Jessica Hermann legt in zwei Einaktern beeindruckende Schauspielkunst an den Tag. Foto: Keck

Samstagabend im Kurtheater: Vorhang auf für das Sommertheater-Projekt "Verliebt in Freudenstadt". Deutlich mehr als 100 Besucher wollten die Komödie von Laura Fetzer und Jürgen von Bülow zum Thema Liebeslust und -frust erleben.

Freudenstadt - Produktionsleiter Frank Gretenkort und Regisseur Jürgen von Bülow führten in die drei Einakter ein, die als Ersatz für das gestrichene Sommertheater das Kulturprogramm bereichern sollten. Eintauchen in die "Missverständlichkeiten der digitalen Welt und in die Sprachlosigkeit innerhalb (ehelicher) Beziehungen" sollte das Publikum in dem "wunderschönen Freudenstädter Theater" (von Bülow). Ein Trostpflaster für alle, die in diesem Jahr den traditionellen Theaterspaziergang vermissen mussten – im nächsten Sommer jedoch, so versicherten die Verantwortlichen, sei das "Schwarzwaldgold" fest eingeplant.

Mit Fabulierkunst

Drei Teile mit den Titeln "Liebes-Frust", "Doktor-Spiele" und "Abenteuer-Lust", unterbrochen von einer Pause, gingen über die Bühne. "Durch Irrungen und Wirrungen" eines liebeskranken jungen Mannes führte Uwe Nimmergut (bekannt unter anderem als der "Hauptmann von Köpenick") mit Texten aus dem Roman "Nie mehr verliebt" von Jürgen von Bülow als thematische Ergänzung durch das Programm. Mit der ihm eigenen Ausdruckskraft und Fabulierlust entfaltete der Moderator des Abends die Tagträume des abgewiesenen Liebhabers, die – so ganz anders als in Goethes "Werther" – in Gewaltfantasien abdriften.

Amüsantes Spektakel

"Liebes-Frust" thematisiert die Widrigkeiten, die dem von künstlicher Intelligenz unterstützten Balzverhalten im virtuellen Raum entgegenstehen können. Die technischen Unzulänglichkeiten führen zu Kommunikationsproblemen, die sinnbildhaft auch für einen Mangel an Kontaktfähigkeiten stehen. Verena Weller, Uwe Kotschner, Jessica Hermann und Tanja Schwarz lösten ein amüsantes Bühnenspektakel aus, das neben viel Wortwitz gespickt war mit Phrasendrescherei und spätpubertärem Imponiergehabe: "Wo hast du den geilen Arsch her?"

Auf gesellschaftlich höherer Ebene bewegten sich die "Doktor-Spiele". Hier starren in getrennten Räumen der Arzt Franz (Frank Gretenkort) und die Lehrerin Gina (Jessica Hermann) auf ihre Laptops und checken ihren Dating-Kanal. Auch hier sind die Verständnisprobleme offenbar.

Hohes Maß an Schauspielkunst

Franz scheut die Offenlegung seiner Identität im kleinen Freudenstadt, denn sein Gegenüber könnte ja eine Patientin von ihm oder eine Sprechstundenhilfe sein. So formuliert er lapidar: "Ich arbeite im medizinischen Umfeld." Gina spekuliert daraufhin: "Er putzt – im Krankenhaus. Hoffentlich macht er das auch zu Hause." Das Geplänkel nimmt seinen Lauf, und fast verpassen die beiden ein Happy End. Zum Durcheinander trägt in erklecklichem Maß Franz’ Kumpel Marc-Oliver (Marc Klimczok) bei. Die "Doktor-Spiele" zeichneten sich aus durch ein hohes Maß an Schauspielkunst und -lust, welches das Trio an den Tag legte.

Paul (Christian Eckel) und Caroline (Annette Hacker) sind wie so viele ein "olles" Ehepaar mit einem unübersehbaren Mangel an Sprachfähigkeit. Ihr Leben in 24-jähriger Ehe besteht aus Gewohnheiten und der Unfähigkeit zu Veränderungen. Erst Carolines Freundin Julia (Tiziana Chiodaroli) bringt Bewegung in das darnieder liegende Beziehungsgeflecht. Sie ermuntert Caroline zu einem Online-Dating und droht: "Wenn du nicht anrufst, setze ich eine Anzeige in die Zeitung: ›Weiche Lippen und zarte Hände suchen großen Jungen mit kleinen Schwächen‹."

Auch Paul geht den Weg eines Internetkontakts. In den Wirren denken beide daran, sich vom Friedrichsturm zu stürzen ("Ist der überhaupt offen?"), aber letztlich fügt sich alles gut mit dem Ruf: "Auf nach Freudenstadt!"

Kurzweilige Inszenierung

"Verliebt in Freudenstadt" gab sich als eine kurzweilige, von großem Einsatz des Ensembles getragene Inszenierung mit kleinen Schwächen (mitunter nachlassende Lautstärke) zu erkennen, die sich bis zur Wiederholung am Samstag, 12. November, um 20 Uhr an Ort und Stelle korrigieren lassen.

Der abschließende Dank mit Blumen von Frank Gretenkort und Jürgen von Bülow richtete sich an Ko-Autorin Laura Fetzer aus Stuttgart und die kommissarische Leiterin von Freudenstadt Tourismus, Carolin Moersch.