Tanja Gebhard war bei Stern TV zu Gast. Das Foto zeigt sie vor dem Stern TV-Studio. Foto: Gebhard

Gehen Menschen wegen der Bürgergeld-Erhöhung nicht mehr arbeiten? Tanja Gebhard aus Talheim hat das mit Politikern und Handwerkern bei Stern TV diskutiert. Ihr Fazit zum Fernseher-Auftritt: „Das war etwas ganz Besonderes.“

Wer möchte nicht dem früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg begegnen und die Bundestagsabgeordnete Katja Mast (SPD) nach Horb einladen? Tanja Gebhard, kaufmännische Leiterin einer Gebäudereinigung, hatte bei einem Auftritt bei Stern TV die Gelegenheit, wo sie an einer Gesprächsrunde rund um das Thema Bürgergeld teilnahm.

Interview in der Zeitung

Kürzlich hatte in der Firma ein Ehepaar mit zwei Kindern einen Arbeitsvertrag für 39 sowie 35 Wochenstunden abgelehnt. Der Grund: das Bürger- und Kindergeld.

Doch wie kommt man von Horb-Talheim in das große Fernsehstudio nach Köln?

„Angefangen hat das mit einer verbandsinternen Umfrage“, erklärt Gebhard, die in verschiedenen Gremien der Landes- und Bundesinnung des Gebäudereiniger-Handwerks aktiv ist. Als der Tagesspiegel nach Beispielen aus der Praxis nachfragte, gab sie der Zeitung ein Interview.

Film und Einladung

„Dann rief Stern TV an und fragte, ob sie in drei Tagen bei uns drehen könnten“, erläuterte Gebhard. In den kurzen Filmsequenzen kamen sowohl sie als auch zwei ihrer Mitarbeiter zu Wort.

Dann die nächste Überraschung. „Am Freitag kam die Anfrage, ob ich am Montag ins Fernsehstudio kommen kann“, erinnert sie sich. Am Sonntag feierte sie noch mit ihren Angestellten und deren Familien das 55-jährige Bestehen der Firma, am Montag setzte Gebhard sich in den Zug nach Köln.

Aufregung ist vergessen

Die Studioatmosphäre sei sehr eindrucksvoll, sie wurde rund um versorgt, erinnert sich Gebhard. „Welche Frau wünscht sich nicht einmal, in der Maske zu sitzen?“, schwärmt sie im Nachhinein. Nach der Verkabelung mit dem Mikrofon erfolgte noch ein kurzes Vorgespräch mit dem Moderator Steffen Hallaschka.

„Ich war schon sehr nervös“, gesteht sie rückblickend. Doch in der familiären Gesprächsrunde, in der neben Moderator Steffen Hallaschka auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast und ein Dachdeckermeister aus Nordrhein-Westfalen saßen, war die Aufregung schnell vergessen.

Politikerin kommt nach Horb

„Ich fand es schön, dass sie sich auch hinter der Bühne Zeit für ein Gespräch genommen und sich über die Situation der Branche informiert hat“, sagt Gebhard mit Blick auf die Abgeordnete. Hinter der Bühne sei ihr auch Guttenberg entgegengekommen, der ihr ein anerkennendes Lob für die Talkrunde ausgesprochen habe.

Das Treffen mit Mast hat darüber hinaus noch weitere Folgen. „Ich habe sie zu uns in den Betrieb nach Horb eingeladen, um das Thema noch weiter zu diskutieren“, so Gebhard. Vielleicht komme der Termin in Talheim schon im Februar zustande.

Mindestlohn höher als Bürgergeld

Für sie sei das Bürgergeld eine extrem wichtige Sache, da es Menschen helfe, die nicht arbeiten könnten. Doch befürchtet sie, dass die Erhöhung zu Jahresanfang um zwölf Prozent manchen bewege, zuhause zu bleiben.

„Ein Paar mit zwei Kindern hat Anspruch auf 3124 Euro“, führt Hallaschka in der Sendung an. Mast hält hingegen fest, dass Vollzeitarbeitende bei Mindestlohn stets 450 oder sogar 650 Euro mehr verdienten, als wenn sie Bürgergeld bezögen.

Tariflohn ab 13,50 Euro

Und wenn man sich nicht an die Vereinbarungen mit der Arbeitsagentur halte, könnten auch weiterhin 30 Prozent der Bürgergeld-Leistungen gestrichen werden, ruft sie in Erinnerung.

„2022 lag die Inflation bei sechs Prozent, die Erhöhung des Bürgergeldes aber nur bei 0,5 Prozent“, zieht die Politikerin einen Vergleich. Was es brauche, seien flächendeckende Tariflöhne. In der Reinigungsbranche wird die unterste Tarifstufe ab Januar auf 13,50 Euro angehoben und liegt somit 1,09 Euro über dem gesetzlichen Mindestlohn.

Billigstes Angebot gewinnt

Eine übertarifliche Bezahlung sieht die kaufmännische Leiterin kritisch. „Wenn wir höhere Lohnkosten als die anderen Unternehmen haben, sind wir nicht mehr konkurrenzfähig“, erläutert sie. Denn bei Ausschreibungen gelte oftmals das wirtschaftliche Prinzip – also das kostengünstigste Angebot.

Nichtsdestotrotz sagt sie zu dem TV-Auftritt: „Das war etwas ganz Besonderes, wozu ich wohl nicht mehr so schnell die Gelegenheit bekomme.“

Ungleichheit in Deutschland

Reichtum
Anfang der 1990er-Jahre war das durchschnittliche Vermögen der reichsten zehn Prozent 50-mal höher als das der ärmeren Hälfte, inzwischen ist es das 100-fache. (Quelle: ZDF)

Bürgergeld
Im Januar 2023 wurde das Arbeitslosengeld II, das auch unter dem Namen Hartz IV bekannt ist, durch das Bürgergeld abgelöst. Das Bürgergeld liegt seit Januar 2023 bei einem Regelsatz von 502 Euro, damit erhöht sich die Auszahlung dieser Sozialleistung um rund 11,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr (Quelle: Statista).