Eine von 13 vollautomatischen Toilettensäulen in der City Foto: dpa

Im Hauptbahnhof gibt es jetzt ein Premium-WC. Doch das hat seinen Preis. Einen Euro.

Stuttgart - Manchmal wünscht man sich ein stilles Örtchen. In der Stuttgarter Innenstadt oft besonders dringend, denn es fehlt an Toiletten. Dafür gibt es im Hauptbahnhof jetzt ein Premium-WC. Fürs schnelle Geschäft verlangt der Betreiber allerdings einen Euro - und auch die Stadt hat die Gebühren erhöht.

Die schottischen Fußballfans von Celtic Glasgow haben sich Anfang 2003 des Toilettenproblems in der Stadt ganz pragmatisch angenommen. Sie pinkelten einfach an den Königsbau, wo sie sich vor dem Spiel ihrer Mannschaft beim VfB Stuttgart versammelt hatten. Das stank nicht nur den Geschäftsleuten dort gewaltig. Zwar wäre die nächste öffentliche Toilettenanlage nicht weit entfernt gewesen, doch den Weg dahin fanden die Gäste nicht.

13 vollautomatische Toiletten in der City

Dieses Problem haben sie bis heute mit so manchem Besucher gemein. Wenn etwa die bunten Buden des Weihnachtsmarkts scharenweise Gäste locken, hat so mancher seine liebe Not mit dem dringenden Geschäft. Die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart stellt deshalb inzwischen einen Container beim Karlsplatz auf, doch auch der reicht nicht aus. Einheimische dagegen haben oft ihren persönlichen Geheimtipp. Entlang der Königstraße lässt sich nämlich durchaus die ein oder andere kostenlose Toilette finden - wenn man sich auskennt.

Alle anderen müssen darauf vertrauen, auf öffentliche Anlagen zu stoßen. 64 betreibt die Stadt selbst, davon allerdings nur den kleineren Teil in der City. 13 vollautomatische Toilettensäulen gibt es dort, zudem vier konventionelle Anlagen. Wer sich dort erleichtert, muss seit kurzem tiefer in die Tasche greifen. Die Gebühren für die automatischen Toiletten sind von 30 auf 50 Cent erhöht worden.

Die Suche erleichtert das aber nicht. Im vergangenen Dezember hat die Stadt deshalb angekündigt, die Beschilderung verbessern zu wollen. So sollte 2010 beispielsweise an jeder WC-Anlage ein Hinweisschild auf die nächste Möglichkeit zur Erledigung dringender Bedürfnisse angebracht werden. Beim städtischen Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart heißt es, das Projekt sei derzeit in Umsetzung.

Der schottische Weg ist keine Lösung

Zu den städtischen Toiletten gesellen sich einige von anderen Betreibern. Am Mittelabgang des Hauptbahnhofs ist am Montag die große WC-Anlage nach umfassender Sanierung wieder in Betrieb genommen worden. Die Firma Hering Bau, ein Spezialist in Sachen Toilettenbau, hat die 126 Quadratmeter große Anlage für 440.000 Euro umgebaut und betreibt sie jetzt selbst. Sie ist erst die zweite bundesweit, die nach dem neuen Konzept "Rail & fresh" gestaltet worden ist. Die erste ist Anfang Juli in München in Betrieb gegangen.

Das Konzept soll das schlechte Image der Bahnhofstoiletten vergessen machen. Auch in Stuttgart hatte es zuvor zahlreiche Beschwerden über den Zustand der Anlage gegeben. Bahn und Betreiber versprechen ein "Premium-WC". "Wir wollen Maßstäbe setzen in Sachen Komfort", sagt Hering-Geschäftsführer Georg Huckestein. Die umgebaute Anlage erstrahlt in Gelb und Weiß, ist hell und freundlich. Das Konzept ist auf ökologische Aspekte und Hygiene ausgerichtet, es gibt ein großzügiges Behinderten-WC, eine Glassperre am Eingang, die man auch mit Gepäck problemlos passieren kann, je eine Dusche für Damen und Herren sowie einen Defibrillator. Rund um die Uhr ist Personal anwesend.

Der schottische Weg ist keine Lösung

Das Premium-Geschäft hat allerdings seinen Preis. Einen Euro kostet der Gang, das ist doppelt so viel wie vor dem Umbau. 50 Cent davon lassen sich als Wertbon bei verschiedenen Imbissen im Hauptbahnhof oder beim nächsten Toilettengang einlösen. In München habe man damit gute Erfahrungen gemacht, sagt Huckestein. Broschüren am Toiletteneingang erklären das System und verzeichnen die Partner. Am Anfang soll auch das Personal verstärkt aufklären.

Wer's gern besonders schick hat beim Toilettengang, kann also künftig den Hauptbahnhof ansteuern. Alle anderen müssen sich weiter darauf verlassen, schon irgendwo eine Toilette zu finden - der schottische Weg ist schließlich keine Lösung.