Stellten den Kalender offiziell vor (von links): Ortsvorsteher Bernd Dosch, Bürgermeister Dietmar Benz, Stadthistoriker Holger Otto und stellvertretender Ortsvorsteher Jannick Obergföll. Foto: Masson

Orschweier feiert 2026 seine erste urkundliche Erwähnung vor 800 Jahren mit einem mehrtägigen Dorffest. In Vorbereitung darauf wurde ein Kalender gestaltet.

Für das im kommenden Jahr anstehende 800-jährige Urkunden-Jubiläum Orschweiers hat eine Arbeitsgruppe die Vorbereitungen längst aufgenommen. Nun wurde in der Böcklin-Stube der Ortsverwaltung auch ein mittlerweile fertiggestellter Bild- Jubiläumskalender mit historischen Fotos aus dem vorigen Jahrhundert vorgestellt. Jeden Monat gibt es demnach einen neuen Foto-Rückblick in längst vergangene Zeiten.

 

Zusammengestellt wurde er vom ehrenamtlichen Mahlberger Ortshistoriker Holger Otto mit gesammelten und zum Teil noch unveröffentlichten Privatfotos. Nun findet sich im Din A3-Querfomat schon auf dem Titelblatt ein gezeichneter Grundriss des damals noch reichsfreien Rittergutes von 1772. Über die Monate verteilt sind dann drei Wohngebäude zu sehen: Die von dereinst Karl Willmann an der noch 1940 ungepflasterten Dorf-Ecke der Haupt- und Feldstraße, der rustikale Santo-Hof an der Sackgasse/s’Gässli von 1930 und das Hauptstraßen-Haus von Albert Burger samt damaliger Metzgerei und Wursterei-Laden darin.

Bilder zeigen alte Gebäude, Brücken und Katastrophen

Weiter zu bestaunen: Das ehemals bis zur 1973 erfolgten Mahlberger Eingemeindung noch selbstständige Orschweierer Rathaus mit nebenstehendem mittlerweile abgerissenem kleinen Gemeindehaus (1996), die St. Andreas-Kapelle auf dem einst tatsächlich noch zu Orschweier gehörendem Mahlberger Friedhof (1940) sowie die alte Reichsbahn-Brücke als Feldstraßen-Überführung (etwa 1920). Die früheren Gasthäuser Pfauen (1930) und Leingruber samt Brauerei (1929) durften ebenso wenig fehlen wie drei alte Fotos vom Jubiläum des Männergesangvereins um 1951 mit Totengedenken am Kriegerdenkmal, girlandenverzierter Hauptstraße und von zwei Kühen gezogenem geschmücktem Festwagen vor dem Bahnhof. Zu sehen ist auch ein Katastrophen-Foto vom 1977 überfluteten SCO-Sportplatz.

Einer der historischen Kalender-Bilder zeigt den Festwagen des Männergesangsverein, der hier im Jahr 151 anlässlich des 75-jährigen Stiftungsfests am Bahnhof fotografiert wurde. Foto: Masson

Ab kommendem Montag kann der sehens- und aufhängenswerte Monatskalender für zehn Euro erworben werden, nämlich im Mahlberger Bürgerbüro und auch bei der Orschweierer Ortsverwaltung zu deren Öffnungszeiten montags und mittwochs.

Kräftig gefeiert wird Orschweiers erste Urkunden-Erwähnung übrigens im kommenden Frühjahr mit einem dreitägigen Fest. Da wird nach derzeitigem Planungsstand am 29. April zum abendlichen Einstieg ein historischer Weg zum dorfzentralen Orschweierer Schlössle begangen und den Donnerstag drauf mit einem Tanz in den Mai samt Liveband und Lichtershow weiter gefeiert. Am 1. Mai soll dann ein ganztägiger Dorfhock organisiert werden, mit unterhaltsamen Auftritten etwa des örtlichen Kindertageseinrichtung und der Mahlberger Grundschule. Diverse Bilderausstellungen sind schon jetzt in Arbeit: „Unser Orschweier“, „Ettenheimer Bähnle“ und „Alte Postkarten aus Orschweier“. Und eines ist auch jetzt schon klar: Einige Orschweierer und Mahlberger Vereine werden dann für ein jubiläumsgerechtes Speisen- und Getränkeangebot sorgen.

Info – Alles begann mit einem Brief des Papsts

Zwar dürfte Orschweier deutlich weit über 1000 Jahre alt und sogar schon zu Kelten- und spätestens Römerzeiten existiert haben. Doch erstmals eindeutig erwähnt wurde es erst 1226 in einer Urkunde vom römischen Papst Honorius III. Mit der wurde nämlich dem damaligen Ettenheimmünsterer Kloster in einem Schutzbrief bestätigt, dass zu seinen Besitztümern auch ein „Holswilre“ zwischen „Herbotsheim“ und „Kippenhein“ gehöre, mitsamt einer Kirche. Noch heute befindet sich die spät wiederentdeckte päpstliche Urkunde in Ettenheim. Vergleichsweise kurz zuvor hatte übrigens der Stauferkaiser Friedrich II. im Jahr 1218 bei einem Besuch auf der Mahlberger Burg nicht nur deren Existenz bestätigt, sondern den kleinen Ort sogar mit dem lukrativem Stadtrecht versehen. Doch zurück ins „Kuhdorf“, wie es früher wegen entsprechend gehaltener Rinder gerne genannt wurde. Nach langer kirchlicher Bischof-Regentschaft geriet Orschweier dann im Mittelalter unter zahlreiche weltliche Herrschaften, so an ein Geschlecht von Maler, die Herren von Brandenstein, um 1791 dann an die Freiherren von Türckheim verkauft und schließlich im Jahr 1806 dem neugegründeten badischen Großherzogtum unter Napoleons Gnaden unterstellt zu werden. Später ließen sich dann ab dem Jahr 1833 hier auch noch die Freiherrenfamilien von Böcklin nieder, sogar in einem damals mitgekauften „Schlössle“ samt überschaubarem grünen Park. Noch in den 1960er-Jahren residierte dort ein letzter von Böcklins als einfacher Bürger und Gesangvereinsmitglied