Rasenurnengräber auf Albstädter Friedhöfen sind, wie dieses Foto zeigt, mal mit Holzkreuzen und mal mit Grabsteinen versehen, was die Friedhofssatzung nach spätestens zwei Jahren verlangt, „damit das Rasenmähen problemlos möglich ist“, so die Stadt. Foto: Karina Eyrich

Von Totenruhe kann da nicht die Rede sein: Ein Albstädter, der bereits im März 2024 verstorben ist, wurde mit einem Jahr Verspätung beigesetzt. Der einst beauftragte Bestatter sieht die Gründe bei der Stadt und ist fassungslos, die Stadt dementiert.

Wie kompliziert es sein kann, die letzte Ruhe zu finden, zeigt der Fall eines Albstädters, der ein Jahr lang nicht bestattet wurde, weil Bestatter und Stadtverwaltung uneins waren. Worum geht es?

 

Der Vorsorgevertrag: Einen solchen hatte der Mann 2021 mit einem örtlichen Bestatter abgeschlossen: Eine Feuerbestattung wünschte er sich – und die Beisetzung im Rasenurnengrab, in dem seine Mutter liegt. Bezahlt hat er vorab – auf ein Treuhandkonto des Bestatters.

Bestattungstermin wurde per E-Mail abgesagt

Der Todesfall: Anfang 2024 starb er. Seinen Leichnam holte der Bestatter ab, besorgte im Standesamt die Sterbeurkunde, wie er berichtet, brachte ihn ins Krematorium und vereinbarte mit der Stadtverwaltung einen Bestattungstermin. Den aber sagte die Stadt per E-Mail wieder ab. Begründung: Da keine Angehörigen zu finden seien, sei nicht gewährleistet, dass nach Beisetzung der Urne ein Grabstein aufs Rasenurnengrab komme, was laut Friedhofsatzung binnen zwei Jahren Pflicht sei.

Die Grabfrage: Der Bestatter fuhr zum Friedhof und schaute sich die Rasenurnengräber an. „Auf vielen steht – auch weit mehr als zwei Jahre nach der Beisetzung – noch ein Holzkreuz“, erklärt er. Dass dies immer häufiger vorkomme, weil manchen das Geld für einen Grabstein fehle, weiß er aus Erfahrung. Der Stadt ist das bewusst und sie teilt mit, dass sie dabei sei, diese Fälle zu erheben und die Hinterbliebenen anzuschreiben. Bisher habe sie davon abgesehen, die Angehörigen zum Errichten eines Grabmals zu zwingen.

Aussage steht gegen Aussage

Die Verfügungsberechtigung: Der Nachlassverwalter sollte die Sache klären, hatte der Bestatter bei der Stadt angeregt – und erhielt eine E-Mail zurück mit dem Hinweis, der Verstorbene könne nur beigesetzt werden, wenn eine verfügungsberechtigte Person für die Grabstelle eingetragen sei – er selbst könne das aber nicht sein. Die Stadt teilt hingegen mit, dass sie dem Bestatter erklärt habe, dass sie ihn bis zur Klärung des Verfügungsrechts als Verfügungsberechtigten eintragen werde. Dass der Vorsorgevertrag keine Regelung zum Verfügungsrecht an der Grabstätte enthalte, wirft sie dem Bestatter vor: Er hätte den Mann darauf hinweisen müssen, dies zu regeln.

Die Urne: Eingeäschert wurde der Mann in einem auswärtigen Krematorium. Für die Überführung der Urne nach Albstadt hätte die Stadt eine Urnenanforderung ans Krematorium senden müssen, hat es aber „aufgrund der oben genannten Unklarheiten“ bewusst nicht getan, wie sie erklärt, „da mit der Urnenanforderung bestätigt wird, dass die Beisetzung in der beantragten Form möglich ist“. Das Krematorium habe dem Bestatter die Urne geliefert, der sie bei der Friedhofsverwaltung in Ebingen abgegeben habe, „obwohl die Annahme verweigert worden ist“: Die Urne sei „einfach abgestellt“ worden.

Hätte die Stadt nicht nachhaken können?

Die fragliche E-Mail: Die Stadt betont, sie habe sich per E-Mail vom 19. April „ausnahmsweise bereiterklärt, die Besetzung der Urne im gewünschten Rasenreihengrab vorzunehmen – im Bewusstsein, dass bei der Grabstätte wohl nie ein Grabmal errichtet wird.“ Gleichzeitig habe sie den Bestatter „gebeten, einen entsprechenden Beisetzungstermin zu vereinbaren, was er nie getan hat, so dass die Friedhofsverwaltung letztlich selbst einen Termin festgelegt“ und dem Bestatter „mitgeteilt hat“: Es war ein Termin im Februar 2025.

Der Bestatter hingegen teilt mit, er habe die letzte E-Mail des Jahres 2024 von der Stadt in dieser Sache am 26. März erhalten. Die Stadt hatte nicht nachgefragt, als sie auf ihr Schreiben keine Antwort erhielt, erklärt sie. Eine automatische Meldung über einen Versandfehler habe sie nicht erhalten. Der Bestatter macht deutlich: „Wenn mich die E-Mail vom 19. April erreicht hätte, hätten wir ja einen Beisetzungstermin festgesetzt.“ Mit der Friedhofsverwaltung telefoniere er „jeden zweiten Tag“ – und versteht deshalb nicht, warum die Verwaltung in keinem dieser Gespräche nachgehakt habe, wann er denn nun die Urne beisetzen könne.

„Von Totenruhe keine Rede“

Die Bestattung: Vor kurzem erreichte den Bestatter eine E-Mail mit dem Hinweis, dass die Urne nun beigesetzt werde. Geld für den Kauf eines Grabsteines sei nicht aufgetaucht, berichtet der Bestatter.

Wo die Urne mit der Asche des Verstorbenen ein Jahr lang seit dessen Tod und Verbrennung verwahrt worden war, kann der Bestatter nur vermuten: „Wahrscheinlich auf dem Friedhof Markenhalde in Tailfingen, dort gibt es eine Kammer dafür“, berichtet er und fügt hinzu: „Von Totenruhe kann da ja nicht die Rede sein.“ Die Stadt reklamiert, die Urne sei „selbstverständlich in würdiger Form aufbewahrt“ worden. Eine Frist für die Beisetzung einer Urne bestehe in Baden-Württemberg nicht.