Der Anlass ist der Film „Creed 3“, die Folgen sind bizarr: Prügelnde Teenies, die Filmvorstellungen kapern. Was ist da los?
Es gibt viele Gründe, das Kino als bedroht anzusehen. Raschelnde Popcorn-Polyphagen, die Konkurrenz durch Streamingdienste, Zuschauerschwund. Und ganz aktuell: der Zugewinn eines neuen jungen Publikums, auf das man gut und gerne verzichten würde. Aus ganz Deutschland mehren sich gerade Nachrichten entnervter Kinobetreiber, die sich gegen randalierende Jugendliche in ihren Häusern nur noch durch die Verständigung der Polizei zu helfen wissen.
Offensichtlich ist das Phänomen weitgehend auf Vorstellungen des Boxfilms „Creed III“ beschränkt, der einen Teil der minderjährigen Zuschauer dazu animiert, Kampfszenen auf der Leinwand live während der Vorstellung nachzuspielen. In Koblenz, Berlin, Essen, Kassel, Hamburg, Hof – überall der gleiche Krawall: Snack-Kaskaden, fliegende Fäuste, Teenies außer Kontrolle. In Pforzheim sollen neben Softgetränken Schlagringe und eine Waffe sichergestellt worden sein. Schon mehrfach mussten Vorstellungen abgebrochen werden.
Möchtegern-Influencer
Über die Ursachen wird gerätselt. Die Essener Polizei vermutet einen neuen Tiktok-Trend und spricht von „angehenden Social-Media-Stars“ und „Möchtegern-Influencern“. Experten sind skeptisch. Nicht hinter jedem asozialen Ausbruch müssen die dafür zuständigen Netzwerke stecken. Dagegen spreche, dass Videos von den Vorfällen dort überwiegend kritisch kommentiert würden und zumeist von Außenstehenden stammten.
Tatsache ist, dass es sich um ein grenzüberschreitendes Phänomen handelt. Ähnliche Vorkommnisse werden aus Frankreich und Belgien gemeldet. Und sie scheinen aus dem Boxring von „Creed“ auszuwildern. Auch bei dem Horrorfilm „Smile“ kam es schon zu Prügeleien. Ein Mittel, zu dem die Betreiber greifen, ist, die Nachwuchs-Vandalisten über die Anhebung der Altersgrenze auszusperren. Ein anderes, das Security-Personal zu verstärken. Man könnte natürlich, um die jungen Leute zu befrieden, auf die Vorführung entschleunigter Eric-Rohmer-Filme setzen: „Pauline am Strand“ oder „Das grüne Leuchten“ könnten Wunder wirken. Der Kino-Kultur würde es gut tun – man wird ja noch träumen dürfen.