Mund auf, Zunge raus - bereit zum Corona-Abstrich! Ja, auch Tiere werden hin und wieder zum Test gebeten. Wenn es sich dabei um ein Raubtier handelt, geht das aber nicht ohne Narkose, wie der Leiter des Stuttgarter Zoos weiß. (Symbolbild) Foto: Suomi/Pixabay

Bei Raubkatzen in Zoos wurde das Coronavirus schon nachgewiesen. Forschungen zufolge sind auch Frettchen besonders anfällig. Und in Hongkong werden gerade tausende Hamster eingeschläfert. Welche Rolle spielen Tiere in der Pandemie? Müssen sich Zoos und Haustierbesitzer Sorgen machen?

Oberndorf - Im Kampf gegen das Virus haben Tiere bisher eine untergeordnete Rolle gespielt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie vor Corona sicher sind. Wie der Homepage des Ministeriums für Ländlichen Raum Baden-Württemberg zu entnehmen ist, soll der Erreger in Einzelfällen von infizierten Menschen auf bestimmte Heimtiere übertragen worden sein. "Aus verschiedenen Ländern wurden positive Katzen, die zum Teil Krankheitssymptome zeigten, gemeldet", erklärt Pressesprecher Jonas Esterl im Namen des Ministeriums auf Anfrage. "Die Katzen hielten sich in Haushalten mit erkrankten Personen auf und wurden wahrscheinlich von diesen Personen angesteckt." Wissenschaftliche Studien hätten außerdem bei Frettchen eine Anfälligkeit für den Erreger entdeckt, so der Sprecher weiter. Die Tiere konnten ihre Artgenossen auch anstecken.

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Frettchen sind in Mitteleuropa zwar nicht die klassischen Haustiere, aber das Landesministerium empfiehlt Katzenhaltern, die das Coronavirus haben, ihren Katzen keinen Freigang zu gewähren, solange sie selbst auch in Quarantäne sind. Die Katzen sollten zudem nicht zusammen mit fremden Katzen, zum Beispiel in einer Katzenpension, untergebracht werden. Falls das Tier eines coronapositiven Menschen Symptome entwickelt, sollte es ebenfalls isoliert gehalten werden, teilt Esterl.

Auf keinen Fall den Selbsttest bei der Katze machen!

"Sollte ein Haustier positiv auf Corona getestet werden, stellt dies keinen Grund dar, das Tier einzuschläfern", so der Sprecher weiter. "Haustiere wie Hunde und Katzen können und sollten im Haushalt verbleiben. Unbedingt beachtet werden sollten jedoch allgemeine Hygieneregeln wie Händewaschen vor und nach Kontakt mit den Tieren sowie die Vermeidung von engem Kontakt zu ihnen." Der Besitzer sollte sich also nicht im Gesicht lecken lassen und das Tier nicht mit ins Bett nehmen. Zu empfehlen sei außerdem, dass der infizierte Besitzer zum Schutz der Tiere einen Mundschutz trägt.

Was aber sollte ein Tierbesitzer tun, wenn er den Verdacht hat, sein Haustier sei an Corona erkrankt? Auch dafür hat Esterl eine Antwort parat: "Eine PCR-Untersuchung ist auch bei Haustieren möglich. Die PCR-Untersuchung von Haustieren wird in Baden-Württemberg von den Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämtern in Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart und dem Tierärztlichen Untersuchungsamt-Diagnostikzentrum in Aulendorf angeboten. Darüber hinaus bieten private Labore die Untersuchung an." Wenn ein Tierhalter, der selbst in Quarantäne oder Corona-positiv ist, Symptome bei seinem Haustier feststellt, die auf eine Infektion hindeuten, sollte er sich telefonisch mit seinem Tierarzt in Verbindung setzen. Bei Haustieren verläuft eine Covid-19-Infektion in den meisten Fällen symptomlos. In Einzelfällen kann es aber Krankheitserscheinungen geben, die einem Schnupfen ähneln.

Spezielle PCR-Tests für Tiere

Und bevor jemand auf die Idee kommt, seine Katze mit einem Lolli-Test schon einmal selbst auf das Virus zu testen: das ist nicht ratsam. Nicht nur, weil man da riskireren würde, ein Auge zu verlieren. Der Pressesprecher warnt: "Die Anwendung von nicht für Tiere zugelassenen Diagnostika beim Nachweis einer Infektion bei Tieren ist nach dem Tiergesundheitsgesetz nicht zulässig." In den veterinärmedizinischen Landesuntersuchungseinrichtungen und in den privaten Veterinärlaboren werden ausschließlich besonders empfindliche und hochspezifische, vom Friedrich-Löffler-Institut entwickelte PCR-Tests bei Tieren eingesetzt. "Zudem sind die für Menschen zugelassenen Testkits auf die menschliche Anatomie angepasst, weshalb die Probenahme bei Heimtieren bei diesen zu Verletzungen und heftigen Abwehrbewegungen führen könnte." Im Übrigen wäre bei Tieren das Test-Ergebnis der für die Untersuchung bei Menschen zugelassenen Testkits nicht aussagekräftig, da sie eine andere Zusammensetzung der Nasenschleimhaut haben. Das würde das Testergebnis verfälschen und zudem wäre das Ergebnis bei einer Infektion höchstwahrscheinlich falsch negativ, weil die Viruslast bei Tieren geringer ausfällt.

Seit Juli 2020 sind Corona-Infektionen übrigens auch bei Tieren meldepflichtig. Diese Meldungen werden im Tierseuchen-Nachrichtensystem (TSN), einem bundesweiten Melderegister eingetragen, teilt Esterl mit. "Die Meldepflicht ist eine Informationspflicht über den Nachweis der Infektion bei einem Tier. Labor oder Tierarzt müssen positive Ergebnisse dem Veterinäramt mitteilen. Auch Tierärzte müssen positiv getestete Tiere melden. Das Veterinäramt meldet den Fall an das Tierseuchennachrichtensystem (TSN). Es handelt sich also um eine reine Informationspflicht." Aus der Meldepflicht selbst ergeben sich keine Bekämpfungsmaßnahmen. Allerdings kann das Veterinäramt zum Beispiel eine Quarantäne anordnen. 

Corona ist nicht gleich Corona

Die Patienten von Tierarzt Frank Merkt aus Oberndorf sind bisher von Covid-19 verschont geblieben. Wenn auch die eine oder andere Katze schon mit Corona aufgeschlagen ist. Das bedeute aber keinen Grund zur Panik. Bei Katzen war das nämlich schon längst vor dem Ausbruch der Pandemie keine Seltenheit. "Mit Corona ist es wie beim Familienname Müller", veranschaulicht der Arzt. "Es gibt überall Familien, die so heißen. Und doch sind die Familien unterschiedlich." Das Coronavirus, das die Katzen häufig haben, gehört zwar dem gleichen Virusstamm an wie SARS-CoV-2, es verursacht jedoch andere Symptome und ist nicht auf den Menschen übertragbar. "Die Katzen bekommen davon Durchfall. Es kann auch vorkommen, dass das Virus in der Katze mutiert, wenn sie es länger mit sich herumträgt. Und dann kann es zu etwas Schlimmeren werden." Was dann entstehe, sei eine "Feline Infektiöse Peritonitis" (FIP). Peritonitis ist der medizinische Fachausdruck für eine Bauchfellentzündung. Diese Erkrankung endet für die Katze immer tödlich. "Es kam auch einmal eine Impfung dagegen auf, aber die hat nicht wirklich geholfen", erinnert sich Merkt. 

Was das Coronavirus angeht, mit dem sich der Mensch gerade weltweit herumschlägt, da seien Tiere nur sehr selten betroffen. "Wenn man weiß, dass man Corona hat und seine Katze dann abknutscht und anschließend bei ihr einen Test macht, ist der natürlich positiv. Aber wer erkrankt ist und völlig normal mit seinen Tieren umgeht, braucht sich wenig Sorgen zu machen", gibt der Tierarzt Entwarnung. In seiner Praxis jedenfalls gab es noch keinen einzigen Fall in den vergangenen zwei Jahren.

Tierheime blieben verschont - zumindest die Bewohner

Günther Hermus, Vorsitzender des Tierschutzvereins Rottweil, sieht Infektionen beim Tier ebenfalls nicht als Problem. Im Rottweiler Tierheim leben zur Zeit etwa sieben Hunde, 25 Katzen und fünf Kanninchen. Allesamt sind sie coronafrei. "Wir waren sogar mal in der Wohnung eines Coronakranken, um Tiere dort herauszuholen. Sowohl wir als auch die Tiere sind alle gesund geblieben", erzählt er. 

Nadine Vögel, Kreistierheim-Leiterin des Schwarzwald-Baar-Kreises, hält eine Infektion beim Tier ebenfalls für sehr unwahrscheinlich. "Ich wüsste nicht, wie man das auch feststellen sollte. Wir hätten gar nicht die finanziellen Mittel, um alle Tiere regelmäßig auf Corona zu testen", sagt sie. Etwa 50 Tiere leben aktuell gerade im Donaueschinger Tierheim. "Am Anfang der Pandemie wurde Angst geschürt, die Tiere seien womöglich auch Treiber der Pandemie. Die Leute haben in manchen Ländern angefangen, ihre Haustiere auszusetzen. Aber inzwischen ist klar, dass es da wenig Grund zur Panik gibt."

PCR-Abstrich beim Raubtier?

Wer momentan die Wilhelma in Stuttgart besucht, könnte stutzig werden, wenn er unter freiem Himmel an manchen Stellen des Weges große Schilder sieht, die auf die Maskenpflicht hinweisen. Warum gerade da? Die Wege sind an diesen Stellen nicht schmaler, das Gedränge der Besucher nicht größer als sonst wo. Die Antwort ist einfach: Die Masken sollen dort in erster Linie die Tiere schützen. An diesen Stellen kommt der Besucher nämlich nah an die Raubtiergehege.

Zoo-Leiter Thomas Kölpin sagt: "Wir hatten bisher noch keinen Coronafall bei einem Tier, aber in anderen Zoos, zum Beispiel in Amerika in Illinois und Nebraska, ist das schon passiert. Da haben sich Raubtiere oder Affen bei ihren Pflegern angesteckt. In einem Zoo in New York hatten Tiger und Löwen das Virus. Und in Belgien haben im Dezember sogar Flusspferde Corona bekommen", sagt Kölpin. Primaten und Raubtiere - insbesondere Schneeleoparden - seien erwiesenermaßen besonders anfällig. In der Wilhelma seien das ein paar hundert gefährdete Tiere. Ihm seien Fälle aus anderen Zoos bekannt, in denen sogar Tiere an dem Virus gestorben seinen. Die Wilhelma tut also alles, damit das nicht im eigenen Zoo passiert. Es gilt nicht nur für die Besucher in der Nähe der gefährdeten Tiere Maskenpflicht. "Die Mitarbeiter müssen in der Nähe der Tiere auch Masken tragen und regelmäßig negative Coronatests vorweisen", erklärt der Zooleiter. 

Was aber, wenn einmal der Verdacht auftauchen sollte, dass ein Tier Corona hat? Ist die Wilhelma vorbereitet? "Wir hatten bisher zum Glück nicht einmal einen Verdacht", sagt Kölpin. Und sollte er einmal auftauchen, wird ein Corontest gemacht. Ja, auch beim Raubtier. "Wenn Tiere aus anderen Zoos kommen oder wir welche abgeben, kriegen sie einen PCR-Test. Meistens bekommen sie sowieso eine Narkose, weil sie untersucht und auch auf andere Krankheiten getestet werden müssen, bevor sie den Ort wechseln können." Der PCR-Test funktioniere genau wie beim Menschen. 

Der Faktor Tier sei in den Gedankenmodellen zur Ausbreitung des Coronavirus bisher wenig vertreten, überlegt Kölpin. Im Zoo lasse sich der Kontakt zwischen Tier und Mensch leicht reduzieren. "Anders ist es in der Landwirtschaft oder bei Tieren, die in Städten leben. Mäuse und Ratten zum Beispiel." Dass die Übertragungsmöglichkeit des Virus auf viele Tierarten noch nicht nachgewiesen sei, heiße nicht, dass die es nicht bekommen können. "Und dann besteht vielleicht auch die Möglichkeit, dass es in Tieren weiter mutiert. Und wenn eine Übertragung vom Menschen auf das Tier möglich ist, geht das natürlich auch andersherum. Darin sehe ich ein Risiko."

Auch der Hirsch kann es kriegen

"Das Friedrich-Loeffler-Institut hat umfangreiche Studien zur Empfänglichkeit von Tieren gegenüber SARS-CoV-2 durchgeführt", merkt der Sprecher des Ministeriums für Ländlichen Raum an. "Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass bei uns übliche Nutztiere eine Rolle bei der Verbreitung spielen oder als Infektionsquelle für den Menschen relevant sein könnten. Die Studien zeigen, dass sich weder Schweine noch Hühner, Enten und Puten mit SARS-CoV-2 infizieren lassen." Rinder weisen eine geringe Empfänglichkeit für das Virus auf und können es nicht weitergeben.

Meerschweinchen ließen sich nicht mit dem Virus infizieren. Weitere Tierarten werden derzeit auf ihre Empfänglichkeit untersucht. Von den Wildtieren sei bekannt, dass der nordamerikanische Weißwedelhirsch empfänglich sei.