Ab welcher Menge schadet Alkohol? Was kann ich gegen das dringende Verlangen tun? Wie schaffe ich es, weniger zu trinken? Das waren einige der Fragen, die die Leser bei unserer Telefonaktion stellten.
Oberndorf - Die Telefone bei unserer Telefonaktion zum Thema Alkoholkonsum klingelten pausenlos. Hier eine Auswahl der Fragen und der Antworten des Expertenteams der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Bei uns hat es sich eingebürgert, dass wir uns abends ein, zwei Cocktails mixen, meistens mit Gin. Ist das noch in Ordnung?
Es ist gut, ab und zu die eigenen Trinkgewohnheiten zu hinterfragen: Trinke ich zu viel? Trinke ich nur aus Gewohnheit? Vielleicht muss im Feierabend-Cocktail nicht immer Alkohol enthalten sein? Probieren Sie doch einmal Mixgetränke mit null Promille.
So ganz auf Alkohol zu verzichten kann ich mir nicht vorstellen. Ab welcher Menge wird es kritisch?
Alkohol ist eine psychoaktive Substanz und ein Zellgift. Daher ist der Konsum immer mit Risiken verbunden. Wollen Sie nicht ganz auf Alkohol verzichten, können Sie auf einen risikoarmen Konsum achten. Das Limit liegt für Frauen bei einem Standardglas pro Tag, für Männer bei zwei Standardgläsern. In die Standardgläser passt nicht viel hinein: ins Bierglas ein Viertelliter, ins Weinglas ein Achtelliter, ins Schnapsglas 40 Milliliter. Außerdem: Mindestens zwei Tage pro Woche sollte die Flasche im Schrank bleiben, um eine Gewöhnung an den Alkohol zu vermeiden.
Eigentlich wollte ich das Alkoholfasten durchziehen. Aber wenn ich von der Arbeit komme, brauche ich einfach ein Bier...
Ja, der Wunsch nach einem alkoholischen Getränk ist manchmal regelrecht übermächtig. Doch kommt unerwartet etwas dazwischen, stellt man einige Zeit später oft überrascht fest, dass das Verlangen vorüber ist. Darin liegt eine Chance: Wenn Sie beim nächsten Mal etwas finden, das Sie in diesem Moment tun können, kommen Sie vielleicht über den kritischen Moment hinweg. Das kann etwas sein, das Ihnen Freude macht oder etwas, das Sie schon längst einmal erledigen wollten. Schreiben Sie am besten ein paar Varianten auf. Dann sind sie zur Hand, wenn es kritisch wird.
Kann sich die Leber überhaupt in den sechs Wochen Fastenzeit erholen? Ist das nicht viel zu kurz?
Die Leber trägt die Hauptlast beim Abbau von Alkohol im Körper. Wenn sie sechs Wochen lang nicht damit beschäftigt ist, kann sie sich gut regenerieren. Man kann diesen Prozess unterstützen, indem man "leberfreundlich" isst, zum Beispiel viel Gemüse, zuckerarme Obstsorten, viele eiweißhaltige Nahrungsmittel wie Nüsse, Geflügel und Fisch und wenig kohlehydratreiche Nahrung wie Brot, Gebäck oder Nudeln.
Ich hatte mir schon oft vorgenommen, abends keinen Alkohol mehr zu trinken. Aber der Appetit war oft größer. Wie trickst man den aus?
Lenken Sie sich ab! Sie können sich jetzt schon überlegen, wie Sie das am besten bewerkstelligen: Steht noch etwas auf der To-Do-Liste? Haben Sie Lust auf einen Schwatz mit Freunden oder auf Ihren Lieblingssong, zu dem Sie durchs Zimmer tanzen? Vielleicht wollen Sie eine Runde an die frische Luft? Oder haben Sie Hunger oder Durst – dann gönnen Sie sich Snacks und alkoholfreie Getränke, die Ihnen richtig gut schmecken.
Abends trinke ich gern Wein, um den Stress des Tages zu vergessen. Ist dagegen etwas zu sagen?
Die psychoaktive Wirkung von Alkohol ist zwar zunächst oft mit Entspannung verbunden, letztlich können sich durch dauerhaften Alkoholkonsum aber die Symptome von Depressionen und anderen psychischen Störungen verstärken. Gefährlich ist außerdem die Verknüpfung von Stressabbau und Alkohol. Der Körper lernt schnell, dass er sich nur entspannen kann, wenn er Wein bekommt. Das Problem ist, dass man mit der Zeit die Dosis erhöhen muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
Ich trinke seit Beginn der Corona-Pandemie immer mehr und wollte damit aufhören. Es hat aber nicht funktioniert. In eine Suchtberatungsstelle möchte ich nicht, ich schäme mich...
Das müssen Sie nicht. Sie haben Ihr Problem ja schon erkannt und wollen etwas dagegen tun. Über die Gespräche in der Beratungsstelle wird nichts nach außen dringen. Die Experten dort unterliegen einer Schweigepflicht. Sie beraten nicht nur abhängige Menschen, sondern auch jene, die ihren Alkoholkonsum reduzieren möchten. Vereinbaren Sie möglichst schnell einen Termin. Unter www.kenn-dein-limit.de finden Sie Beratungsstellen in Ihrer Nähe.
Zurzeit habe ich viele Sorgen, sowohl privat als auch beruflich. Ein, zwei Gläser Rotwein am Abend helfen mir abzuschalten. Kann ich erst einmal dabei bleiben, ohne dass es schadet?
Ihr Wunsch nach Entspannung und Wohlbefinden ist berechtigt. Und es ist nachvollziehbar, dass Sie einen schnellen Weg suchen, um diesen Zustand zu erreichen. Häufig sind aber die Probleme, die man mit Alkohol verdrängen möchte, hartnäckig. Fakt ist, dass Alkohol die Energie raubt, die man eigentlich gut gebrauchen könnte, um die Probleme grundlegend anzugehen. Gehen Sie einen Schritt weiter und versuchen Sie, das Übel an der Wurzel zu packen. Zögern Sie nicht, sich professionelle Unterstützung zu holen.
Meine Freundin will eine Alkoholpause, aber mir graut es davor. Das wird doch alles andere als lustig. Was soll ich tun?
Warum sollte es nicht lustig werden? Sie haben ja freie Hand, was Sie in dieser Zeit unternehmen. Probieren Sie Neues aus. Testen Sie alkoholfreie Getränke, mixen Sie selbst welche, bewegen Sie sich viel im Freien, suchen Sie sich einen Lieblingssport oder ein neues Hobby oder gehen Sie mal wieder ins Kino, ins Theater, in eine Ausstellung. Lassen Sie einfach frischen Wind in Ihr Leben.
Seit Jahren trinkt mein Mann, kümmert sich kaum noch um die Familie und weigert sich, eine Therapie zu machen. Jetzt habe ich ihn rausgeworfen. Er sagt, ich könne ihn doch nicht hängen lassen. Was soll ich tun?
Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung. Wenn er nicht bereit ist, sein Verhalten zu ändern, muss er die Konsequenzen tragen. Es ist ja nicht so, dass Sie ihn hängen lassen – er lässt Sie hängen, indem er trinkt und sich um nichts anderes kümmert. Sicher, es ist keine leichte Entscheidung, sich von einem langjährigen Partner zu trennen. Aber wenn Sie alles so weiter laufen lassen wie bisher, hat ihr Mann wenig Anlass, sich zu ändern. Vielleicht bringt aber Ihr konsequenter Schritt etwas.
Bis vor Kurzem war mein Vater trockener Alkoholiker. Jetzt trinkt er wieder. Mich zermürbt das. Was kann ich tun?
Schildern Sie Ihrem Vater in einer ruhigen Stunde – und wenn er nüchtern ist – so konkret wie möglich, warum Sie sich Sorgen machen. Bleiben Sie dabei möglichst in der Ich-Form und vermeiden Sie Vorwürfe. Bitten Sie ihn, sich professionelle Hilfe zu holen. Wenn er aber weiter trinken will, haben Sie leider keinerlei Möglichkeit, es zu ändern. Sie können sich aber schützen, indem Sie den Kontakt zu ihm einschränken oder für eine Zeit ganz aussetzen. Wenn Sie Unterstützung möchten: Beratungsstellen für Angehörige finden Sie zum Beispiel unter www.dajeb.de
Ich bin der Meinung, dass mir ein, zwei Bier am Abend helfen, besser einzuschlafen. Meine Frau sagt dagegen, das Bier stört den Schlaf. Wer hat recht?
Alkohol am Abend führt tatsächlich dazu, dass man schneller einschläft. Denn Alkohol setzt die Hirntätigkeit herab. Die Gedanken kreisen nicht mehr endlos. Die nötige Bettschwere stellt sich ein. Doch der Schlaf wird nicht erholsam. Mit Alkohol im Körper schläft man unruhig, man wacht häufiger auf. Am nächsten Morgen fühlt man sich oft müde und gerädert. Wenn Sie Alkohol regelmäßig als Einschlafhilfe nutzen, riskieren Sie zudem, in eine Abhängigkeit zu geraten.
Ich möchte ein paar Kilo abnehmen und ernähre mich deshalb sehr gesund. Als wir neulich essen waren, sagte meine Schwester, dass ich wegen der Kalorien auch den Aperitif und den Rotwein weglassen sollte. Ist das nicht übertrieben?
Nein, wenn Sie auf Kalorien achten möchten, sollten Sie wissen: Alkoholische Getränke sind Kalorienbomben, die nicht satt machen, dafür oft Heißhungerattacken hervorrufen. Ein Glas Sekt als Aperitif und zwei Gläser Rotwein mit jeweils 200 Millilitern haben zusammen zum Beispiel fast so viele Kalorien wie ein Tiramisu.
Mein Schwangerschaftstest war positiv. Kann ich jetzt nicht einmal mit einem kleinen Glas Sekt anstoßen?
Alkohol kann schon in kleinen Mengen die Entwicklung des Fötus beeinträchtigen. Deshalb verzichten Sie unbedingt darauf – am besten auch während der Stillzeit. Vielleicht fällt Ihnen der Stopp des Alkoholkonsums zu Anfang schwer. Zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen. Die gibt es zum Beispiel mit dem BZgA-Online-Programm "IRIS" unter www.iris-plattform.de kostenlos, anonym und persönlich von erfahrenen Therapeuten.
Beratungsstellen
Sucht-Beratungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Montag bis Donnerstag von 10 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr unter 0221/89 20 31
Online-Fastenaktion:
www.kenn-dein-limit.de/alkoholverzicht/fastenaktion,www.facebook.com/kenndeinlimiterwachsene,
www.facebook.com/groups/fastenaktion
Twitter: @Alkohol_Limit