Musste sich ordentlich strecken, gewann am Ende aber auch dank ihres Kampfeswillens: Polina Leykina. Foto: Wagner

26. BMW-ahg-Cup: Polina Leykina wirft 18-Jährige in der zweiten Hauptrunde aus dem Rennen.

Es war ein langes und teilweise auch spektakuläres Match auf dem Center Court des TC Bildechingen, doch mit einem schlechten Ende für die deutsche Nachwuchshoffnung Jule Niemeier. Mit 4:6, 6:3 und 4:6 schied die 18-Jährige in der zweiten Hauptrunde des 26. BMW-ahg-Cups aus.

War es die von ihr ungeliebte Hitze, oder die Ungeduld der Jugend: Zu oft landeten vor allem Vorhandbälle der gebürtigen Dortmunderin im Netz oder jenseits der Grundlinie. So reichte gegen die an Nummer sieben gesetzte Polina Leykina auch eine 4:2-Führung in dritten Satz nicht zum Sieg, weil die fünf Jahre ältere Kontrahentin ihr Spiel in der entscheidenden Phase durchsetzen konnte.

Im richtigen Moment das Tempo anziehen

Ihr Matchplan sei aufgegangen, so die 23-Jährige, auch weil sie den ihrer noch unerfahreneren Gegnerin mit hohen Tospinbällen immer wieder erfolgreich zerstören konnte. "Ich warte erst einmal ab, und versuche dann im richtigen Moment das Tempo anzuziehen", beschreibt Polina Leykina ihre Taktik, und lächelt: "Ich versuche durchaus auch einmal für die Gegnerin hässlich zu spielen." Gerne setzt sie dann ihren Lieblingsball ein und spielt die Rückhand longline, "das mache ich aber noch zu selten."

Nicht richtig sei der Eindruck, sie als nur 1,59 m große Spielerin ("vor einigen Jahren hatte ich nur 1,58 m") habe Probleme mit dem Aufschlag, findet die Spielerin mit dem auffälligen Blumentattoo auf der rechten Schulter. "Ich finde mein Service eigentlich ganz gut und variabel, und mit meinem Slice ist heute auch die Gegnerin nicht zurecht gekommen. Am Ende hat sie die Geduld verloren."

Nach den Auftakterfolgen gegen die Griechin Eleni Kordolaimi und Jule Niemeier geht die selbstbewusste Spielerin auch die nächsten Aufgaben optimistisch an: "Ich trete immer an, um zu gewinnen; warum dann auch nicht hier in Bildechingen." Dabei liegt ihr jüngster Erfolg nicht lange zurück, den sie gewann an der Seite der beim BMW-ahg-Cup ebenfalls bekannten, im Vorjahr als Topgesetzte aber mit einer unmotivierten Leistung negativ aufgefallenen Bulgarin Isabella Shinikova, die Doppelkonkurrenz beim 25000 Dollar-Turnier in Aschaffenburg mit einem Finalerfolg gegen die für den TC Nagold spielende Chiara Scholl und Emma Laine.

Einige Halbfinals stehen zudem in den letzten Monaten in der Erfolgsliste der bei vielen Turnieren angetretenen Polina Leykina. Ihre sportlich bisher beste Zeit war das zweite Halbjahr 2015, als sie mit einigen Turniersiegen bis auf Platz 184 der Weltrangliste kletterte. "Doch danach hatte ich ein schlechtes Jahr 2016 und bin oft in der ersten Runde ausgeschieden", so die 23-Jährige im Rückblick.

Lebensmittelpunkt ist inzwischen Deutschland

Auch an der Qualifikation von Grand Slam-Turnieren war sie schon beteiligt, kam aber nie bis ins Hauptfeld durch. 2018 hatte sie sich eigentlich einen Start bei den US Open vorgenommen, doch der aktuelle Ranglistenplatz 332 reicht dazu nicht aus. "Vielleicht klappt es ja zu den Australien Open", gibt sich Polina Leykina auch in dieser Hinsicht zuversichtlich, die seit dem Vorjahr ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegt hat. Unterstützt wird sie von der Tennis-Akademie von Oleg Mannapov und persönlich betreut von Coach Daniel Kruchen. Mit der 2. Damenmannschaft des TC Bredeney Essen gelang ihr in diesem Jahr in der Punkterunde der Titelgewinn in der Regionalliga und damit die Westdeutsche Meisterschaft. Der damit eigentlich vollzogene Aufstieg bleibt dem Team aber verwehrt, weil die 1. Mannschaft bereits in der 1. Bundesliga antritt.

Bleibt die Frage, warum eine in Moskau geborene Spielerin nicht bei dem parallel in der russischen Hauptstadt ausgetragenen Turnier antritt? "Eine gute Frage", kontert sie, "denn ich hatte eigentlich vor, dort zu spielen und auch eine Wildcard beantragt." Dann aber zögerte sich ihr Aufenthalt beim letzten Turnier in Bukarest hinaus und sie fühlte sich nicht gut vorbereitet. So ging es zurück nach Deutschland und über Marl schließlich nach Bildechingen, wo sie sich auch außerhalb des Platzes sehr wohl fühlt: "Ich bin bei einer Gastfamilie sehr herzlich aufgenommen worden. Alle sind hier sehr freundlich." Und Gelegenheit zum Abschalten gibt es auch: Beim Lesen "und löse gerne Puzzles."