Bei den Tälemer (von links): Beatrice Bossenmaier-Theurer, Manfred Keller, Silvano Kreuz, Marius Merkner, Peter Unger und Peter Wurster. Foto: Köncke

Tälesschultes: Manfred Keller erneut von Tälemer bestätigt / Mittlerweile schon 22 Jahre im Amt

Jedes Jahr im Oktober wird in Altensteig der Tälesschultes vom unteren Tal gewählt – diesmal in einem neuen Lokal und mit einem anderen Bittl an seiner Seite. Der Brauch existiert seit Jahrhunderten. Und die Tälemer sorgen dafür, dass er nicht ausstirbt.

Altensteig. "Wer will, dass Manfred Keller für ein weiteres Jahr Schultheiß vom unteren Altensteiger Tal bleibt?" Als die Frage zu vorgerückter Stunde gestellt wurde, flogen in der "Tose" sämtliche Hände in die Höhe. "Und wer soll sein Bittl sein?" Normalerweise Tobias Waidelich. Der war an diesem Abend aber verhindert. Kurzerhand wurde Silvano Kreuz als Ersatzmann bestimmt. Damit konnte Peter Wurster seines Amtes walten. "Gibt es andere Kandidaten?" Der Wahlleiter blickte sich um und hörte nichts. Mussten Kugelschreiber bereitgelegt und Stimmzettel verteilt werden? Nicht nötig. Um 22.03 Uhr stand fest, dass der bisherige Amtsinhaber weitermacht – und das inzwischen 22 Jahre.

Huldvoll grüßte Keller in die Menge. Aus vollen Bier-, Wein- und Schnapsgläsern wurde ihm zugeprostet und das Prozedere mit einem kräftigen Tisch vom "Schwarzen Peter" auf seinem Akkordeon besiegelt.

Streng genommen zählt das Bistro in der Rosenstraße nicht zum Herrschaftsbereich des Tälesschultheiß vom unteren Tal. Dafür das Schützenhaus. Dort aber gab es im Vorfeld personelle und organisatorische Probleme, die damit anfingen, dass an diesem Abend beide Vorsitzenden unterwegs waren und eine Verschiebung kam nicht infrage. Die Wahl und die Hocketse der Tälemer findet generell am dritten Samstag im Oktober statt – das ist ein ehernes Gesetz. Wie gut, dass "Mandes" im Vorfeld eine Begegnung mit der Wirtin der Rose, Beatrice Bossenmaier-Theurer, hatte. "Ihr könnt auch bei mir feiern" rief sie Keller auf der Suche nach einem geeigneten Lokal zu.

Am Eingang wurde die geschlossene Gesellschaft mit einem Glas Sekt, beziehungsweise Bockbier willkommen geheißen. Es dauerte nicht lange, da wurden aus vollem Hals die ersten Schunkel- und Volkslieder zur Musik von Peter Unger angestimmt. Bedienungen nahmen erste Bestellungen entgegen und in der Küche herrschte bald geschäftiges Treiben.

Beim Wettnageln standen sich zwei Konkurrenten gegenüber. Wer zuerst einen langen Stift im aufgebauten Holzklotz versenkte, hatte gewonnen. Der Verlierer musste einen Schnaps spendieren.

Ein fester Bestandteil der Täleskirbe ist das Schätzspiel. Marius Merkner schaute den Schwarzwälder Schinken scharf an, schrieb 1570 Gramm auf den später eingesammelten Zettel, verfehlte das richtige Gewicht nur um 40 Gramm und durfte den Gewinn mit nach Hause nehmen. Vervespert wird der Schinken aber nicht daheim, weiß der Tälesschultes, sondern bei einem geselligen Abend im Fackelschopf der Tälemer.

Ein Höhepunkt jeder Täleskirbe ist der Auftritt von Kabarettist, Liedermacher und Gitarrist Jörg Beirer, der mit Witzen, Schnurren, Wortspielen, "tiefsinnigen" Gedanken über die Landes- und Weltpolitik und selbst verfassten "Lumpenliedern" jedes Mal für Mordgaudi sorgt. Auf ihn musste die Gesellschaft zu allgemeinem Bedauern verzichten.

Umso mehr Zeit blieb für die Tälemer zum gemeinsamen Singen und Schunkeln. Nach der Inthronisation ihres Oberhaupts wurde der obligatorische kostenlose Kirbekuchen serviert, diesmal mit Schokolade, Kirschen und Schmand garniert.

Vorher teilte Keller seinen "Untertanen" mit, dass er fest davon ausgeht, dass am Heiligen Abend wieder ein sieben bis acht Meter hoher, aus vielen Lagen bestehender, fachmännisch aufgesetzter Holzstoß der Tälemer auf den Berghöhen über Altensteig in Brand gesteckt werden kann.

"Wir sind jedenfalls gewappnet". Will heißen: Der Fackelschopf ist voll von geschlitzten Brennmaterial. Eventuell will man im nächsten Jahr das wegen der Pandemie ausgefallene Bierfest in Zwiefalten bei Ravensburg nachholen. Leicht beschwipst und bester Stimmung verließen weit nach Mitternacht die letzten Tälemer den Ort eines vergnügten Abends.