Ein Rehkitz liegt im hohen Gras. Bei der Kreisjägervereinigung Hechingen werden Drohen genutzt, um die jungen Tiere zu entdecken – und zu retten. Foto: NCIS pixabay

Es ist ein Thema, bei dem Landwirte und Jäger Hand in Hand arbeiten können – und das vor allem dem Tierschutz dient: die Rettung von Rehkitzen aus mit hohem Gras bewachsenen Wiesen. Jochen Ströbele von der Kreisjägervereinigung Hechingen stellte sie jetzt in Haigerloch vor.

Haigerloch - Im vergangenen Jahr haben er und ein paar Mitstreiter damit begonnen, mit einer Flugdrohne, die mit einer Wärmebildkamera ausgestattet ist, auf für die Mahd vorgesehen Wiesen nach jungen Rehkitzen zu suchen, die von ihren Müttern dort abgelegt werden. Kein Hobby oder Zeitvertreib, sondern eine wichtige Aufgabe. Im Tierschutzgesetz gibt es nämlich einen wichtigen Grundsatz: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen". Tierschutz umfasst alle Aktivitäten von Menschen, die Tieren ein artgerechtes Leben ohne Leiden, Schmerzen, Schäden und unnötige Beeinträchtigungen ermöglichen.

Jungtiere haben noch keinen Fluchttrieb

Und von Schmerz und Schaden lässt es sich durchaus sprechen, wenn ein neun Meter breites Kreiselmähwerk ein kleines Rehkitz erfasst. Denn frisch geborene Jungtiere haben noch keinen Fluchtrieb. Das heißt, ein Kitz steht erst auf, wenn sich der Mäher direkt vor ihm befindet. Zu spät. "Was wir dann von dem Tier noch auffinden, ist kein schöner Anblick", so Ströbele.

Viele Erfahrungen gesammelt

Das erste Jahr diente dazu Erfahrungen zu sammeln, nicht nur mit der Drohen-Technik, sondern auch mit dem Ablauf einer Kitzrettung oder auch dem bürokratischen Aufwand. Der ist nicht zu unterschätzen. Abstände zu Bundesstraßen oder Bahnlinien sind beim Überfliegen einer Fläche genauso einzuhalten wie zu Hochspannungsleitungen. Normalerweise darf eine Drohne nur mit 100 Meter Abstand an denen vorbeifliegen. Weil das für die Kitzrettung aber wenig praktikabel ist, haben sich die Drohnenflieger mit der Netze BW auf eine fünfjährige Ausnahmegenehmigung verständigt.

Zusammenspiel zwischen Jägeern und Landwirten

Damit das funktioniert, ist ein gutes Zusammenspiel zwischen Jagdpächtern und Landwirten notwendig, wie Jochen Ströbele bei der Versammlung des Hegerings Haigerloch im Trillfinger Schützenhaus betonte.

Und so geht das: Landwirte sollten sich am besten am Tag vor der Mahd mit der Kreisjägervereinigung in Verbindung setzen. Die Anmeldung einer zu mähenden Fläche kann über die Homepage der Vereinigung erfolgen, praktischerweise indem Landwirte für den zu mähenden Schlag ihren eigentlich für die Zuschussstellung gedachten Flächen-Information- und Online-Antrag (FIONA) nutzen. Dieser erhält nämlich geographische Daten, mit denen Ströbele seine Drohne für einen Flächen-Überflug füttern kann.

Für Drohnen-Einsatz ist ein Team notwendig

Abgesehen von Start und Landung, fliegt die Drohne mit diesen Daten eine Wiese völlig automatisiert in einer Höhe von 50 Metern ab und sucht nach Kitzen. Und das auch noch in einer außerordentlichen Geschwindigkeit. "In fünf bis zehn Minuten können wir eine Fläche von zwei bis drei Hektar abfliegen", so Ströbele.

So leicht, wie sich das alles anhört ist die Kitzrettung per Drohne dann aber auch wieder nicht. Pro Einsatz braucht es ein Team von vier Mann. Neben dem Drohnenpiloten jemand, der den Monitor überwacht und dann noch zwei Leute, die bei einem Fund durch das hoch gewachsene Gras gehen und das Kitz aufnehmen. Das sind idealerweise der Landwirt selbst und der Jagdpächter, die bei diesem Termin unbedingt dabei sein sollten.

Am besten frühmorgens

Ideal für einen Einsatz hat sich eine Zeit von 7 bis 7.30 Uhr erwiesen. Da ist es noch frisch und die Körpertemperatur eines Kitzes hebt sich relativ gut von der Umgebungstemperaturen ab, so dass Fehlfunde vermieden werden.

Die einige tausend Euro teuren Drohnen (mittlerweile drei) wurden mit Geld vom Landwirtschaftsministerium und durch 3500 Euro an Spenden finanziert. Mittlerweile haben sich auch drei komplette Teams gebildet. Und weil alle ehrenamtlich im Einsatz sind, freut sich Jochen Ströbele immer wieder, wenn nach einem Einsatz ein Vesper oder ein Kaffee oder, noch besser, eine kleine Spende herausspringt.

Schon 13 Kitze gerettet

Denn dass die Jäger hier eine wichtige Aufgabe in Sachen Natur- und Tierschutz ausüben, steht für Ströbele außer Frage. Inzwischen haben die Kitzretter in 19 Einsatzstunden eine Fläche von 180 Hektar abgeflogen und dabei 13 Kitze vor dem Tod gerettet.

Außerdem, so Ströbele, der selbst Jagdpächter in Bierlingen ist, bringt die Kitzrettung Jäger und Landwirte auch einmal zu einem anderen Anlass zusammen, als wenn es nur um die Regulierung von Wildschäden geht.