanze ich zusammen mit meiner Tanzpartnerin", erzählt der 26-Jährige und führt weiter aus: "Wir sind jetzt schon seit 22 Jahren zusammen auf der Tanzfläche. Das ist auch eher besonders." Neben der Ablenkung vom tagtäglichen Training nutzt er Rock 'n' Roll aber auch immer wieder als Traingseinheit, denn der Tanzstil "geht ordentlich auf die Beine".

Bastler und Tüftler 

Auch in seiner Freizeit fällt es Tim-Oliver Geßwein schwer, die Füße stillzuhalten. Wenn er jedoch zur Ruhe kommt, dann in den eigenen vier Wänden. "Ich habe zu Hause auch kein Trampolin oder so stehen. Ich will dort abschalten." Er widme sich dann immer wieder kleinen Basteleinheiten. Von einem kleinen Macgyver möchte er dabei aber nicht sprechen, auch wenn er sich beispielsweise schon einen eigenen 3D-Drucker zusammengebaut hat. 

Die Liebe zum privaten Basteln und Werkeln kommt auch nicht von ungefähr, denn Geßwein ist studierter Maschinenbauer. Im August des vergangenen Jahres hat er in Esslingen seinen Master absolviert. Der nächste Schritt war dann ein wichtiger, denn der 26-Jährige musste sich entscheiden. Schließlich ist es für Leistungssportler nicht immer einfach, Sport und Arbeit zu vereinbaren – vor allem, wenn nicht wie im Fußball Millionen winken. 

Kipp macht viel für Sportler

"Ein Bekannter hat mir von Kipp erzählt. Die Gespräche waren dann auch super", blickt der gebürtige Stuttgarter zurück. Das Unternehmen mit Hauptsitz im Sulzer Ortsteil Holzhausen ist Partner des Olympiastützpunkts in Sindelfingen - ein Programm, das Sportlern wie Geßwein zugutekommt. "Das wird hier sehr gut kommuniziert. Das ist wichtig, da der Sport sehr zeitintensiv ist", findet der 26-Jährige lobende Worte. 

Neben der Matte ist Geßwein also ein Tüftler, und auch auf der Matte arbeitet er permanent am perfekten Moment, an der perfekten Übung, auch wenn er sagt: "Die perfekte Übung gibt es nicht. Bei uns geht es eigentlich um Fehlervermeidung." Für Geßwein baut sich ein Wettkampf aus lediglich zehn Sprüngen auf - wenige Minuten, in die er dann alles reinlegt. "Von außen sieht das zwar einfach aus und das ist ja auch die Kunst, aber nach einer Übung bin ich dann erst mal platt", sagt der 26-Jährige.

In luftigen Höhe dreht sich Geßwein um die eigene Achse 

Zu den zehn Sprüngen der Übung kommen dann noch die Vorbereitungssprünge dazu. Also die Phase vor der Übung, wenn es für Geßwein darum geht, die entsprechende Höhe und den perfekten Startsprung für seine Salti und Schrauben zu finden. "Das ist schon wahnsinniger Druck. Deswegen muss man aber auch die nötige Gelassenheit mitbringen." Wenn er aber im wahrsten Sinne des Wortes den Absprung geschafft hat, dreht sich Geßwein in bis zu sieben Metern Höhe in Windeseile um die Längs- und die Querachse. "Diese Höhen sind schon besonders. Es fühlt sich wie fliegen an", sagt der 26-Jährige.

Auf dem Weg nach oben musste der Maschinenbauer dabei auch immer wieder Rückschläge einstecken. So hatte er zwischen 2015 bis 2021 immer knapp den Sprung in den Bundeskader verpasst – eine harte Zeit. Doch schlussendlich hat er sich zurückgekämpft und der Lohn für die harte Arbeit sollte folgen. Bei den Weltmeisterschaften 2022 in Sofia sprang der 26-Jährige im Team zu Bronze – gleichbedeutend mit dem bisher größten Erfolg seiner Karriere. "Das hätte ich niemals gedacht", erklärt Geßwein. Schließlich war es seit 2003 keiner deutschen Mannschaft mehr gelungen, überhaupt das Finale zu erreichen. Grund genug für den gebürtigen Stuttgarter zu sagen: "Wir arbeiten uns langsam wieder vor in der Welt."

Traum von Olympia lebt 

Das nächste große Karriereziel sind nun die Olympischen Spiele 2024 in Paris, auch wenn Geßwein sagt: "Die Qualifikation im Trampolin ist dafür sehr schwer, weil nur 16 Sportler aus der Welt teilnehmen dürfen." Wenn es aber klappen sollte, sei die Freude natürlich riesig, erklärt Geßwein. Und vielleicht bekommt er dann auch einen eigenen Wikipedia-Artikel. Obwohl: Ein Eintrag existiert bereits, jedoch in der spanischen Version. "Davon wusste ich gar nichts. Ich bin natürlich international unterwegs und hab auch in Spanien Bekannte, aber das kann ich mir auch nicht erklären."