Kirchentagspräsident Thomas de Maizière kritisiert die junge Generation. Foto: dpa/Daniel Karmann

Kirchentagspräsident Thomas de Maizière hält der jungen Generation vor, es sei keine gute Haltung, wenig zu arbeiten und abends Champagner liefern zu lassen. Der Vorwurf ist Blödsinn, kommentiert Tobias Peter.

Man stelle sich einmal vor, ein junger Politiker würde sagen, die ältere Generation gehe aus Faulheit früh in Rente, sei ständig auf Kreuzfahrt und lasse sich auf diesen Luxusschiffen mit überteuerten Cocktails volllaufen. Es gäbe einen Aufschrei der Empörung. Und das mit Recht!

Wenn der jungen Generation undifferenzierte, unverschämte und ungerechte Vorhaltungen gemacht werden, halten das leider viele für normal. Der Präsident des Evangelischen Kirchentags, der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière, wirft der Generation der 20- bis 30-Jährigen eine zu hohe Anspruchshaltung und ein zu großes Streben nach Work-Life-Balance vor. Es entstehe keine soziale Gesellschaft, wenn Menschen mit Mitte zwanzig drei, vier Tage pro Woche arbeiteten, um gegen 22 Uhr bei Lieferando einen Champagner zu bestellen, sagt der Kirchentagspräsident der „Zeit“. Was für ein dummes Klischee-Bild!

Der Wert von Freundschaft und Familie

Die Tatsache, dass viele in der jungen Generation sich Gedanken darüber machen, wie sich Erwerbsarbeit und das übrige Leben in Einklang zu bringen sind, heißt nicht, dass sie faul wären. Es ist – übrigens auch aus christlichem Blickwinkel – doch gut, dass Menschen neben der Arbeit auch Beziehungen und Freundschaften pflegen möchten.

Champagner fließt dabei – wie jeder weiß, der Menschen aus der jungen Generation tatsächlich kennt – übrigens höchst selten. Stattdessen geht es für viele, mindestens perspektivisch, auch um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und den wachsenden Anspruch, Erwerbs- und Familienarbeit fairer zwischen Männern und Frauen aufzuteilen. Aber vielleicht wusste de Maizière das ja nicht.

Die junge und die ältere Generation täten gut daran, sich nicht gegenseitig Noten zu geben, sondern miteinander zu sprechen. Das sollte auch Thomas de Maizière beherzigen. Auf dem Kirchentag – und jenseits davon.