Die Metalltarifrunde nimmt Fahrt auf – auch bei Porsche: Gesamtbetriebsratschef Harald Buck betont, dass die Probleme des Sportwagenherstellers die Mobilisierung nicht bremsen können. Dennoch wird die Stimmung der Belegschaft nachhaltig getrübt.
Die Stimmung in der Automobilindustrie verdüstert sich – keine guten Vorzeichen für die IG Metall in der Tarifrunde, die an diesem Dienstag beim zweiten Treffen fortgesetzt wird. Doch den Verdacht, dass sich die Belegschaften der Automobilhersteller im Tarifkonflikt zurückhalten könnten, weist Porsche-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Harald Buck klar zurück.
„Wir gehen weiterhin voran“, kündigt er gegenüber unserer Zeitung an. „Wir müssen zeigen, dass wir noch da sind und unsere Leute aktivieren – das machen wir bei jeder Tarifrunde.“ Schon die Verhandlungen am Dienstag in Ludwigsburg werden zusammen mit Beschäftigten anderer Großbetriebe demonstrativ begleitet. Flagge zu zeigen, sei auch die Erwartungshaltung in der Porsche-Belegschaft. „Unsere ,Kampftruppen’ in der Produktion stehen hinter uns“, sagt Buck. „Unsere Planungen stehen.“
„Die Tarifabschlüsse waren immer für alle tragbar“
Die Arbeitgeberseite stelle sich zwar strikt auf den Standpunkt, dass es derzeit nichts zu verteilen gebe. Doch sei die IG Metall mit der Sieben-Prozent-Forderung schon moderat reingegangen; angesichts der Inflationsentwicklung seit dem vorigen Tarifabschluss von November 2022 sei die Forderung „auch berechtigt“. Letztlich habe die Gewerkschaft immer gute Kompromisse hinbekommen – auch in der Corona-Pandemie. Unternehmen, denen es wirklich schlecht gehe, würden stets Auswege ermöglicht. Die Tarifabschlüsse „waren immer für alle tragbar und haben unserer Industrie noch nie geschadet“, versichert der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. „Lohnzurückhaltung hat noch nie Arbeitsplätze geschaffen.“
Noch scheint die Kampfeslust nicht so einschneidend von Hiobsbotschaften getrübt zu werden, dass auf eine starke Mobilisierung verzichtet wird. Beispielsweise wird das vollelektrische Flaggschiff Taycan seit den Werksferien nur noch im Einschichtbetrieb in Zuffenhausen gebaut – trotz einer aktuellen Produktaufwertung. Auch hat Porsche gerade rückläufige Verkaufszahlen für 2024 bekannt gemacht. In China war von Januar bis September ein Einbruch von 29 Prozent gegenüber 2023 zu verzeichnen, weil Luxusgüter gerade schwer verkäuflich sind.
Schon rund 1000 befristet beschäftigte Mitarbeiter gegangen
Stärker gedrückt wird die Stimmung der Porsche-Belegschaft durch den Umgang mit den befristeten Verträgen. Bis jetzt mussten schon rund 1000 befristet beschäftigte Mitarbeiter gehen. Buck zufolge werden noch mal so viele Verträge auslaufen. „Ich gehe davon aus, dass über den Sommer nächsten Jahres hinaus keine ,Befristeten’ mehr in der Produktion beschäftigt werden können.“
Laut Gesetz darf eine sachgrundlose Befristung die Höchstdauer von 24 Monaten nicht überschreiten. Während der Pandemie wurde diese Frist in einem Ergänzungstarifvertrag mit der IG Metall auf 48 Monate für die Produktion verlängert. Dieser Vertrag läuft im Juli 2025 aus. Außerdem wurden seit Sommer 2023 keine befristet Beschäftigten in der Produktion mehr eingestellt.
Im Sommer 2025 keine „Befristeten“ mehr
Noch von 2021 bis 2023 wurden allein in der Produktion insgesamt rund 1350 befristete Mitarbeiter unbefristet übernommen und binnen zehn Jahren mehr als 5500. Dieser Weg ist dem Betriebsrat in der aktuell schwierigen Lage verbaut. Und weil bei Porsche in der Produktion generell keine Leiharbeiter tätig sind, dürften vom nächsten Sommer an im Prinzip nur noch reguläre Beschäftigte an Bord sein. Die vom Auslaufen der Befristungen betroffenen Kräfte bekommen drei Monate vor Ablauf des Vertrags einen Hinweis vom Arbeitgeber, dass sie sich bei der Agentur für Arbeit melden sollen.
Zur gedämpften Gemütslage trägt auch die Krise bei Volkswagen bei – und die Drohung von Vorstandschef Oliver Blume, Standorte zu schließen. Für VW wird nun ein neuer Haustarifvertrag ausgehandelt. Der Konflikt in Wolfsburg wird natürlich auch in Zuffenhausen und Weissach genau verfolgt. Dass er direkt auf Porsche überschwappt und auch hier harte Einschnitte auslöst, erscheint unwahrscheinlich. „Wir haben ja eine SOS“, sagt Buck und meint die Standortsicherung. Diese bis Juli 2030 geltende Vereinbarung „wird nicht gekündigt“.
Samstagarbeit die große Ausnahme
Die Absatzprobleme könnten in dieser Tarifrunde noch einen besonderen Effekt haben: In der Vergangenheit hat die Belegschaft wegen der großen Nachfrage an vielen Samstagen gearbeitet – da war das Management der Ansicht, sich keine Produktionsausfälle leisten zu können und hat zu einem möglichst zügigen (und damit relativ teuren) Tarifabschluss gedrängt. Nun aber ist Samstagarbeit bei Porsche die große Ausnahme geworden – und der Druck ist aus Vorstandssicht womöglich nicht mehr so hoch, auf die Verhandlungen Einfluss zu nehmen.