Solche Blumenkübel wie hier an der Ecke Luisen- und Waldstraße standen in den 1980er- und 90er-Jahren vielfach in den Bad Dürrheimer Straßen, um die Autofahrer dazu zu bringen, 30 Stundenkilometer zu fahren. Foto: Strohmeier

Als Bad Dürrheim Mitte der 1980er-Jahre zunächst im Kurgebiet und dann im Wasserstein Tempo 30 einführte – später flächendeckend –, hatte die Kurstadt eine Vorreiterrolle. Für ein Landesprojekt könnte sie wieder als Vorbild dienen.

Bad Dürrheim - Mit der Möglichkeit der Einrichtung von Tempo 30-Zonen konnten in den vergangenen 25 Jahren weite Teile des Straßennetzes in den Kommunen verkehrsberuhigt werden, so die Mitteilung aus dem Ministerium von Winfried Hermann. Zwischenzeitlich seien rund 80 bis 90 Prozent der kommunalen Straßen in Deutschland in eine Tempo 30-Zone eingebunden.

Minister Hermann erklärte: "Die Einrichtung von Tempo 30-Zonen ist also keine ideologische Frage, die Notwendigkeit der Verkehrsberuhigung wird seit mehr als zwei Jahrzehnten von allen Landesregierungen in gleichem Maße gesehen." Aber: Diese Tempo 30-Zonen dürfen sich nach der derzeitigen Rechtslage nicht auf Straßen des überörtlichen Verkehrs, also Bundes-, Landes- und Kreisstraßen und weitere Vorfahrtsstraßen, erstrecken.

Hermanns Staatssekretärin Elke Zimmer war kürzlich in Bad Dürrheim und informierte sich bei den Gemeinderäten über die Erfahrungen und den aktuellen Status. Bad Dürrheim gilt in den Augen von Elke Zimmer immer noch als Modellstadt, was die Tempo-30-Zonte anbelangt, und diese habe sich bewährt. Und man könnte wieder als Vorbild dienen für das Projekt "Leiser ist das Ziel". Mit diesem sollen in baden-württembergischen Kommunen die Innenstädte verkehrsberuhigt werden.

Seinerzeit einstimmiger Beschluss

Der Polizist in Ruhestand, Uwe Siefert, bestätigte der Staatssekretärin, dass es in der Folge weniger Unfälle gab. Bei dem Ortstermin wurde daran erinnert, dass es seinerzeit ein einstimmiger Beschluss des Gemeinderats war, da es auch um mehr Sicherheit der Senioren und Kinder ging. Und ein weiteres wurde herausgehoben: Das langsame Fahren und alles, was damit einhergeht, mache eine Stadt lebenswert, zeigten sich die Anwesenden überzeugt.

Wie kam es nun damals dazu? In dem Mitteilungsblatt der Liste für Bürgerbeteiligung und Umweltschutz (LBU), das seinerzeit den Titel "Gesalzene Nachrichten aus Bad Dürrheim" trug, berichtete man im Januar 1986 von einem Meinungsumschwung im Gemeinderat in Sachen Geschwindigkeitsbeschränkung. Die LBU führte dies vor allem auf zwei Unterschriftensammlungen bei den Bürgern zurück. Und man versprach: "Das Thema Verkehrsberuhigung wird auch 1986 ein wichtiger Schwerpunkt für die LBU bleiben." Man zielte vor allem auf die Sicherheit für die Fußgänger und Bürger ab und wollte eine Tempo-30-Zone im ganzen Ort.

Manche Hürde zu überwinden

Allerdings gab und gibt es hier manche Hürde, die bis heute noch nicht ganz überwunden ist – wie man vor allem in den Ortschaften in den vergangenen Jahren erfahren musste. Es gab beispielsweise in Sunthausen einen Vorstoß für eine Tempo 30- beziehungsweise für eine verkehrsberuhigte Zone, da es jedoch ein Durchgangsstraße ist, war das nicht ganz so einfach. Und auch beispielsweise in Biesingen an der Ortseinfahrt gibt es diese zudem in Hochemmingen zumindest auf Höhe des Kindergartens.

In den 1980er-Jahren wurde zunächst im Kurgebiet und im Wasserstein Tempo 30 eingeführt, erst später flächendeckend einhergehend mit der Rechts-vor-Links-Regelung. In den 1980er-Jahren war die Scheffelstraße beispielsweise noch sehr breit, es gab beim Gasthaus Rössle eine Ampel, und auch an der Kirche gab es eine. Dort, wo auf der Friedrichstraße von Schwenningen her kommend bei der Kirche heute die Verkehrsinsel als Querungshilfe steht, war die Linksabbiegespur in die Karlstraße. Man konnte es sich damals nicht ohne Ampel und Verkehrsschilder vorstellen – und dass die Autofahrer sich an 30 Stundenkilometer hielten erst recht nicht.

Optische Verschmälerung der Straße

Aufgestellt wurden zur optischen Verschmälerung der Straße hölzerne, rechteckige Blumenkübel, die manch ein Autofahrer verwünschte, vor allem wenn er aus Unachtsamkeit dagegen fuhr. Wenige Monate nach der Einführung der Tempo 30-Zone fuhren bei einer Polizeikontrolle 45 Prozent, bei der nächsten 40 Prozent aller Autofahrer noch zu schnell – was jedoch von der LBU als Erfolg gewertet wurde, denn im Umkehrschluss hielten sich 55 beziehungsweise 60 Prozent an das Tempolimit. Und schon damals schrieb sich die Vereinigung auf die Fahnen, die 30-Stundenkilometer flächendeckend in der Kernstadt einzuführen – stand aber einer Rechts-vor-Links-Regelung beispielsweise in der Scheffelstraße noch kritisch gegenüber. Diese gibt es mittlerweile seit vielen Jahren, und doch scheint sie vor allem auswärtigen Autofahrern nicht bewusst, denn sie fahren doch öfters eher schnell die gerade Straße entlang.