Weil sie ihre Töchter im November 2014 erstochen hatte, ist eine 41-Jährige zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Foto: dpa

Eine 41-Jährige hatte im November 2014 ihre beiden Töchter in Köngen im Kreis Esslingen erstochen, nun ist sie zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Stuttgart - „Sie wollte ihn bestrafen, ihm die Kinder nehmen.“ Für den Vorsitzenden Richter Wolfgang Hahn liegt das Motiv für den doppelten Kindsmord von Köngen am Ende des Prozesses klar auf dem Tisch: „Die Tat war eine Anklage gegen den Ehemann.“ Mit dem Vater der beiden toten Mädchen habe die 41-Jährige im vergangenen abrechnen wollen, weil er sich von ihr trennen wollte. Er habe Schuld an ihrer Lage - das habe der Doppelmord aller Welt zeigen sollen. Die angeklagte Mutter verurteilte das Landgericht Stuttgart wegen zwei Morden zu lebenslanger Haft.

Die 41-Jährige mit den langen schwarzen, leicht grauen Haaren nahm das Urteil am Montag im großen Saal 1 des Landgerichts ohne erkennbare Regungen zur Kenntnis. In ihrem Letzten Wort vor Verkündung des Urteils hatte sie den Vater der Kinder in der vergangenen Woche unter Tränen um Vergebung gebeten. Die Kinder seien ihr „Ein und Alles“ gewesen, sagte sie. Ohne die Mädchen habe sie nicht mehr leben wollen. Nach der Tat hatte die Frau versucht, sich das Leben zu nehmen. Ihre Verletzungen seien aber zu keinem Zeitpunkt lebensbedrohlich gewesen, sagte Hahn.

Tiefer Hass auf den Ehemann

Auslöser der Bluttat sei ihre Trennungsangst gewesen. Der Wunsch ihres Mannes nach Veränderung habe sie schlicht überfordert, so Hahn. Verschiedene Aussagen und Handlungen ihres Mannes habe ihre Angst wachsen lassen. „Und die Wut auf ihren Ehemann“, wie Hahn ausführte. Irgendwann im Herbst 2014 sei sie sich sicher gewesen, dass die Trennung unmittelbar bevorsteht. Das habe sie in „tiefe Verzweiflung“ gestürzt. Da sie auch sicher gewesen sei, dass die Kinder mit dem Mann gehen würden, drohte ihr gesamter Lebensinhalt mit einem Schlag verloren zu gehen. Die Frau lebte zurückgezogen und nur auf die Kernfamilie konzentriert.

1. November 2014: Die 41-Jährige ist mit ihren Kindern allein, der Ehemann mehrere Tage verreist. Die Frau gibt ihren beiden Töchtern ein Schlafmittel, dass sie sich wenige Tage zuvor beim Arzt verschreiben ließ, schilderte Hahn. In der Nacht geht sie zunächst ans Bett der zehnjährigen Tochter und versucht, ihr mit einem Messer die Pulsadern aufzuschneiden. Doch die Schülerin wacht auf, wehrt sich heftig. 40 Mal sticht die Mutter zu. Danach geht sie ins Zimmer ihrer anderen Tochter. Im Schlaf sticht sie der Siebenjährigen elf Mal in den Rücken. Die Mutter kleidet die toten Mädchen an, legt sich mit ihnen auf eine Schlafcouch und schlitzt sich Adern auf. Der Suizid misslingt. Als ihr Mann am nächsten Mittag seine baldige Rückkehr auf Anrufbeantworter ankündigt, ruft sie schließlich selbst den Notarzt.

Blutverschmiert auf die Straße gelaufen

Der laut Hahn „klar und vehement“ vorgetragene Notruf sei auch ein Indiz dafür, dass die Angeklagte voll zurechnungsfähig und nicht vermindert schuldfähig war. Der Vorsitzende Richter sprach von einer „egoistischen Tat“. Hinter allem habe eine „Wut auf den Ehemann“ gestanden. Geplant und heimtückisch habe sie die arg- und wehrlosen Kinder im Schlaf ermordet. Die Angeklagte hatte die Tötung ihrer Kinder direkt nach der Tat zugegeben. Blutverschmiert war sie auf die Straße gelaufen und hatte Nachbarn gesagt, dass es ihr leidtue, aber dass sie ohne ihre Kinder nicht leben könne.

Ihr Anwalt Markus Bessler sagte in einer ersten Reaktion, er habe gehofft, dass das Gericht die tiefe Verzweiflung seiner Mandantin stärker berücksichtigt. Er wolle sich das Urteil mit seiner Mandantin genau ansehen und den Weg in eine Revision prüfen.