Über Social Media werden immer wieder mutmaßliche Täter gesucht. Teilen sollte man das nicht, meint die Polizei. (Symbolfoto) Foto: © Thaspol – stock.adobe.com

Mit der Überwachungskamera am Haus jemanden filmen, der das Auto im Hof beschädigt hat und das Ganze im Anschluss mit Zeugenaufruf im Netz veröffentlichen? Keine gute Idee – die Pforzheimer Polizei rät in einem Video davon ab, Fahndungen zu veröffentlichen oder weiterzuleiten. Das könnte sogar vor Gericht enden.

Auf Social Media werden immer wieder private Fahndungen veröffentlicht – mit Menschen, die bei Straftaten gefilmt oder fotografiert wurden. Dazu kommt meist die Bitte, die Fahndung weiterzuverbreiten, um so den mutmaßlichen Täter zu finden. Doch wenn solche Fahndung privat sind und nicht von der Polizei kommen, kann sogar die Weiterleitung strafbar sein.

 

Die Pforzheimer Polizei hat auf Facebook ein Video veröffentlicht, in welchem sie von der Verbreitung von solchen Fahndungsaufrufen abrät. Sie nennt drei Gründe, warum private Zeugenaufrufe eine schlechte Idee sind.

Grund Nummer 1:

Wer wird bei der privaten Fahndung überhaupt abgebildet? Ob es sich bei der abgebildeten Person im konkreten Fall um den Täter handelt, ist unklar. So könnte ein Unbeteiligter, der einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war, mit einer Tat in Verbindung gebracht werden. Im schlimmsten Fall könnte so ein Unschuldiger als Mörder oder Vergewaltiger dargestellt werden.

„Die Nachrichten enthalten dabei oftmals falsche und nicht überprüfte Informationen. Auch werden teilweise ganz bewusst einzelne Personen oder Personengruppen mit verleumderischen Inhalten ins falsche Licht gerückt“, schreibt das Polizeipräsidium Reutlingen auf Anfrage.

Wird später – etwa durch die Polizei – klargestellt, dass die verleumdete Person unschuldig ist, ist das zu spät. Das Internet vergisst nicht und die oft viral gegangenen Posts bleiben im Internet auch noch nach Jahren erhalten. „Häufig handelt es sich auch um alte Meldungen, die bereits seit Jahren im Internet kursieren“, berichtet das Polizeipräsidium Reutlingen.

Grund Nummer 2:

Einfach Bilder von Personen weiterverbreiten ist verboten. Hintergrund ist das Kunsturhebergesetz: So heißt es etwa in Paragraf 22: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“ Für die Verbreitung, also auch die Weiterleitung von Fahndungsaufrufen, kann man demnach angezeigt und bestraft werden.

Grund Nummer 3:

Ein weiterer Grund, warum private Fahndungen keine gute Idee sind, ist: Dadurch könnten die Ermittlungen der Polizei erschwert werden. So könnten Täter an Wissen über die Ermittlungen kommen, die die Polizei aus taktischen Gründen vorenthält.

„Die infolge dieser Nachrichten auch vermehrt bei der Polizei eingehenden Hinweise und Anfragen können für Mehraufwände sorgen und bereits laufende Überprüfungen/Ermittlungen erschweren“, ergänzt das Polizeipräsidium Reutlingen.

Neben diesen drei Gründen, die das Polizeipräsidium Pforzheim in seinem Video erwähnt, fällt dem Präsidium Reutlingen ein weiterer Grund ein:

Grund Nummer 4:

Nicht nur für fälschlicherweise an den Pranger gestellte Personen sind die privaten Aufrufe problematisch. Auch werden Anschuldigungen in die Welt gesetzt und damit Ängste geschürt.

„Erst am Freitag haben wir eine Meldung klargestellt, die sich zuvor u. a. in Messenger-Diensten rasant im Bereich Rottenburg verbreitet hatte. In der Nachricht wurde vor unbekannten Männern gewarnt, die aus einem Transporter mit ausländischer Zulassung heraus Kinder angesprochen haben sollen. Wie berichtet, traf dies nicht zu“, erklärt das Polizeipräsidium Reutlingen.

Wie geht die Polizei mit privaten Fahndungen um?

Ein Facebook-Nutzer kommentiert unter dem Video, warum solche privaten Fahndungen seiner Meinung nach überhaupt gestartet werden: „Na ja, dass kommt vielleicht auch davon, weil die Polizei oftmals nichts tun kann oder möchte...“

Dem widerspricht die Polizei. Sie sei verpflichtet, Anzeigen nachzugehen, erklärt Pressesprecher Christian Schulze vom Polizeipräsidium Pforzheim. Wer eine private Fahndung erhalte, solle sich an die Polizei wenden, anstatt sie weiterzuverbreiten, so Schulze.

Wenn die Polizei von kursierenden „Fahndungen“ oder Warnungen erfährt, gehe sie ihnen nach. Allerdings, schränkt Pressesprecher Schulze ein: Nur wenn es auch konkrete Anhaltspunkte gibt. Es sei auch schon vorgekommen, dass nach einem Transporter gefahndet wurde, in dem angeblich Kinder entführt wurden. Aber auf den vermeintlichen „Beweisfotos“ waren Straßennamen im Hintergrund zu sehen, die es am vermeintlichen Ort gar nicht gibt.