Poserspuren neben der Talgangstraße zeigen: Da toben sich testosterongesteuerte Fahrer aus. Foto: Stadt Albstadt

Der Albstädter Gemeinderat hat am Donnerstag mit großer Mehrheit beschlossen, die sogenannte Talgangstraße auf dem linken Schmiechaufer zwischen Truchtelfingen in Ebingen in eine Fahrradstraße umzuwandeln. Zur Minderheit, die dagegen votierte, zählte der OB.

Albstadt-Ebingen/-Truchtelfingen - Zur Präzisierung: Die "Talgangstraße", um die es in der Debatte ging, trägt nur in ihrem nördlichen Teil diesen Namen, südlich der Tennishalle heißt sie bereits Schmiechastraße. Die Ausweisung als "Fahrradstraße" betrifft die gesamte Strecke zwischen Mazmann und Truchtelfinger Ortsbeginn und war bereits 2015 mit der Annahme der Albstädter Radverkehrskonzeption durch den Gemeinderat kodifiziert worden.

Allerdings blieb sie umstritten – weshalb, das hatte Oberbürgermeister Klaus Konzelmann gleich zum Auftakt der Debatte dargelegt: Der Beschluss, den seine Verwaltung entgegen seinem Urteil da vorschlage, sei ein Schildbürgerstreich, weil die Talgangstraße die einzige Ausweichstrecke zur Landesstraße 360, der eigentlichen Talgangmagistrale, darstelle – schließe man sie für den Autoverkehr, dann seien im Fall eines schweren Unfalls auf der Hauptstrecke Staus bis zur Bundesstraße 463 respektive bis nach Onstmettingen vorprogrammiert.

Das sahen seine Verkehrsplanerin und die große Mehrheit der Gemeinderäte anders. Jana Rödder, zuständige Frau im Stadtplanungsamt, hatte in ihrem der Debatte vorausgehenden Kurzvortrag auf die Möglichkeit verwiesen, im Notfall die beiden Sperrpfosten, die auf Höhe der Tennishalle errichtet werden sollen, kurzfristig zu entfernen und die Straße wieder für den Fahrzeugverkehr freizugeben. Dies müsse aber die absolute Ausnahme bleiben.

Weshalb? Weil es keine andere befriedigende Option für eine funktionstüchtige Fahrradstrecke zwischen Ebingen und Truchtelfingen gebe. Der Weg an der L 360 sei ein Alibi, die Talgangmagistrale belastet durch Parkplätze, Bushaltestellen, Hauseingänge, Querungen. Der Weg rechts der Schmiecha? Zu schmal, zu unsicher, zu kostspielig und dazu noch hochwassergefährdet.

Ein Fall für ganz andere Verkehrsmittel

Die Talgangbahntrasse? Ein Fall für ganz andere Verkehrsmittel als das Fahrrad, selbst wenn die Bahn nicht reaktiviert werden sollte. Rödders Fazit: Es bleibe nur die Talgangstraße, die sich ohne großen Aufwand sperren lasse – wie gesagt, zwei Pfosten genügten.

Aber muss das sein? Ist denn keine friedliche Koexistenz zwischen Rad- und Autofahrern denkbar? Laut den Ergebnissen einer städtischen Verkehrserhebung in der ersten Märzwoche offenbar nicht: Im Schnitt nutzten täglich 817 Autofahrer die Straße, und von denen hielten sich 68 Prozent nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 Stundenkilometern im Süden und 50 im Norden – kein Wunder, dass sich nur plus minus 62 Radfahrer pro Tag auf die Straße wagten. Sie mussten sie sich zur Stoßzeit mit ungeduldigen Autofahrern teilen, die es eilig zur Arbeit oder nach Hause haben – und später am Abend vor testosterongesteuerten Posern auf der Hut sein: Die höchste gemessene Überschreitung des Tempolimits betrug 147 Stundenkilometer!

Unter diesen Umständen war der Fall für die meisten Gemeinderäte klar. Siegfried Schott (Freie Wähler) erklärte, angesichts dieser Verkehrsstatistik stünden einem die Haare zu Berge. Thilo Frizenschaf (WSA) machte sich für eine "Radstadt" stark, die nicht nur für Sportler da sei, und bezeichnete das bestehende Radwegenetz als "Flickenteppich". Susanne Feil (Grüne) schließlich zitierte den Schwarzwälder Boten: Verkehrspolitisch liege in Albstadt so viel im Argen, dass man gar nicht wisse, wo man anfangen solle. Nur Philipp Kalenbach (FDP) versicherte den OB seiner Solidarität. Mehrheitsfähig wurde dessen Position dadurch nicht.