Alt heißt nicht unbedingt allein und nicht beige-grau: Jeder Zweite wünschte sich in einer ­Umfrage, im Alter mit anderen zusammenzuwohnen. Foto: AdobeStock//Jacob Lund

Ob Senioren-WG, Mehrgenerationen-Haus oder Senioren-Dorf: Die Möglichkeiten altersgerechten Wohnens sind heutzutage sehr vielfältig. Auch die eigenen vier Wände können geeignet sein. Worauf man achten sollte.

Henning Scherf, Bremens früherer langjähriger Oberbürgermeister, ist mit seinen 86 Jahren ein Vorreiter: Er lebt nämlich schon seit vielen Jahren weder in einem schmucken Eigenheim, noch in einer Wohnung, auch nicht in einer Seniorenresidenz – sondern in einer Senioren-WG: „Meine Frau und ich haben uns mit zehn Freunden zusammengetan und ein schönes Stadthaus gekauft. Wir haben es gemeinsam renoviert, umgebaut und sind eingezogen. Hier leben wir bis heute und erleben die Vorzüge des gemeinsamen Altwerdens“, erklärt er. Das schließe auch die Sterbebegleitung mit ein: Vier der ursprünglichen WG-Bewohner seien mittlerweile verstorben, dafür seien einige neue dazugekommen.

 

Früher an später denken – wie will ich im Alter wohnen?

Wie will ich eigentlich leben, wenn ich mal alt bin? Diese Frage sollte man sich rechtzeitig stellen – zu einer Zeit, wo Fitness, Gesundheit und Energie noch ausreichen, um etwa das alte, nach dem Auszug der Kinder weitgehend verwaiste Familienhaus zu räumen und noch mal etwas ganz Neues zu wagen. Oder es so umzubauen, dass es auch dann noch nutzbar ist, wenn man nicht mehr so gut zu Fuß ist und auf barrierefreie Zugänge und ein altersgerecht ausgestattetes Bad angewiesen ist.

Zwar wünscht sich die große Mehrheit der Menschen hierzulande immer noch, in den eigenen vier Wänden alt zu werden – laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) sind es 81 Prozent. Doch immer wichtiger wird zugleich der Wunsch, im Alter mit anderen zusammenzuwohnen – das ist der Studie zufolge mittlerweile für 50 Prozent der Menschen ein wichtiger Faktor.

Kinder, die helfen könnten, sind oft nicht da

Ein Hauptgrund dafür dürfte der gesellschaftliche Wandel sein, einhergehend mit veränderten Lebenssituationen: Die Kinder wohnen heute mitunter weit weg vom Elternhaus und sind mit Beruf und Familie ausgelastet. Und man will ihnen auch nicht zur Last fallen: Laut einer YouGov-Umfrage möchten daher nur 22 Prozent der über 65-Jährigen später gerne von Angehörigen gepflegt werden.

Dazu kommt: Rund ein Fünftel der heute 50-Jährigen hat überhaupt keine Kinder – ein familiäres Netzwerk, das in früheren Generationen eine Selbstverständlichkeit war, fällt dadurch immer häufiger weg. Doch es gibt Möglichkeiten, trotz dieser Unwägbarkeiten bis ins hohe Alter selbstbestimmt zu leben – zumindest, wenn man sich frühzeitig darum kümmert.

Vor dem Ruhestand prüfen, was umgebaut werden muss

Da wäre zunächst die Grundsatzentscheidung zu treffen, ob man sein altes Zuhause weiterhin bewohnen möchte oder nicht. Wenn ja, sollte es rechtzeitig altersgerecht umgebaut werden. Der Verband privater Bauherren (VPB) rät Hausbesitzern dazu, rechtzeitig vor Eintritt in den Ruhestand zu prüfen, was saniert oder umgebaut werden sollte. Größere Investitionen könnten dann nämlich noch einfacher aus dem laufenden Einkommen bezahlt werden statt später aus der schmaleren Rente.

Zu den Umbaumaßnahmen, die man in Angriff nehmen sollte, gehört vor allem das Bad: Eine ebenerdige Dusche anstelle der Badewanne ist meist eine sinnvolle Investition. Ebenso sollten Unebenheiten im Fußboden, Höhenunterschiede zwischen verschiedenen Bodenbelägen und hochstehende Türschwellen so weit wie möglich ausgeglichen werden, zum Beispiel durch Leisten.

Rampe statt Treppe

Auf Treppenstufen können Antirutsch-Streifen sinnvoll sein. Und Strom-, Telefon- und Fernsehkabel sollte man am besten direkt an der Wand oder über dem Türrahmen entlang legen, um Stolperfallen zu vermeiden. Auch den Außenbereich sollte man in den Blick nehmen: eine Rampe neben der Außentreppe bauen zu lassen, sodass das Haus im Fall der Fälle auch mit einem Rollstuhl erreichbar ist, ist ebenfalls eine sinnvolle Maßnahme.

Auch Smart-Home-Technik kann einem das Leben in den eigenen vier Wänden erleichtern: „Um Stürze zu vermeiden, sind beispielsweise Bewegungsmelder für Lampen oder intelligente Türöffnungssysteme sinnvoll“, informiert Birger Mählmann, Pflegeexperte der Ideal-Versicherung. Auch die Haustür lässt sich mit smarter Technik nachrüsten: Ein Haustürschloss mit Fingerabdruckscanner erleichtert bei zittrigen Händen, einem Rollator, Gicht oder Arthritis das mühsame Suchen des Schlüssels und das Aufsperren. „Mit einer vernetzen Türklingel können Pflegebedürftige nicht nur sehen, wer vor dem Eingang steht, sondern diese auch bequem per Smartphone oder Tablet öffnen“, so Mählmann.

Senioren-WG: Zusammen kochen, fernsehen, Feste feiern

Aber man kann natürlich auch zu der Entscheidung kommen, dass es sinnvoller ist, noch einmal woanders neu anzufangen – beispielsweise in einer Senioren-WG wie Henning Scherf. Wie bei einer Studenten-WG teilen sich hier mehrere Senioren eine Wohnung oder ein Haus.

In der Regel ist diese Wohnform auf ein hohes Maß an gemeinschaftlicher Alltags- und Freizeitgestaltung ausgelegt: Das reicht vom gemeinsamen Kochen bis zum abendlichen Fernsehen, auch auf Ausflügen und Festen verbringt man viel Zeit miteinander. Voraussetzung ist natürlich, dass die Chemie zwischen den Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern stimmt. Ein großer Vorteil dieser Wohnform sind die geringen Mietkosten für den Einzelnen.

Mehr Freiheit im Seniorenhaus

Mehr individuellen Freiraum haben Senioren bei Mehrgenerationen-Projekten und in Seniorenhäusern. Hier leben die einzelnen Parteien – in Mehrgenerationenhäusern Familien, Paare oder Singles verschiedener Generationen, in Seniorenhäusern ausschließlich ältere Menschen – zwar unter einem Dach zusammen, aber in separaten Wohnungen. Der Vorteil ist, dass man sich gegenseitig unterstützen kann und von der Gemeinschaft profitiert, ohne seine komplette Privatsphäre aufgeben zu müssen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Senioren-Dörfer, wo die einzelnen Parteien in benachbarten Bungalows leben.

Im betreuten Wohnen können auch Leistungen dazu gebucht werden, zum Beispiel Pflegeleistungen nach einem Klinikaufenthalt. Foto: dpa/Uli Deck

Für Menschen, die im Alltag Unterstützung benötigen, kann auch das betreute Wohnen eine Möglichkeit sein: Hier wohnt man zwar auch weitgehend selbstständig, kann aber bestimmte Leistungen wie Essen auf Rädern, einen Einkaufsservice oder Unterstützung bei der persönlichen Hygiene beim jeweiligen Anbieter dazu buchen.

Wenn etwa nach einem Krankenhausaufenthalt intensivere Pflegeleistungen nötig sind, können die Bewohner auch diesen Extra-Service anfordern. Zudem verfügen die Wohnungen über Notrufknöpfe, sodass etwa bei einem Sturz im Bad schnell Hilfe zur Stelle ist.

Hausnotruf schafft Sicherheit

Hausnotrufsysteme sind grundsätzlich wichtige Helfer für Senioren – nicht nur im betreuten Wohnen, sondern vor allem, wenn man allein zu Hause ist. Dabei ist man heutzutage längst nicht mehr auf ein klobiges, um den Hals hängendes Gerät angewiesen – es gibt mittlerweile auch Smartwatches, die mit einer Sim-Karte ausgestattet sind und mit den Hausnotrufzentralen etwa des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gekoppelt sind.

Drückt man den Alarmknopf, stellt die Uhr automatisch die Verbindung her, ermöglicht das Telefonieren via Freisprecheinrichtung und übermittelt auch automatisch die jeweiligen GPS-Standortdaten an die Notrufzentrale. „Der Rettungsdienst ist dann jederzeit in der Lage, auf die Schlüssel der Teilnehmenden zuzugreifen, um bei einem medizinischen Notfall schnell helfen zu können“, sagt Marion Simonis, Leiterin des DRK- Hausnotrufs.

Derartige Smartwatches gibt es auch in abgespeckter Variante ohne gekoppelten Hausnotruf – in der zugehörigen App sind dann die Telefonnummern von Angehörigen als Notfallkontakte hinterlegt und werden im Fall der Fälle automatisch alarmiert. Das vermittelt den Senioren ein Stück Sicherheit – und auch den Angehörigen das gute Gefühl, dass für den Notfall vorgesorgt ist.