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Lena Meyer-Landrut tritt mit dem Elektropopsong "Taken by a stranger" in Düsseldorf an.

Berlin/Köln - The winner is... Lena! Nicht ganz überraschend hat Titelverteidigerin Lena Meyer-Landrut am Freitagabend den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest am 14. Mai in Düsseldorf gewonnen, schließlich stand sonst niemand zur Wahl. Viele nannten das zähe Zwölf-Lieder-Vorsingen deshalb auch schon den "DDR-Song-Contest" - man darf zwar wählen, aber nur zwischen einer Kandidatin.

Stärkster Song wird Sieger

Und so war die 19-jährige zwar die Siegerin - aber ein Stück weit auch die Verliererin. Denn den Zauber von 2010 konnte auch das Finale des Musik-Marathons über drei Abende auf Pro7 und im Ersten nicht verbreiten. Trost: Mit dem unkonventionellen "Taken By A Stranger", einem geheimnisvollen Mix aus Elektropop und Edgar-Wallace-Soundtrack, wählten die Zuschauer den stärksten Song zum Sieger. Mit diesem perfekten Gegensatz zum aufgekratzten Vorjahrestitel "Satellite" könnte Lena tatsächlich erneut gute Chancen bei der Sing-Europameisterschaft haben.

Die kluge Wahl des Publikums, das sich gegen einen der beiden von Raab und Meyer-Landrut geschriebenen Songs entschied, war ein versöhnliches Ende für den Lena-only-Vorentscheid, an dem zuletzt sogar Raab seine Zweifel hatte. "Kann auch sein, dass das mit der Titelverteidigung eine Scheißidee war", ließ Raab zuletzt wissen, und musste sich von der "Süddeutschen Zeitung" wegen seines Lena-Egotrips gar als "Muba-Raab" verspotten lassen.

Abend als als CD-Promo

Am Freitagabend durfte Meyer-Landrut noch einmal ihr halbes neues Nummer-1-Album vorsingen - als CD-Promo grandios, als Hauptabend-Show eher überschaubar spannend. Egal - Raab rief die Suche nach dem "einzigen, dem wahren, dem unvergleichlichen Song für Düsseldorf" aus. Schlussendlich gab's aber auch nur die gleichen Stücke zu hören wie zuletzt zwei lange Abende auf ProSieben, mit Lena in den gleichen schwarzen Kleidchen (Extrem-Umziehung nannte sie das gestern), und den gleichen, wenn auch cool gestylten Videoclips. Die ARD-Verantwortlichen dürften nicht grenzenlos begeistert gewesen sein vom Raab-Recycling.

Die Musik? Nicht durchgehend das Material, aus dem die Grand-Prix-Sieger sind, aber auch nicht uninteressant. Zum hübsch hoppelnden Retro-Popsong "Maybe" fiel der quicklebendigen Jurorin Barbara Schöneberger ein: "Nett zum Cabriofahren, stört nicht. Aber wir müssen ja auch die Finnen überzeugen - und die fahren eher selten Cabrio." Der blutleere Soul der Raab-Lena-Komposition "What Happened To Me", der an ein entschleunigtes "Wadde hadde dudde da" erinnerte, bewies danach ebenso wie das artverwandte "Mama Told Me" (auch von Raab und Lena), dass nicht nur Guttenberg des Plagiats verdächtig ist.

Unkonventionellen Elektro-Popsong

Die wunderbare Feuerzeug-Ballade "Push Forward" begeisterte das Publikum ebenso wie die Jury. "Ich finde die Nummer grandios, das würde ich sogar privat hören", gestand Schöneberger. Doch Raab warnte davor, Lena mit einer so langsamen Nummer nach Düsseldorf zu schicken: "Dort findet ein unglaubliches musikalisches Gemetzel statt, die Chinesen bringen ihre eigenen Sprengkörper mit. Da besteht die Gefahr, dass die Nummer untergeht."

Schlussendlich lief aber alles auf den spukigen, unkonventionellen Elektro-Popsong "Taken By A Stranger" der Komponisten Nicole Morier, Gus Seyffert und Monica Birkenes hinaus. Raab hielt, bemerkenswert fair, eine Lobrede auf das Stück, das er nicht selbst geschrieben hat: "Die Nummer hat alles, die ist unkonventionell, die ist mutig und sehr revolutionär für den Eurovision Song Contest - wie eine Wasserbombe, die man in einem Oma-Bridge-Wettbewerb reinwirft."

Raab darf Grand Prix moderieren

Am Ende durfte Lovely Lena noch einmal mit sich selbst um die Wette singen. Zum finalen Finale trat sie mit "Push Forward" und "Taken By A Stranger" an - mit dem allgemein hochgelobten "Taken By A Stranger" als erwartetem Sieger mit einer satten 79-Prozent-Mehrheit. Und Show-Diktator "Muba-Raab" konnte endlich wieder die Zähne blecken - seine beiden Songs haben zwar verloren, dafür darf er den Grand Prix moderieren und schickt Lena mit einem Top-Titel nach Düsseldorf: "Der Song ist unglaubliches Brett, ich glaube, dass wir damit eine außerordentliche Chance haben."