An der Talkrunde zum Thema „Quo vadis Ehrenamt?“ nahmen prominente Sportlerinnen, Sportler und Vorstandsmitglieder teil (von links): Mehmet Yilmaz, Martin Schmitt, Alexander Wehrle, Verena Bentele, Matthias Schöck und Jens Zimmermann. Foto: Lothar Schwark

„Quo vadis Ehrenamt? Die große Herausforderung für die Vereine“ lautete das Thema einer Talkrunde, zu der der SV Mitteltal-Obertal aus Anlass seines 100+2-jährigen Bestehens und der Einweihung des neuen Kunstrasen-Platzes eingeladen hatte.

Die Talkrunde war prominent besetzt mit Verena Bentele, Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbunds (OSB) und Präsidentin des VdK Deutschland, Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart, Martin Schmitt, Olympiasieger und Weltmeister im Skispringen, sowie Matthias Schöck, Präsident des Württembergischen Fußballverbands.

Als Kenner der Szene moderierte Jens Zimmermann den Talk. Was er nicht wusste: Zum Ende der spannenden Talkrunde wurde er vom SV Mitteltal-Obertal zum Ehrenmitglied ernannt.

Interessiert verfolgte auch Landtagsabgeordnete Katrin Schindele (CDU) den Talk. Ebenso vor Ort war das deutsche Nationalteam, das 2003 an der vielbeachteten Para-Ski-Nordisch-WM in Mitteltal und Obertal teilgenommen hatte. Das Hallo war groß, als sich die Sportler nach langen Jahren wieder in gemütlicher Runde trafen. Für den Behindertensport sei diese Weltmeisterschaft ein Meilenstein gewesen, erklärte Zimmermann.

In der Diskussion wurde deutlich, dass rund die Hälfte der Vereine über einen Rückgang des Ehrenamts klage. Für 15 Prozent der Vereine sei das sogar existenzgefährdend. Aufgezeigt wurden auch Grenzen im Ehrenamt. Neben seinem Amt als Bürgermeister in Hildrizhausen leistet Schöck zum Beispiel in der Woche um die 15 ehrenamtliche Stunden. Viel mehr dürfe es nicht geben, damit die Familie nicht zu kurz komme.

Ehrenamt immer die Basis

Die Kultur zwischen Haupt- und Ehrenamt zeigte Wehrle auf. Der VfB Stuttgart habe aktuell rund 85 000 Mitglieder. Wie gut das Ehrenamt im SV Mitteltal-Obertal funktioniert, schilderte Schmitt am Beispiel von Silbermedaillen-Gewinner Jens Gaiser, der die Jugend trainiert. Die Basis des Erfolgs sei immer das Ehrenamt, betonte Schmitt. Wichtig sei auch die Unterstützung der Eltern.

Bentele resümierte, dass heute viele keine Verbindlichkeiten mehr eingehen wollten. Die Pandemie habe die Vereine viele Mitglieder gekostet. Derzeit werde es in der Regel immer schwieriger, neue Ehrenamtliche für Training und Betreuung der Sportler zu finden. Eine Möglichkeit wäre es, wenn Schulen den Schülern ein Praktikum in Vereinen ermöglichten. Wichtig sei, Verantwortung und Vertrauen zu übertragen und Jugendliche auch mal Fehler machen zu lassen. Um Wertschätzung und Respekt ging es beim Thema Ehrungen. Geld sei im Ehrenamt nicht das Entscheidende. Der Spaß am Amt werde aber oft mit Hindernissen in Form von Verordnungen gebremst, sagte Bentele.

Große Überraschung

Nach rund einstündigem Talk gab es die große Überraschung. Unter anhaltendem Applaus ernannte Vorsitzender Mehmet Yilmaz Jens Zimmermann zum Ehrenmitglied. Die Verdienste Zimmermanns zeigte Ehrenvorsitzender Erich Uihlein auf. So war Zimmermann schon vor 20 Jahren für die Planung, Organisation und Umsetzung der WM tätig. Bis zu 6000 Zuschauer begleitete er damals als Stadionsprecher. Das Buch „100 Jahre SV Mitteltal-Obertal“ trägt ebenfalls seine Handschrift. Auch aus der Ferne verfolge er die Aktivitäten im Verein und unterstütze diesen tatkräftig.

Nahezu zu Tränen gerührt dankte Zimmermann dem ehemaligen Bundestrainer Rolf Hettich, der damals das Para-Ski-Nordisch-Team betreute. Auf seine Bitte hin im Jahr 1993 hatte Zimmermann 13 Jahre lang das Amt als Pressesprecher bei den gehandicapten Sportlern übernommen. Das habe auch seinen späteren beruflichen Lebensweg eröffnet.