Die Häuser der Einrichtung Haus der Volkskunst: das ehemalige Rathaus Dürrwangen (links) und das Jetter-Haus. Foto: Privat

Es ist Gasthaus, Wanderstützpunkt, Museum und Schwäbisches Kulturarchiv. Und es ist ein internationaler Treffpunkt, ein Ort der Völkerverständigung: Das Haus der Volkskunst in Dürrwangen feiert 40-jähriges Bestehen – ohne internationale Gäste und wegen Corona nur online im Livestream.

Balingen-Dürrwangen - Ohne Manfred Stingel, den Leiter der Volkstanzgruppe Frommern, hätte es das Haus der Volkskunst in der jetzigen Form wohl kaum gegeben. Er erinnert sich: Der Albverein Frommern-Dürrwangen war damals auf der Suche nach einem Probelokal für den Nachwuchs, Musik und Tanz – und einen Platz zum Feiern. Dieser fand sich im ehemaligen Farrenstall, den der Verein zunächst für zehn Jahre von der Stadt Balingen anmietete. Die Volkstanzgruppe Frommern hatte nun ein Domizil.

2004 erwarb der Albverein das benachbarte Jetter-Haus, 2010 das Rathaus – letzteres zum symbolischen Preis von einem Euro. Umbau und Sanierung der beiden Häuser im Ortskern von Dürrwangen wurden teuer, es mussten Spenden gesammelt und Darlehen aufgenommen werden, ganz abgesehen von rund 20 000 Stunden Eigenleistung durch die Vereinsmitglieder. 28 Zimmer, darin 90 Betten für Übernachtungen, die Gaststätte und die Tanzdiele machten das Volkstanzfestival möglich – und die Stadt Balingen international bekannt. Dass es jährlich 5000 Übernachtungen und rund 2000 Tagesgäste gibt, hängt vielleicht auch mit der guten regionalen Küche zusammen.

Die Erfahrungen und Ereignisse der vergangenen vier Jahrzehnte hat "Hausherr" Manfred Stingel, der auch Kulturratsvorsitzender des Schwäbischen Albvereins ist, in einer Broschüre zusammengefasst. Unter der Rubrik "Das gab’s auch" erzählt er kleine Anekdoten während der Baumaßnahmen, Festivals und internationalen Besuche. Unter anderem erfährt der Leser, wie es zu den schwarzen Brandflecken im Parkett im ersten Stock gekommen ist, wie 200 Hühner dran glauben mussten, die dann tagelang auf Spießchen mit japanischer Soße serviert wurden und bei den Grillhelfern für Bindehautentzündung sorgten, wie die indischen Schattenspieler mit dem Bus von Udo Lindenberg nach Dürrwangen kamen und was es mit der "Stingel-Marke" am Maibaum auf sich hat.

Zum 40-Jährigen gibt es ein gut dreistündiges Programm mit Musik, Tanz und kleinen Filmen. Auch Grüße aus Spanien, Frankreich, Kroatien und Mexiko sind dabei. Und weil das Haus der Volkskunst nach wie vor dringend auf Spenden angewiesen ist, findet für alle, die im vergangenen Jahr oder aktuell mindestens 50 Euro gespendet haben, eine Verlosung statt. Hauptpreis ist eine Reise nach Japan mit der Jugendvolkstanzgruppe und dem Jugendtanzleiterensemble – in den Herbstferien 2021 oder in den Osterferien 2022. Darüber hinaus gibt es ein Festwochenende mit Übernachtung für bis zu 50 Personen und weitere Preise zu gewinnen.

Für das Jubiläumsfest, das am 10. Juli ab 18 Uhr und am 11. Juli ab 15 Uhr digital und im Livestream in der Mediathek von www.schwaben-kultur.de sowie auf der Plattform YouTube "Haus der Volkskunst" übertragen wird, hat Manfred Stingel ein Motto gewählt: "Tradition ist die Weitergabe des Feuers – nicht die Bewahrung der Asche".

Es geht Stingel neben dem Rückblick auch um den Neuaufbau der Volkstanzgruppe nach Corona. Eine große Aufgabe, weiß er. Diese Aufgabe habe ihn aber motiviert, sich noch einmal für den Vorsitz zur Verfügung zu stellen. "Joe Biden hat sich mit 78 zugetraut, Amerika zu regieren. Wenn er das kann, kann ich das mit 76 bei der Volkstanzgruppe auch", so Stingel optimistisch.