Seit 29 Jahren verkaufen Ingrid und Armin Schmieder am Kuchenmarkt Spitzwecken. Foto: Moser

Auch in diesem Jahre fällt der traditionelle Wolfacher Kuchenmarkt, der sich seit 1789 als Jahrmarkt urkundlich nachweisen lässt, der Corona-Pandemie zum Opfer. Seit vielen Jahren gibt es an diesem Tag in Wolfach einen besonderen Brauch.

Seine Bedeutung hat der Markt dadurch erhalten, dass die Hofbediensteten aus dem weiten Umfeld an diesem Tag ihre alte Stelle verlassen und sich für eine neue Stelle verpflichten konnten. Dieses "Verdingung" genannte Rechtsgeschäft fand am Markttag in Wolfach statt. So fanden sich alljährlich am Donnerstag vor dem Thomastag nicht nur die Wolfacher zum Markte ein.

Spitzwecken erstmals 1619 auf Wolfacher Wappenscheibe

Der traditionelle Jahrmarkt erfreut sich auch heute noch unter anderem durch den an diesem Tage in reichlicher Zahl gebackenen Spitzwecken großer Beliebtheit. Dieser ist erstmals 1619 auf einer Wolfacher Wappenscheibe dargestellt. Doch schon im 15. Jahrhundert finden sich in Wolfach erste Hinweise auf weihnachtliches Backwerk, das zur damaligen Zeit noch allgemein mit der Bezeichnung "Kuochen" beschrieben wurde. Daher stammt wohl auch der bis heute prägende Name, obwohl man auf dem Markt keinen Kuchen, wie wir ihn heute kennen, findet.

Bericht von fröhlichem Gesang und Geschäften

In einem Besitzrechtsverzeichnis des Grafen Wolfgang von Fürstenberg aus dem Jahre 1493 über die der Stadt Wolfach zustehenden Steuern und Einnahmen wurde festgelegt, dass ein "fremder lebküchler" von jedem auf einem Markt verkauften Pfund der von ihm gebackenen Lebkuchen eine Abgabe an die Stadt zahlen musste.

Rund 300 Jahre später, 1791, wird dem "Perruquier" Michel Langenstein die Erlaubnis erteilt, Lebkuchen zu backen und diese auf den Jahrmärkten in Wolfach, Hausach und Haslach zu verkaufen.

Kuchenmarkt bringt reges Leben ins Städtle

Metzgermeister August Armbruster berichtet in seiner um 1895 entstandenen "historisch-humoristischen und charakteristischen Beschreibung" der Stadt Wolfach, dass damals der Kuchenmarkt "nur noch ein Schatten gegenüber früheren Zeiten" gewesen sei. Doch bringe er immer noch "reges Leben ins Städtle". Vor allem vom "jungen Bauerngesinde" werde er frequentiert.

Darum ging es am Kuchenmarkttag "auch lustig her, wie sonst nie im Jahr". Aus den Wirtschaften schallte "fröhlicher Gesang und die Wirtsleute selber machten Geschäfte". Auch viele schöne farbenprächtige Trachten aus der Umgebung waren damals hier zu sehen.

Heute vergessene Weihnachtsbacktradition

Eine heutzutage vergessene Wolfacher Weihnachtsbacktradition gab es im 17. Jahrhundert, als auf dem Rathaus in der Stubenwirtschaft an Silvester "altem gebrauch nach ein Obent-Irten", also ein abendliches Trinkgelage, abgehalten wurde.

Dabei waren "Priester, Oberamptleut, Schultheiß, Bürgermeister, Stattschreiber, Schuelmeister und Stadtknecht zu gast geladen und ausgehalten". An fünf Tischen wurde dabei jeweils der "Weynachtkuchen" und ein Ohm Wein, dies entspricht etwa 46 Litern, verehrt.

Der Weihnachtskuchen wurde aus Eiern, Milch, Stärkemehl und Salz gebacken. Dies ist eine Folge der vorweihnachtlichen Fastenzeit, die es damals noch gab, denn neben den Tieren selbst durften in diesen vier Wochen auch keine Tierprodukte verzehrt werden. Da die Hennen aber weiterhin Eier legten, die sich dadurch bis Weihnachten in großen Mengen ansammelten, wurden deshalb daraus Eierkuchen gebacken (siehe Info).

Auch dieses Jahr gibt es Spitzwecken zu kaufen

Seit nun 29 Jahren werden die Wolfacher am Kuchenmarkt von Familie Schmieder mit Spitzwecken versorgt. Traditionell wird das Gebäck an den Liebsten oder die Liebste verschenkt. Hierbei gilt die alte Regel "Je größer die Liebe, desto größer der Spitzwecken".

Bis heute hat sich die Tradition ausgeweitet und das Gebäck wird auch unter Arbeitskollegen, in der Bekanntschaft oder unter Nachbarn gerne verschenkt. Um dem Andrang um die heißen Spitzwecken gerecht zu werden, beginnt Bäckermeister Armin Schmieder mit seinem Team schon ab dem Vorabend des Kuchenmarktes damit, die Spitzwecken zu formen, zu schneiden und zu backen.

So kann Ingrid Schmieder den ganzen Tag lang durchgehend von 5 bis 18 Uhr warme Spitzwecken in Wolfach verkaufen. Durch die aktuell geltenden Corona Maßnahmen findet der Spitzwecken Verkauf wie bereits letztes Jahr im "Haus Armbruster" in der Hauptstraße 29 statt.

Das Rezept für den Wolfacher Weihnachtskuchen

Für den "Wolfacher Weihnachtskuchen" braucht man für zwei Pfannkuchen vier frische Eier, vier Esslöffel Milch, etwas Salz, vier Esslöffel Stärkemehl, 25 Gramm Butter. Man trenne Eigelb und Eiweiß und schlage Letzteres mit einer Gabel zu Eierschnee. Eigelb und Salz werden fünf Minuten tüchtig mit einer Gabel geschlagen, dann gibt man Milch und Stärkemehl zu und mischt den Eierschnee gut darunter. Die beiden Pfannkuchen werden nur auf einer Seite langsam dunkelgelb gebacken bei mittlerer Hitze für etwa 10 Minuten, hälftig zusammengeschlagen und gleich serviert.