Das würden wohl die wenigsten sagen. Doch genau diese Devise vertrat am Freitagabend die Hauptfigur im gleichnamigen Theaterstück, das im Bärensaal gastierte.
Wer träumt nicht von einem kleineren oder größeren Sümmchen, um das ein oder andere Problem zu lösen oder das Leben für sich und seine Lieben schöner zu machen? Für manche führt ein Erbe oder die richtige Geschäftsidee dahin. Seltener schlägt der Zufall zu. Bei Lotteriespielen kommt es daher oft vor, dass es etwas braucht, bis der Glückspilz ausgemacht ist.
Bei so viel Dusel mutet es fast tragisch an, wenn ein Schein vergessen wird oder verloren geht und ein Gewinn nicht eingefordert wird. Doch was wenn... es Absicht ist? Ein Verzicht.
Genau diesen Fall konstruierte Flavia Coste in ihrer rabenschwarzen Komödie, die 2017 in Paris uraufgeführt wurde. Die deutschsprachige Erstaufführung folgte eineinhalb Jahre später. Nun brachten das Theater am Dom Köln und das Theater an der Kö Düsseldorf das Stück nach Schramberg.
Sofort in Schockstarre
Darin liefern sich Richard (Pascal Breuer), seine Frau Claire (Dorkas Kiefer), Richards Mutter Rose (Kathrin Ackermann) und Richards bester Freund und Chef Etienne (Sebastian Goder) eine erbitterte Debatte über das Für und Wieder der Auswirkungen, plötzlich eine obszön große Menge Geld zu erhalten. Hierbei behält keiner eine weiße Weste.
Es beginnt vor einem unbeschwerten Abendessen, zu dem Richard geladen hat. Doch schnell ist klar, es gibt einen Anlass. Unschlüssig, ob seine Lieben bereit für die große Nachricht sind, spannt er sie auf die Folter und bittet sie vorab um einen „nicht ganz nüchternen, frischen Blick“. Denn das worum es geht, sei unwiderstehlich und doch Gift.
Die Angehörigen rätseln urkomisch, bis die Bombe platzt – Richard hat den Jackpot gewonnen. Doch aus den strahlenden Gesichtern werden blitzschnell Schockgrimassen. Der Glückspilz denkt nicht daran, den Gewinn einzufordern, dieser sei ohnehin längst verfallen – schließlich hatte er sich zwei Monate Zeit mit der Entscheidung und ihrer Verkündung gelassen. Nach einer Schockstarre setzt bei Mutter, Frau und Freund die Verarbeitung ein und die Gedanken explodieren. Ist die Entscheidung edelmütig, von größerer Wirkung und bewahrt das Gute, wie Richard meint? Oder ist es Egoismus, Hybris – die Glorifizierung seiner selbst?
„Wir können jeden wie Dreck behandeln, weil das Geld uns allmächtig macht, und genau das ist das Problem.“ Schneller als ihm lieb ist behält Richard mit der Aussage recht, denn die Anderen sind sich bei der bloßen Aussicht darauf schon einig, dass er den Verstand verloren hat und zur Vernunft gebracht werden muss.
Viele Verunglimpfungen
Es wird wüst. Reichlich Verunglimpfungen werden ausgeteilt. Dabei muss auch Richard erkennen, dass er etwas fernab der Realität gelebt und die Dinge schöner gemalt hat als sie sind. Vor allem die finanzielle Lage seines Chefs und besten Freundes, der just in diesem Moment einen wichtigen Auftrag verliert – wegen einem von Richards utopischen Entwürfen. Er fühlt sich schlecht, seine Lieben nicht in die Entscheidung einbezogen zu haben, da sie ihn stets unterstützt haben. Doch die scheinbare Versöhnung endet im Fiasko. Denn zu allem Überfluss findet der Lottoschein an der Kühlschranktür seinen Weg ins Rampenlicht und er ist noch gültig...
Das ausdrucksstarke Schauspiel der Darsteller und die detailreiche, ortszugeschnittene Ausgestaltung wurden mit minutenlangem Applaus belohnt.