Die Wilhelmschule (Archivbild) ist Schauplatz eines besonderen Krimis – der Technikraum ist abhanden gekommen. Foto: Bechtle

Böse Überraschung nach den Sommerferien: Urplötzlich war der Technikraum der Wilhelmschule verschwunden. Die Eltern wehren sich gegen diesen Verlust. Was sagt die Stadt?

Gab es einen Diebstahl in der Bad Wildbader Wilhelmschule? Das könnte man zumindest vermuten, wenn man den Brief liest, den der Elternsprechervorsitzende Florian Munde an unsere Redaktion geschickt hat. „Hilfe, der Naturparkschule wurde der Werkraum gestohlen“, heißt es da in großen Lettern als Überschrift. Die Rede ist vom „Tatort Wilhelmschule“, in dem der „Werkraum plötzlich verschwunden“ sei – und „Eltern und Lehrer fassungslos“ zurücklasse.

 

„Ein Krimi aus der Schulwelt“ spiele sich dort ab. In dem Schreiben, das Munde im Namen der Elternsprecher verschickt hat, heißt es weiter: „Manchmal schreibt das Schulleben die besten Krimis. Tatort: Unsere Naturpark- und Grundschule Wilhelmschule. Opfer: der Werkraum. Täter: die Stadtverwaltung.“

Der große Raumtausch in der Schule

Der ganze Vorgang wird in dem Brief als „Der große Raumtausch“ beschrieben: „Eines Morgens in den Sommerferien war er einfach weg – der Werkraum. Statt Späne, Sägegeruch und Schraubzwingen zu Schulbeginn gibt es jetzt Flötentöne und Geigenklänge.“ Die Stadtverwaltung habe den Raum leergeräumt und die Musikschule den Raum übernommen. „Die Wilhelmschule bekam dafür „großzügig“ ihren eigenen Musikraum, den man sich bisher mit der Musikschule teilte“, heißt es weiter. Das sei ein Tauschgeschäft, das ein bisschen an den Tausch von Fußballbildchen erinnere: „Ich geb dir Ronaldo, du kriegst einen Torwart aus der Kreisliga.“ Besonders pikant sei dabei, so schreibt Munde weiter: „Die Schule trägt stolz den Titel Naturparkschule. Das bedeutet normalerweise bauen, werkeln, Nistkästen schreinern, Insektenhotels basteln. Jetzt bleibt davon vor allem eins übrig – das Wort ‚Natur‘.“ Ohne Werkraum sei Werken „ungefähr so einfach wie Gärtnern ohne Garten“.

Bildungsplan als Ausrede?

Bei dieser Entscheidung vonseiten des Schulträgers, also der Bad Wildbader Stadtverwaltung, müsse der Bildungsplan als Ausrede herhalten. Auf Nachfrage Mundes habe es geheißen: „Werken in einem Werkraum ist laut Bildungsplan für eine Grundschule nicht verpflichtend.“ Darauf kontert er sarkastisch mit weiteren Vorschlägen: „Dann schaffen wir doch am besten auch gleich die Turnhalle ab – schließlich kann man ja auch im Klassenzimmer Hampelmänner machen. Und Tafeln? Überbewertet. Kinder können schließlich auch im Sand malen.“

Die Kinder der Wilhelmschule beschäftigen sich gerne mit der Natur, wie hier bei der Rezertifizierung als Naturparkschule 2023 (Archivbild) Foto: Heinz Ziegelbauer

Der Elternbeirat sei in „Alarmbereitschaft“ und spreche von einem „kuriosen Raub im helllichten Schulalltag“. Laut Schulgesetz Baden-Württemberg hätte die Schulkonferenz nach Meinung der Elternvertreter „mindestens angehört werden müssen“. Stattdessen habe es eine „heimliche Umwidmung“ gegeben – ohne Rücksprache mit der Schulleitung in den Ferien.

Schule ohne Werkraum – pädagogisch wertlos

Die Werkbänke, Schraubstöcke und Werkzeuge fristeten nun ein trauriges Dasein im Nirgendwo: „Ein Hammer ohne Nägel, eine Säge ohne Holz – pädagogisch wertlos“, schreibt Munde weiter.

Deshalb hätten Eltern und Schulleitung eine Stellungnahme verfasst „und fordern eine Lösung“. Vielleicht einfach den Werkraum zurück – oder wenigstens einen Ersatzraum. Denn eine Naturparkschule ohne Werkraum sei wie eine Bäckerei ohne Backofen: „Man kann zwar so tun, als ob – aber das Ergebnis bleibt roh.“

Lösung finden für Schule

Ob es zu einer Lösung kommt, scheint eher fraglich. Munde sprach das Thema auch in der Bürgerfragestunde der jüngsten Gemeinderatssitzung an. Daraufhin erwiderte Bürgermeister Marco Gauger, dass die Verwaltung in Kontakt mit der Schule sei. Es müssten wohl noch einige Fragen beantwortet werden, man wolle aber eine Lösung finden. Schulleiter Christian Meyer konnte auf Anfrage unserer Redaktion „keine neuen Entwicklungen“ vermelden. Es stehe ein Gespräch mit dem Schulträger aus, teilte er weiter mit.

Und was sagt die Verwaltung zu dem Thema? Die hält sich eher bedeckt. In einer Anfrage wollte unsere Redaktion wissen: „Könnten Sie mir die Angelegenheit aus Sicht der Stadt erklären, auch wie der Ablauf war? Warum wurde der Technikraum geschlossen beziehungsweise jetzt anderweitig verwendet? Hätte die Schulkonferenz informiert werden müssen? Wie steht die Schulleitung dazu?“.

Keine Auskunft von der Verwaltung

Darauf wollte Gauger zunächst nicht antworten. Trotz der konkreten Anfrage teilte er lediglich mit: „Ein Schreiben, das der Presse vorliegt und der Verwaltung nicht bekannt ist, können wir nicht kommentieren.“ Es fehle der „objektive Hintergrund, wenn der Presse ein Schreiben vorliegt, aus dem Sie mir nur Fragmente nennen können“.

Nachdem er den Inhalt des Briefes kannte, gab er folgendes Statement ab: „Die Zuordnung der beiden Räume für die Nutzung durch die Grundschule und durch die Jugendmusikschule ist ein Teil der empfohlenen Maßnahmen aus dem Schulentwicklungsplan. Dieser ist allen Schulleitungen bekannt und baut auf Erhebungen und Gesprächen vor Ort auf. Mit der alleinigen Nutzung des Musiksaals wird der Grundschule ein großer Raum zugeordnet, der für die eigenen Zwecke flexibel nutzbar ist. Damit einhergehend konnte endlich auch der Boden renoviert werden, was seitens der Schule seit Jahren gewünscht wurde.“

Den Eltern bleibt laut Mundes Schreiben nur noch „Hoffnung und Galgenhumor“. Es bleibe „nur zu hoffen, dass die Kinder beim nächsten Werkprojekt nicht mit der Blockflöte versuchen müssen, einen Nagel in die Wand zu klopfen“.