Der Eugen-Denneler-Brunnen auf der Wangener Höhe spendet keinen Tropfen Wasser mehr. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Sommer ist heiß, Trinkwasserbrunnen verschaffen da willkommene Abkühlung. Wenn sie denn laufen. Wegen Verhandlungen zwischen der Stadt und der EnBW sind manche außer Betrieb. Viele Bürger fordern eine Einigung.

Stuttgart - Martin Dolde fasst den Ärger kurz und knapp zusammen: „Die Wangener gehen auf die Barrikaden.“ Der Grund, warum sich der Ortschronist und zahlreiche Nutzer der Wangener Höhe aufregen, ist fehlendes Wasser. Denn die drei historischen Brunnen im Naherholungsgebiet sind seit Jahresbeginn trocken. Aus dem beliebten Eugen-Denneler-Brunnen etwa fließt kein Trinkwasser mehr. „Die Gründe dafür liegen nicht im technischen, sondern im politischen Bereich“, vermutet Dolde. Die Stadt Stuttgart streite mit der EnBW darüber, wer die Kosten für diese Brunnen zu tragen habe. Die EnBW habe deshalb kurzerhand die Wasserhähne entfernt und durch Stopfen ersetzt. „Das ist reine Erpressung. Hier wird der Ärger der Bevölkerung provoziert und als Druckmittel gegenüber der Stadt eingesetzt“, glaubt Dolde.

„Wenn alle Brünnlein fließen“ heißt es im alten Volkslied. Für Stuttgart gilt das allerdings seit diesem Frühjahr nicht mehr. Rund 250 öffentliche Brunnen gibt es in der Stadt. Sie gehören der Stadt, dem Land oder eben der EnBW-Tochter Netze BW. 100 davon sind Trinkwasserbrunnen oder -säulen. 26 werden von der Netze BW betrieben. Abgestellt sind derzeit 15 – die auf Grundstücken der Stadt. „Die Gespräche mit der Stadt über eine Übernahme der laufen schon seit geraumer Zeit“, sagt ein Sprecher der Netze BW dazu. Deswegen habe man die betroffenen 15 Brunnen im vergangenen Frühjahr nicht in Betrieb genommen. Auch ein Hinweis der Landeskartellbehörde müsse derzeit geprüft werden, inwieweit die Netze BW konzessionsrechtlich solche Leistungen in Stuttgart überhaupt erbringen dürfe.

3000 Euro pro Jahr und Brunnen

Die Gespräche ziehen sich tatsächlich seit Monaten in die Länge. „Unsere Brunnen treiben die Leute um, sie sind ein Stück Lebensqualität. Deshalb würden wir die bisherigen Brunnen der Netze BW schon übernehmen“, sagt Jürgen Mutz vom Tiefbauamt. Er spricht dabei von etwa einem Dutzend, die gut öffentlich zugänglich sind. Allerdings brauche man die nötigen Finanzmittel dafür. Die müsse der Gemeinderat bei den nächsten Haushaltsberatungen bereitstellen. Mutz geht davon aus, dass ein Brunnen 3000 Euro im Jahr kostet. Das Wasser macht dabei den kleinsten Teil aus. Teurer sind Abwassergebühren, Reparaturen, Reinigung und Wasserproben. Bei einem Dutzend zusätzlicher Brunnen redet man also von etwa 36 000 Euro jährlich. „Das läppert sich“, sagt Mutz. Zumal bei den Anlagen der Netze BW auch die eine oder andere Sanierung zusätzlich nötig sein könnte.

Die Grünen-Fraktion im Gemeinderat will die Situation so nicht länger hinnehmen. In einem Antrag fordert sie die Stadtverwaltung auf, über den Stand der Gespräche mit der Netze BW zu informieren und Möglichkeiten zu finden, alle Brunnen kurzfristig noch in diesem Sommer in Betrieb zu nehmen. Zu den drei Brunnen auf der Wangener Höhe etwa heißt es: „Sie liegen am Rössle-Rundwanderweg und sind auf der Wanderkarte als Trinkwasserbrunnen verzeichnet.“ Gerade bei Hitze seien sie wichtig für Schulklassen, Wandergruppen, Touristen, Radfahrer und Jogger. Von der Wangener Höhe hört man inzwischen, dass viele Hundehalter, die dort unterwegs sind, bei Gartenbesitzern um Wasser nachfragen, weil es an den Brunnen nicht mehr fließt.

Protestaktion geplant

In Wangen nimmt die Entwicklung inzwischen einen ganz eigenen Lauf. Dort kündigen Bürger eine öffentliche Protestveranstaltung am nächsten Samstag um 10 Uhr am Genossenschaftsbrünnele an, falls das Wasser der drei Brunnen nicht bis Freitag wieder läuft. Plakate sind am Montag bereits aufgehängt worden. „Wir würden uns sehr freuen, wenn stattdessen sowohl bei der Stadt als auch bei der Netze BW die Vernunft siegen würde“, schreibt Dolde an die Beteiligten. Er bietet dabei sogar an, aus eigener Tasche Geld zuzuschießen. Falls es dennoch nicht gelingen sollte, eine Lösung zu finden, bleibt für ihn nur ein Schluss: „Dann sollte sich hier niemand mehr über die Schildbürger lustig machen.“

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es aber: Laut Netze BW suche man gemeinsam mit der Stadt nach einer „Interimslösung“ noch für diesen Sommer.