Im Oberndorfer Tafelladen gibt es, auch nach der Hochphase der Pandemie, jede Menge zu tun. Foto: Reimer

Verhält sich die Landkreisverwaltung rücksichtsvoll oder kleinlich? Eine kleine Diskussion entspann sich am Montag in der Kreistagssitzung bezüglich einer zusätzlichen finanziellen Hilfe für den Oberndorfer Tafelladen in Höhe von 1000 Euro.

Kreis Rottweil - Seit 2009 sorgen ehrenamtliche Helfer im Oberndorfer Tafelladen, einem von vier Tafelläden im Landkreis Rottweil, dafür, dass auch Menschen mit geringem Einkommen, Rentner, Flüchtlinge, Empfänger von Arbeitslosengeld und andere Personen günstig Lebensmittel erstehen können. Besonders in der Pandemie erforderte das so manches Mal kreative Lösungen und stets großes Engagement.

Ukrainer ohne Bargeld

Durch die Welle an Flüchtlingen aus der Ukraine hatte sich in Oberndorf nun innerhalb kurzer Zeit die Zahl der zum Einkauf im Tafelladen berechtigten Familien verdoppelt. Da die Ukrainer zudem anfangs noch kein Bargeld hatten, hatte der Tafelladen manche Lebensmittel auch unentgeldlich herausgegeben. Das führte zu Außenständen in Höhe von 1000 Euro. Deswegen war die SPD-Fraktion des Oberndorfer Gemeinderats an die Landkreisverwaltung mit der Bitte herangetreten, die 1000 Euro als Zuschuss zu gewähren.

Sozialdezernentin Angela Jetter klärte den Kreistag über die regulären Zuwendungen auf. Seit 2016 stehen jährlich insgesamt 20 000 Euro für alle vier Tafelläden zur Verfügung. Die Summe sei im Rahmen der damaligen Flüchtlingskrise angehoben und danach nicht wieder reduziert worden, so Jetter. Stattdessen habe man die Zuwendung 2019 nochmals um 2000 Euro auf insgesamt 22 000 Euro erhöht.

Kein weiterer Zuschuss

Aufgeteilt wird der Zuschuss je nach Größe des Einzugsgebiet der Tafelläden. Der Tafelladen Oberndorf habe für 2022 rund 3600 Euro erhalten, sagte Jetter. Die Landkreisverwaltung habe entschieden, keine weiteren Zuschüsse zu gewähren, um der neu eingerichteten Haushaltsstrukturkommission, die im Juli zum ersten Mal tagen wird, nicht vorzugreifen.

Kreisrätin Ruth Hunds, die ebenfalls Teil der SPD-Fraktion im Oberndorfer Gemeinderat ist, meinte, es sei schlimm genug, dass man Einrichtungen wie Tafelläden überhaupt in diesem Land brauche. Sie regte an, auch bei den anderen Tafelläden im Kreis nach der finanziellen Lage zu fragen, und appellierte an die Verwaltung, sich nochmals eingehend mit dem Thema zu befassen.

"Befremdliche" Diskussion

Landrat Wolf-Rüdiger Michel verwies an die Haushaltsstrukturkommission und rief in Erinnerung, dass die SPD-Fraktion des Oberndorfer Gemeinderats im Kreistag nicht antragsberechtigt sei. Hubert Nowack (Grüne) fand es "befremdlich, über 1000 Euro zu diskutieren in so einer außergewöhnlichen Zeit". Auch Oberndorfs Bürgermeister und FWV-Kreisrat Hermann Acker fand, die Verwaltung könnte über einen so geringen Betrag gut entscheiden. Er sei froh, dass man die Tafelläden samt ihrer engagierten Ehrenamtlichen habe. Es sei schließlich schwer genug, Engagierte zu finden.

Vorwurf zurückgewiesen

Den mitschwingenden Vorwurf, kleinlich zu sein, wies Landrat Michel entschieden von sich. Es gehe nicht darum, dass man dem Tafelladen die Unterstützung nicht gönne. Man habe aus der Vergangenheit gelernt und lediglich Rücksicht auf das Gremium nehmen wollen, indem die Entscheidung auf die Kommission übertragen werde und man diesem nicht vorgreife. Man könne darüber aber auch in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses entscheiden, schlug er vor.

FWV-Kreisrat Thomas Engeser meinte, Sozialdezernentin Jetter solle doch nun eruieren, wie sich die Situation in den anderen Tafelläden darstelle, denn die würden sich sicher auch melden, wenn man dem Oberndorfer Tafelladen die 1000 Euro gewähre. Landrat Michel meinte, man könnte in diesem Fall die 1000 Euro für Oberndorf als Ausgangspunkt nehmen und daran weitere Unterstützung für die anderen Tafelläden, je nach Einzugsgebiet, bemessen. Die Entscheidung wird in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses getroffen.