Vor fünf Jahren brachte Tesla-Chef Elon Musk das Model 3 auf den Markt, nun muss er dagegen ankämpfen, das Fahrzeug auf Halde zu produzieren. Foto: dpa / /Andrej Sokolow

Lange Zeit konnte Tesla die Fahrzeuge eher zuteilen als verkaufen. Nun ändert sich die Lage. Nicht mehr die Autos sind knapp, sondern die Kunden. Ein Vorbote für den gesamten Automarkt?

Der amerikanische E-Autohersteller Tesla muss nun auch in Europa die Preise deutlich senken, um nicht auf den Fahrzeugen sitzenzubleiben. Die Einstiegsvariante des Kompaktgeländewagens Model Y kostet jetzt nur noch 44 890 Euro, was einer Preissenkung von rund 17 Prozent entspricht. Auch beim Model 3 senkte Tesla den Preis um 12 Prozent auf 43 990 Euro, wie das Unternehmen bekannt gab.

Schon Ende des vergangenen Jahres hatte Tesla die Preise gesenkt – allerdings auf vergleichsweise diskrete Weise, indem auf der Website bereits gebaute Fahrzeuge des Model 3 mit Rabatten von bis zu 5000 Euro angeboten wurden. Wer sich noch Ende 2022 für einen Tesla entschied, das Auto aber erst im Folgejahr zuließ, erhielt von Tesla einen vollen Ausgleich für die Kürzung des deutschen Umweltbonus. Der Bundesanteil in dieser Preisklasse sinkt um 2000 Euro.

Druck vor allem in Deutschland

Vor allem in Deutschland dürfte der E-Auto-Markt nach Expertenansicht erheblich unter Druck geraten. Denn die Kürzung der Prämie für Autos, die von diesem Jahr an zugelassen werden, führte im vergangenen Jahr bei E-Autos zu einer regelrechten Kaufwelle. Diese Käufe könnten nun im laufenden Jahr fehlen – jedenfalls bei Modellen, die für den Umweltbonus qualifiziert sind.

Die Ursachen für den Preisverfall dürften sowohl in Besonderheiten bei Tesla liegen als auch in der allgemeinen Marktentwicklung. Nach Ansicht des Branchenexperten Stefan Bratzel ist die Entwicklung bei Tesla nicht zuletzt eine Folge des Kaufs von Twitter durch Tesla-Chef Elon Musk, der nach der Übernahme Tausende Beschäftigte entließ, den gesperrten Zugang von Ex-US-Präsident Donald Trump wieder freischalten ließ und ein merkwürdiges Verständnis der von ihm postulierten Redefreiheit bewies, als er die Zugänge missliebiger Journalisten zeitweise sperren ließ. In einer Studie des Marktforschungsinstituts Puls zeigte sich eine klare Mehrheit der befragten Autokäufer und Kaufinteressenten überzeugt, dass die Übernahme von Twitter einen negativen Einfluss auf die Entscheidung über den Kauf eines Tesla-Fahrzeugs habe.

Mercedes & Co. machen Tesla zu schaffen

Nach Einschätzung Bratzels geht auch die wachsende Konkurrenz durch deutsche Premiumhersteller wie Mercedes, BMW und Audi nicht spurlos an Tesla vorüber. Während Tesla früh das Assistenzsystem „Autopilot“ auf den Markt brachte, ist Mercedes nun weltweit führend bei der Straßenzulassung eines Systems, das unter bestimmten Bedingungen autonomes Fahren ermöglicht.

Nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer wird der in den vergangenen drei Jahren durch hohe Preise und lange Lieferzeiten gekennzeichnete Markt bald wieder kippen. Zum einen gingen die preistreibenden Versorgungsmängel bei Computerchips zurück, zum anderen verschärfe sich der Wettbewerb auch durch chinesische Hersteller. Dudenhöffer traut diesen zu, binnen Jahresfrist die Zahl ihrer in Deutschland verkauften Autos auf 50 000 zu verdoppeln. Angesichts der Konkurrenz durch dortige Anbieter hatten Tesla und Mercedes-Benz bereits in China ihre Preise deutlich senken müssen.

Experte: Tesla bleibt starker Anbieter

Der Aktienkurs von Tesla ist im vergangenen Jahr um zwei Drittel gesunken, nachdem er in den beiden Jahren davor auf das 15-Fache gestiegen war. Gleichwohl ist Tesla an der Börse immer noch fast fünfmal so hoch bewertet wie Mercedes oder Volkswagen.

Dudenhöffer warnt davor, den US-Hersteller zu unterschätzen. Im vergangenen Jahr konnte Tesla seine Auslieferungen um 40 Prozent steigern und damit deutlich zu Mercedes-Benz aufschließen. Er erwartet, dass sich der Absatzrückstand von Tesla auf Mercedes-Benz in diesem Jahr weiter verringert.

Die Kunden dürfen angesichts des Wettbewerbs darauf hoffen, dass die zuletzt stark gestiegenen Preise wieder nachgeben.