Bei einem Rundgang durch die Schule zeigen die Schüler, was sie in der Gewerbeschule lernen. Zum Beispiel lernen die künftigen Fleischer und Metzger auch, vegetarische und vegane Alternativen zu entwickeln. Foto: Kuster

Die Gewerbeschule Villingen-Schwenningen, der Landkreis und die Fleischer-Innungen unterschrieben eine Kooperationsvereinbarung. Ihr Ziel: Die Schule als Ausbildungsstandort zu sichern und damit die Zukunft des Fleischer-Handwerks.

VS-Schwenningen - Gut qualifizierte Fachkräfte sind heiß begehrt und rar gesät – auch im Fleischer-Handwerk. An der Gewerbeschule Villingen-Schwenningen, Standort Schwenningen, werden die künftigen Fachkräfte im dualen System ausgebildet.

Mit welchen Herausforderungen Schule und Branche zu kämpfen haben – darüber sprachen Vertreter der Innungen und Gewerbeschule sowie Landrat Sven Hinterseh bei einem Pressegespräch.

Anwesend waren ebenso Mitglieder von Kreis- und Landtag, sowie Vertreter der regionalen Großmärkte Rewe und Edeka. Zudem unterschrieben die Anwesenden eine Kooperationsvereinbarung. Darin einigten sie sich auf Punkte, um sich gemeinsam für die Auszubildenden, die duale Ausbildung, sowie Schwenningen als Schulstandort stark zu machen.

Fleischer-Handwerk muss stärker beworben werden

Einer dieser Punkte: Berufsfeld wie Ausbildung müssen stärker beworben werden. Viele Schüler wüssten gar nicht, dass ihnen diese Option offen stünde, wie Mareike Müller, Vertreterin von Edeka Südwest, am eigenen Beispiel erklärt: Bei der Berufsberatung sei ihr – bei ihrem Zeugnis – gleich die Medizinsparte empfohlen worden. Müller erkundigte sich nach Optionen im Fleischerhandwerk – ihre Eltern betrieben damals eine eigene Metzgerei.

Die Berufsberatung zeigte ihr jedoch keinen Weg auf. "Und so wie mir damals geht es vielen Schülern heute auch: Die haben das gar nicht auf dem Schirm", so Müller. Genau da wolle man laut Raimund Kegel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz, ansetzen – zum Beispiel durch Ausbildungsbotschafter, die in die Schulen gehen und für ihren Beruf werben.

Zu weite Schulwege sind oft K.O.-Kriterium

Ein weiterer Punkt: Wenig Standorte und (zu) weite Schulwege. Auch wenn die Gewerbeschule noch nicht damit zu kämpfen hat: Die sinkenden Schülerzahlen sei auch für sie wie ein Damoklesschwert. "Hat eine Schulklasse zu wenig Schüler, wird ein Hinweisverfahren eingeleitet", erklärt Landrat Sven Hinterseh. Dieses Verfahren werde bis zu dreimal eingeleitet – hat sich bis dahin nichts an den Schülerzahlen geändert, werde die Klasse geschlossen.

Für Branche wie Region wäre das unter Umständen fatal: Breche ein Ausbildungsstandort weg, müssten die Azubis weite Wege zur nächsten Gewerbe- oder Berufsschule auf sich nehmen. Sei der Weg zu weit, könnten viele ihre Ausbildung abbrechen, so Kegel. Machen das zu viele, könne das das Ende der Ausbildung bedeuten. "Und ein Ende der Ausbildung bedeutet auch ein Ende der Branche."

Azubis sind zunehmend schwer zu finden

Wenn das in größerem Umfang geschehe, brächen nicht nur Schulen, Azubis und Betriebe weg: Sondern auch das nötige Know-How, um das Wissen weiterzugeben – nicht zu vergessen: Ein Stück regionaler Kultur. "Und was einmal weggebrochen ist, das kommt so schnell nicht wieder", mahnt Landesinnungsmeister Joachim Lederer. "Ohne Schule vor Ort haben wir keine Chance."

Dadurch werde es auch für Betriebe zunehmend schwer, Auszubildende und Fachkräfte zu finden. Rewe-Vertreter Timo Michel weiß aus erster Hand, wie sich das anfühlt: "In Mannheim finden wir nur schwer Azubis, seitdem diese nach Karlsruhe in die Schule fahren müssen".

"Wenn Schwenningen wegbricht, sieht es schlecht aus"

Dem schließt sich Fleischer-Azubi Leo Kramer an: "Wenn ich mir vorstelle, dass ich mit 15 oder 16 bis nach Freiburg zur Schule fahren müsste – ich würde es mir noch mal überlegen." Er sei mit dem Standort Schwenningen und dem kurzen Weg zur Gewerbeschule sehr glücklich und ergänzt: "Wenn Schwenningen zumacht, sieht es mit neuen Azubis schlecht aus."

Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun schloss sich dem Bestreben an und stellte sich hinter die Schule: "Eine Ausbildung vor Ort geht auch mit einer größeren Wertschöpfung einher." Auch Niko Reith, Mitglied der FDP-Fraktion, sprach sich für eine Ausbildung vor Ort aus und ergänzte: Das Handwerk werde nach wie vor als etwas minderwertigere Ausbildung wahrgenommen. "Genau das muss dringend raus aus den Köpfen der Leute."