Vor dem Start der Tarifgespräche in der Chemiebranche lagen die Vorstellungen von Gewerkschaft und Arbeitgebern weit auseinander. Nun gelang schon beim zweiten Treffen auf Bundesebene eine Einigung. Einige Punkte bleiben aber ausgeklammert.
In der ersten großen Flächentarifrunde dieses Jahres gibt es für die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie nur einen vorläufigen Teilabschluss. Die Gewerkschaft IG BCE und der Arbeitgeberverband BAVC einigten sich am Dienstag in Wiesbaden auf eine Einmalzahlung von 1400 Euro je Beschäftigtem. Wegen des Ukraine-Kriegs und der stark gestiegenen Energiepreise sehen beide Seiten darin eine „Brückenlösung“ bis Herbst. Die Gespräche wurden vorläufig ausgesetzt - im Oktober soll dann weiter verhandelt werden.
Die Einmalzahlung von 1400 Euro wird demnach spätestens im Mai fällig und fließt nicht dauerhaft in die Tariftabellen ein. In Unternehmen mit wirtschaftlichen Nöten kann die Zahlung auf 1000 Euro gekürzt werden. Auszubildende sollen laut der Angaben 500 Euro erhalten. Der Kompromiss gilt für 1900 Betriebe mit 580 000 Beschäftigten. Bis Oktober sollen die Entgelttabellen unverändert weiter gelten.
Die IG BCE hatte hier 25 Prozent gefordert
Zudem einigten sich IG BCE und BAVC darauf, die Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtschichten auf einheitlich 20 Prozent festzulegen. Bislang lagen diese bei 15 bzw. 20 Prozent. Die IG BCE hatte hier 25 Prozent gefordert. Darüber hinaus wollen Gewerkschaft und Arbeitgeber die Ausbildung in der Branche stärker fördern, mobile Arbeit tiefer untersuchen, Altersfreizeit flexibler gestalten und die betriebliche Altersvorsorge attraktiver machen.
„Mit der Krisen-Brücke verschaffen wir Unternehmen und Beschäftigten eine dringend benötigte Atempause“, erklärte BAVC-Verhandlungsführer Hans Oberschulte. „Das ist die richtige Antwort auf die maximale Unsicherheit, die wir seit Putins Invasion erleben.“ Er sprach von einer Lösung, die die Interessen beider Seiten berücksichtige.
Krieg in der Ukraine trifft die Branche sehr
„In dieser Zeit großer Unsicherheit für Beschäftigte wie Unternehmen mussten wir eine Lösung finden, die Inflationslinderung mit Beschäftigungssicherung verbindet“, sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis. Die Beschäftigten würden sofort entlastet. „Unser Ziel bleibt die dauerhafte Steigerung der Entgelte noch in diesem Jahr.“
Ursprünglich hatte die IG BCE einen Lohnzuwachs oberhalb der Inflation verlangt. Seither sind die Verbraucherpreise in Deutschland aber rasant geklettert, im März lag die Inflationsrate bei 7,3 Prozent. Der Krieg in der Ukraine sowie die stark gestiegenen Energiepreise treffen die Chemie- und Pharmabranche besonders. Zudem ist die Angst vor einem Stopp russischer Öl- und Gaslieferungen groß.