Von einem großen Tiefschlag für die Gemeinde spricht Bürgermeister Ferdinand Truffner in einer ersten Reaktion auf die Schließungspläne. Für die Gemeinde hatte es vorher keinerlei Anzeichen für eine derartige Entwicklung gegeben.
Das Seniorenheim Empfingen schließt zum 31. Oktober 2024, informiert Frank Ulrich, Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste gGmbH, die das Empfinger Seniorenheim betreibt.
Betreiber spricht von schwierigem Marktumfeld Weiter heißt es in einer verschickten Mitteilung: „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, doch das schwierige Marktumfeld, die stetig wachsenden Anforderungen und Auflagen in der Pflegebranche aber insbesondere der bundesweit und regional spürbare Arbeitskräftemangel zwingen uns zu diesem Schritt.“
Bereits in drei Monaten ist Schluss
Einrichtung schließt zum 31. Oktober 2024 Frank Ulrich, Geschäftsführer der Pasodi-Unternehmensgruppe, erklärt: „Obwohl unsere Häuser in der Regel langfristig betrieben werden und gut ausgelastet sind, ist es uns ab dem 31. Oktober 2024 nicht mehr möglich, die Einrichtung in Empfingen weiterzuführen. Besonders das hervorragende und langjährige Team hat dazu beigetragen, dass das Heim mit seinen 24 Bewohnern wie ein Familienbetrieb geführt wurde und immer sehr gut ausgelastet und beliebt war.“
Offene Stellen können seit Monaten nicht besetzt werden Weiter heißt es: „Trotz unserer stabilen Personalstruktur in den letzten Jahren müssen wir feststellen, dass die aktuelle Situation es uns nicht ermöglicht, den Betrieb in der bisherigen Form fortzuführen. Einige unserer langjährigen Mitarbeiter treten in den wohlverdienten Ruhestand, internationale Mitarbeitende kehren in ihre Heimatländer zurück, und andere steigen ganz aus dem Pflegeberuf aus. Die dadurch entstandenen und noch entstehenden offenen Stellen können seit Monaten aufgrund des angespannten Arbeitsmarktes in der Region nicht adäquat nachbesetzt werden.“
Standortanalyse zeigt keine zu erwartende Verbesserung Eine ausführliche Standortanalyse zeigt, wie das Unternehmen mitteilt, zudem deutlich, dass sich diese Situation in den kommenden Jahren nicht verbessern wird: „Wir sind uns der Tragweite dieser Entscheidung für unsere Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeitenden sehr bewusst.“
Angebote für Bewohner und Beschäftigte
Bewohner sollen in umliegende Pasodi-Einrichtungen Aus diesem Grund bieten wir allen 24 Bewohnerinnen und Bewohnern sofortige Alternativen in unseren umliegenden Einrichtungen an. Hierbei werden die Bewohner aus Empfingen prioritär behandelt, um ihnen eine nahtlose und vertraute Betreuung in der Region zu gewährleisten.
Beschäftigte erhalten Angebot in Nachbareinrichtungen Auch für unsere Mitarbeitenden haben wir vorgesorgt: Jeder von ihnen erhält ein Angebot für eine Beschäftigung innerhalb unserer nahe gelegenen Einrichtungen. „Erste Angebote wurden bereits ausgesprochen, und wir bemühen uns, den Übergang für alle Beteiligten so reibungslos wie möglich zu gestalten“, schreibt das Unternehmen.
Geschäftsführer spricht von notwendigem Schritt Die Entscheidung zur Schließung und möglichen Umnutzung der Einrichtung ist ein notwendiger Schritt, um auf die veränderten Rahmenbedingungen in der Sozialwirtschaft zu reagieren: „Pasodi ist und bleibt ein solides gemeinnütziges Unternehmen, das sich den aktuellen Herausforderungen stellt und sich stets anpassen wird, um seinen satzungsgemäßen Auftrag langfristig und sicher zu erfüllen.“
Weitere Nutzung des Gebäudes ist noch offen „Zur weiteren Nutzung der Immobilie können wir noch keine Angaben machen, da es zum derzeitigen Zeitpunkt noch zu früh ist, darüber zu spekulieren. Die Versorgung unserer Bewohnerinnen und Bewohner und die Begleitung unserer Mitarbeitenden in den kommenden Monaten haben für uns Priorität“, betont Geschäftsführer Frank Ulrich.
Bürgermeister sieht sich vor vollendete Tatsachen gestellt
Stellungnahme des Bürgermeisters „Das ist ein großer Tiefschlag für die Gemeinde“, so die erste Reaktion von Bürgermeister Ferdinand Truffner. Er erhielt, wie er informiert, am Mittwochvormittag, 31. August 2024, die Info von Frank Ulrich, Geschäftsführer, und Beate Hellstern, Heimleitung, kurzerhand persönlich vor der Betriebsversammlung übermittelt. „Ich kann es immer noch nicht glauben“, so Truffner. Die Gemeindeverwaltung habe von der Problematik der Personalgewinnung gerade im Pflegeheim Schanzgasse keine Infos gehabt, obwohl man stets in engem Austausch stehe, so Truffner. „Ich finde es sehr schade, wenn man so vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Ein Gespräch zur Problematik hat leider nie stattgefunden.“
Truffner: „Wir benötigen die Pflegeplätze.“ Weiter schreibt Truffner: „Nach Aussage von Frank und Hellstern habe die Situation im Pflegeheim Schanzgasse nichts direkt mit dem Neubau in Empfingen zu tun.“ und weiter: „Wir hatten bei der Diskussion um die Ansiedlung des neuen Pflegeheim durchaus die Sorge der Kannibalisierung von Mitarbeitenden.“ Dies sei aber nicht eingetroffen, zumal bisher keine Mitarbeitenden in der Schanzgasse gekündigt und zum Haus am Tälesee gewechselt hätten. Truffner: „Wir benötigen die Pflegeplätze in unserer Gemeinde weiterhin. Der Bedarf an Pflegeplätzen steige weiter, jedoch die Anzahl der Fachkräfte leider nicht.“ Alle Pflegeeinrichtungen suchen händeringend nach Personal. Ein Neubau ziehe natürlich Personal an und wenn mehrere Neubauten, unter anderem auch das Angelika-Wössner-Stift in Sulz am Neckar realisiert werden, kann es zu einer Verschiebung der Fachkräfte kommen, so Truffner. „Ich persönlich kann nicht einschätzen, ob bei Pasodi ein Fehler in der Personalplanung vorliegt. Wir werden die Thematik aber so nicht leicht abstreifen, sondern uns für das Pflegeheim beziehungsweise die Pflegeplätze einsetzen“, so Truffner.
Nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats Aus diesem Grund habe er nun eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats am 8. August unter Anwesenheit von Ulrich und Hellstern anberaumt. „Hierbei soll es auch um die Thematik der Weiterbeschäftigung der Mitarbeitenden und auch der Unterbringung der Seniorinnen und Senioren gehen.“ Was mit dem Gebäude passiere, müsse man ebenfalls diskutieren – es ist ja Premiumlage im Ortskern. Natürlich habe man mit den 60 Plätzen im Haus am Tälesee einen großen Platzpuffer geschaffen, doch sei die Gemeinde davon ausgegangen, dass mit den beiden bestehenden Pflegeeinrichtungen der Mix an Plätzen passe.
Truffners Unmut geht noch weiter Der Unmut bei Bürgermeister Truffner geht aber noch weiter: „Das Haus am Tälesee hätte ursprünglich 90 Plätze geplant, musste ja bekanntlich auf 60 Plätze reduziert werden. Da muss ich ja nicht mehr viel anmerken!“