Ein Psychiatrie-Patient bricht aus dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch aus und ersticht eine 30-Jährige mit einem Messer. Das soll er zuvor gestohlen haben. Nun soll der 33-Jährige in die Psychiatrie nach Weinsberg verlegt werden.
Die 30-jährige Frau, die ein psychisch kranker Mann in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) getötet haben soll, ist mit einem kurz zuvor vom Verdächtigen gestohlenen Küchenmesser erstochen worden. Der Mann habe das Messer nach seiner Flucht aus dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch aus der Auslage eines Kaufhauses genommen.
Dort geschah wenig später die Tat, wie die Staatsanwaltschaft Heidelberg am Montag weiter mitteilte. Die Frau war wohl ein Zufallsopfer – den Ermittlungen zufolge kannten sich der mutmaßliche Täter und das Opfer nicht.
Verdächtiger sitzt im PZN Wiesloch
Der aus Somalia stammende 33 Jahre alte Verdächtige lebe seit 2014 in Deutschland. Gegen ihn war nach der Tat ein Unterbringungsbefehl erlassen worden. Nach der Tat war der Mann zunächst zurück in die Wieslocher Psychiatrie gekommen. Christian Oberbauer, Medizindirektor des Maßregelvollzugs am PZN, hatte schon am Wochenende angekündigt, dass der Mann möglichst bald verlegt werden sollte. Die Mitarbeitenden vor Ort seien zu betroffen von dem Geschehen.
Jetzt soll der 33-Jährige in die Psychiatrie nach Weinsberg verlegt werden. Das sagte eine Sprecherin des PZN in Wiesloch. Wann genau der Verdächtige dorthin komme, sei noch unklar. Die Einrichtung in Weinsberg gehört ebenso wie das PZN in Wiesloch zu den sieben Zentren für Psychiatrie in Baden-Württemberg.
Zu dem Motiv des 33-Jährigen gibt es keine Erkenntnisse. „Wir vermuten, dass wir das auch nicht herausfinden werden“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Heidelberg. „Der Mann ist psychisch krank.“ Laut Mitteilung der Anklagebehörde ist er dringend verdächtig, „aufgrund einer wahnhaften Störung im Zustand der Schuldunfähigkeit heimtückisch einen Menschen getötet zu haben. Zur Tat geäußert habe er sich bisher nicht.
Der Beschuldigte war am Freitag aus dem PZN geflohen und hatte die Frau den Erkenntnissen zufolge in dem Geschäft in der Innenstadt attackiert. Sie starb wenig später im Krankenhaus.
Keine sogenannte Entweichung aus Sicherheitsbereich des PZN
Wie es aus dem Sozialministerium hieß, hatte es in den zurückliegenden Jahren keine sogenannte Entweichung aus dem Sicherheitsbereich des PZN in Wiesloch gegeben. Im Vorjahr seien es in allen sieben Zentren für Psychiatrie insgesamt 56 Entweichungen gewesen. In den sechs Jahren davor kam es den Angaben zufolge zu durchschnittlich 52 solcher Vorkommnisse pro Jahr.
Es habe aber in den letzten 20 Jahren keinen einzigen Fall gegeben, bei dem es im Zusammenhang mit einer Flucht aus dem Maßregelvollzug zu einem Tötungsdelikt gekommen sei. „Dies ist ein extremer und sehr tragischer Vorfall, bei dem die weiteren Ermittlungen zeigen werden, wo noch Ansatzpunkte zur Vermeidung einer solchen Tat liegen könnten.“ Maßregelvollzug ist für Straftäter gedacht, die psychisch krank oder süchtig sind.
Wahl spricht von massivem Personal- und Platzmangel
SPD-Gesundheitsexperte Wahl hatte am Sonntag von einer fatalen baulichen Situation und einem massiven Personal- und Platzmangel im PZN gesprochen. Eine Sprecherin der Einrichtung berichtete zwar von einem Anstieg der Belegung um 20 Prozent seit dem Jahr 2018. Die personelle Ausstattung sei aber entsprechend angepasst worden.
Erst im Juni habe es einen Ortstermin für eine sicherungstechnische Beratung durch einen Sachverständigen des Landeskriminalamtes gegeben. Dabei seien die vorhandenen Sicherheitsstandards als insgesamt gut bewertet worden. Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Sicherheit seien zu Teil schon umgesetzt.
Sondersitzung anberaumt
Nach diesem tödlichen Messerangriff soll nun der Sozialausschuss am Freitag zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Das teilte der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion am Montag mit. Man habe den Antrag gemeinsam mit der FDP gestellt, sagte er.
Sozialminister Manne Lucha (Grüne) erklärte nach Worten einer Sprecherin vom Montag, dem Ausschuss selbstverständlich „Rede und Antwort zu stehen und umfänglich über den Fall und das, was bis dahin bekannt ist, zu berichten“. Schon am Wochenende hatte die Opposition eine parlamentarische Aufarbeitung des Falles gefordert.