Die Bauern bewaffnen sich mit einem langen Spieß. Mit Gesang und Text zeigten die Schauspieler des Theater Lindenhof, welche historische Tatsache den berühmten Zwölf Artikeln zugrunde liegt. Foto: Stotz

Die sieben Schwaben: Knopf, Humpis, Schererin, Hofmännin, Lotzer, Schmid und Fritz, der Gelbfüßler haben vor 500 Jahren für mehr Gerechtigkeit und Freiheit als Bauern gekämpft.

Das Theater Lindenhof hat daraus ein Theaterstück gemacht, das die Bewegung von damals anschaulich inszeniert aufzeigt.

 

„Als man zählte nach Christi Geburt eintausend fünfhundertundfünfunzwanzig Jahr, da begab sich’s, dass aus den schwäbischen Landen zusammen sich fanden aus jeder Region je ein Hauptmann...“ Es ist eine hohe Kunst, ein Stück über den Bauernkrieg zu schreiben, der sich in diesem Jahr zum 500. Mal jährt. Vor allem dann, wenn sich die Inszenierung sprachlich nicht allzu weit vom damaligen Deutsch entfernen soll. Das Balinger Publikum, das die Aufführung des Theater Lindenhof besuchte, war jedenfalls so begeistert, dass der Applaus kaum enden wollte.

Dem Regisseur Dieter Nelle ist es gelungen, das Stück von Franz Xaver Ott so umzusetzen, dass trotz des anspruchsvollen Inhalts und des ungewohnten Deutsch aus vergangener Zeit, Theatergenuss vom Feinsten daraus wurde.

Der Aufstand wird blutig niedergeschlagen, doch zuvor müssen auch einige Herren der Obrigkeit den Spießrutenlauf überstehen. Foto: Stotz

Zum Inhalt: Im März 1525 formulierten in Memmingen die Anführer der Bauern Zwölf Artikel, mit denen sie grundlegende Rechte gegenüber den Herrschenden einforderten. Sie wollten Freiheit und Gerechtigkeit. Vor allem aber forderten sie die Obrigkeit auf, die Leibeigenschaft abzuschaffen, die zu großem sozialen Elend geführt hatte. Schlagwörter waren „Recht statt Willkür“ und „Gleichheit“. Diese erstmals in gedruckter Form niedergeschriebenen Zwölf Artikel gelten bis heute als eine der ersten Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten für Europa.

Der Bewegung schlossen sich damals neben den Bauern auch Handwerker und Teile der einfachen Stadtbevölkerung an. Die so genannten „Bauernhaufen“ zogen dann mit der Bundschuh-Fahne und Sprechgesängen durchs Land. In ihren Liedern forderten sie den Adel, die Reichsstädte und den Klerus zur Gerechtigkeit auf.

Während Luther, Zwingli, Calvin, Melanchton und Müntzer auf intellektueller Ebene die Gegebenheiten diskutieren, haben die Bauern endgültig genug von der Ungerechtigkeit. Foto: Stotz

Die sieben Lindenhof-Schauspieler: Bernhard Hurm, Hannah im Hof, Martin Olbertz, Johannes Schleker, Berholf Bisinger, Alessandra Bosch, Ulf Deutscher, Luca Zahn und Rino Hosennen zeigten in der Aufführung, dass sie sowohl sehr gut singen können, als auch schauspielerisches Talent haben. Paulina Pawlik glänzte als Chronistin ebenso wie als Musikerin und war damit das Bindeglied zwischen Publikum und Darstellern.

Historische Tatsachen

Inhalt des zweiten Aktes war nach rund 70 Minuten Spielzeit die Niederschlagung des Aufstandes und der Spießrutenlauf des Grafen Ludwig von Helfenstein. Am Ende schlägt, sowohl im Stück als auch den historischen Tatsachen zufolge, der Truchsess von Waldburg den Aufstand vollständig nieder. Er wird zum Stadtvogt und zum Statthalter der Stadt Stuttgart ernannt. Franz Xaver Ott ist damit ein Stück gelungen, das die große Schere zwischen den Privilegierten und dem „gemeinen Mann“ deutlich macht.

In seiner Rede beim zentralen Festakt zu „500 Jahre Zwölf Artikel“ am 15. März diesen Jahres sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier deshalb: „ Ich bin überzeugt: Die Erinnerung an Orte, Akteure, Ideen und Ereignisse unserer Freiheitsgeschichte ist in dieser unruhigen Zeit wichtiger denn je.“Deshalb brauche es gerade jetzt eine historisch aufgeklärte Erinnerung an die vielen mutigen Frauen und Männer von damals. Es ist dem Theater Lindenhof in einmaliger Art und Weise gelungen, diese Brücke zu schlagen. Das war es auch, was das Balinger Publikum am Ende so begeistert applaudieren lies.