In dem Gebäude Talstraße 16 und 18, das aktuell der Stadt gehört, will die Unternehmensgruppe Burchard Führer ein ambulant betreutes Wohnangebot für Menschen mit seelischer Behinderung schaffen. Foto: Helen Moser

Eine Perspektive für Menschen mit seelischer Behinderung soll in der St. Georgener Talstraße geschaffen werden. Der Bedarf ist da, war man sich in der jüngsten Gemeinderatssitzung einig. Doch wie sieht ein solches Angebot eigentlich aus?

Schön anzusehen sind die beiden baugleichen Gebäude in der Talstraße 16 und 18 wahrlich nicht. Eines der Gebäude steht aufgrund erheblicher baulicher Missstände leer, das andere wird, nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Wohnungen saniert wurden, derzeit überwiegend für die Unterbringung Obdachloser genutzt.

Das könnte sich bald ändern: Die Stadtverwaltung ist in Verhandlungen mit der Unternehmensgruppe Burchard Führer aus Dessau in Sachsen-Anhalt, welche am Kauf der Gebäude interessiert ist, um hier betreutes Wohnen für Menschen mit seelischer Behinderung anzubieten. Das Unternehmen betreut in anderen Landkreisen bereits vergleichbare Einrichtungen.

Sozialamt trägt die Kosten

„Wir suchen schon länger nach einer Lösung für Menschen, die aus der Bahn geworfen worden sind“, erklärte Markus Esterle, Leiter des städtischen Amts für Ordnung, Bildung und Soziales in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Im vergangenen Jahr hatten Gespräch mit der Sozialraumplanung des Landratsamts stattgefunden. „Den Bedarf in St. Georgen hat das Sozialamt festgestellt“, berichtete Esterle. „Es werden zum Beispiel Suchtkranke aus der Therapie entlassen oder es gibt Obdachlose, die sich selbst überlassen sind“, wird in der Sitzungsvorlage konkretisiert.

Das Landratsamt hat bereits zugesagt, die Kosten der Maßnahmen im Rahmen der Betreuung zu übernehmen. Als Träger der Einrichtung kommt die Unternehmensgruppe Burchard Führer infrage, deren Mitarbeiter Tobias Milles und Johannes Armbruster das Konzept vorstellten.

Angebot umfasst große Spanne

Das ambulant begleitete Wohnangebot soll Betroffenen die Möglichkeit bieten, „sich mit dem Lebensalltag neu vertraut zu machen“, geht aus der Sitzungsvorlage hervor. Im Fokus des Angebots steht ein Strukturgewinn. Ein beispielhafter Wochenplan umfasst Elemente vom Einzelgespräch über die Yoga-Stunde bis hin zu Hilfe bei Behördengang, Einkauf oder Arztbesuch.

Teilhabe steht im Fokus

Wichtig ist, betonte Milles, die Teilhabe der Bewohner am gesellschaftlichen Leben. Die Mieter sollen ihr Leben – mit Unterstützung des Teams – größtenteils selbstständig organisieren. Wie lange sie im betreuten Wohnen bleiben können, sei schwer zu sagen, erklärte Milles auf Nachfrage. Grundsätzlich ist ein Antrag beim Sozialamt des Landkreises notwendig – diese werden Milles zufolge heutzutage meist für sechs oder zwölf Monate bewilligt. „Früher waren die Zeiträume mit meist zwei bis drei Jahren deutlich länger.“

Falls es zum Verkauf der Gebäude an die Unternehmensgruppe Burchard Führer kommt, werden diese zuerst saniert. In welchem Umfang genau gilt es noch festzulegen – bauliche Veränderungen sind nicht vorgesehen, wohl aber eine Aufwertung des Hauses innen und außen, stellte Milles in Aussicht.

Seelische Behinderung

Begriff
Was unter seelischer Behinderung zu verstehen ist, geht aus dem Gesetz hervor. Dabei ist die Teilhabe einer Person an der Gesellschaft wegen Symptomen einer psychischen Störung oder deren Folgen wie etwa Arbeitslosigkeit, Verlust von Wohlstand und sozialen Kontakten dauerhaft und schwer beeinträchtigt.