T.C. Boyle liebt die Natur – und die Musik Foto: Max Kovalenko

Im Theaterhaus plaudert T.C. Boyle vor 800 Zuschauern über die Arbeit an seinen Romanen, über die Natur, die er liebt und über die Musik: Als Jugendlicher wollte T.C. Boyle Saxofonist werden.

Stuttgart - „Was würden Sie tun, wenn sie die Macht über Amerika hätten?“ – fragt Denis Scheck. Und T. C. Boyle, der zu Gast ist, am Mittwochabend, vor mehr als 800 Menschen, im Theaterhaus, antwortet, schnell und trocken: „Ich würde sämtliche Drogen legalisieren und versteuern. Vom dem Geld könnte man beispielsweise die Gehälter der Lehrer verdoppeln.“ – Gelächter folgt, natürlich, und Applaus, für Boyle, den vielleicht glamourösesten und lässigsten der großen lebenden U.S.-Autoren. Eine Woche hielt er sich in Wien auf, eben noch war er in Berlin oder in Bayern, wo er mit Denis Scheck wanderte. Boyle, der einst selbst Drogen nahm, dieses Laster jedoch eintauschte gegen das größere und befriedigendere des Schreibens, hat ein neues Buch veröffentlicht: „San Miguel“ heißt es. Der Romancier hat die historische Geschichte der Familien Waters und Lester nacherzählt, neu erfunden und mit Leben erfüllt – Familien, die auf jener Insel San Miguel vor Kaliforniens Küste lebten und Schafe züchteten, abseits jeglicher Zivilisation. Noch am Nachmittag, beim Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“, trug Boyle dunkles Jackett und leuchtend rote Sneakers, nun sind die Schuhe dunkel, das Jackett leuchtet – und er plaudert, mit Denis Scheck, über die Arbeit an seinen Romanen, über die Natur, die er liebt und über die Musik: Als Jugendlicher wollte T.C. Boyle Saxofonist werden und spielte in einer Gruppe mit dem originellen Namen „The Ventilators“. Und er liest, in klar und schwungvoll formuliertem Englisch, im Wechsel mit dem Schauspieler Stephan Moos, der aus der deutschen Übersetzung von „San Miguel“ vorträgt: wie Marantha Waters die karge Welt der Insel zuerst erlebt, wie sie zurückschreckt vor Einöde und Schafgestank, wie sie hustet und sich erbricht, während der Fahrt über raue See. Eine solche Reise hat auch T.C. Boyle gemacht, aber nur einmal – fröhlich und sehr anschaulich kann er nun deshalb seinen Zuhörern davon berichten, wie es ist, sich den Nasenschleim eines Wales aus dem Haar zu bürsten. Aber schließlich, sagt T.C. Boyle, sei eben dies ja auch der Sinne der Literatur: die Grenzen zu verschieben, neue Erfahrungen zu ermöglichen.