Anders als für Betroffene in der Türkei erhalten syrische Opfer der Erdbebenkatastrophe bislang kaum Hilfe, wie das Hilfswerks „Kirche in Not“ von vor Ort berichtet.
Mehr als eine Woche nach dem Erdbeben fehlt es nach Worten des katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ noch immer an internationaler Hilfe für die Opfer in Nordsyrien. „Die einzigen Helfer, die ich gesehen habe, stammen aus dem Libanon“, sagte Xavier Stephen Bisits, Syrien-Projektreferent bei „Kirche in Not“, am Mittwoch in München. Die Welt dürfe dieses Land nicht vergessen.
Noch am Tag des Bebens war Bisits demnach nach Syrien gereist, um unter anderem die Regionen um Aleppo und Latakia zu besuchen, die zu den am schlimmsten betroffenen Gebieten des Staates gehörten. Auch aus Homs und Hama seien Schäden gemeldet worden. Sehr wenige Nachrichten gebe es aus der nach wie vor umkämpften Stadt Idlib an der Grenze zur Türkei.
Zwölf Jahre Bürgerkrieg in Syrien
„Kirche in Not“ arbeitet nach eigenen Angaben seit Jahren eng mit katholischen und orthodoxen Gemeinden in Syrien zusammen. Das Hilfswerk habe zunächst eine halbe Million Euro als Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Damit sollen neben der unmittelbaren Versorgung mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs auch beschädigte Gebäude technisch vermessen werden, um ihre Sicherheit zu prüfen. Ziel sei, dass die Menschen möglichst schnell wieder in ihre Häuser einziehen könnten.
Nach zwölf Jahren Bürgerkrieg, wirtschaftlichem Zusammenbruch, Sanktionen und Pandemie sei die „jüngste Katastrophe mehr, als viele Menschen ertragen können“, sagte Bisits. Viele kirchliche Einrichtungen sind nach dem Beben zentrale Anlaufstellen. So hätten die Franziskaner in Latakia ihr Gemeindehaus geöffnet als Herberge für obdachlos gewordene Menschen. In der Stadt seien Menschen unter den Trümmern begraben worden; noch schlimmer sei die Situation im benachbarten Dschabla, wo von 20 bis 30 eingestürzten Gebäuden die Rede ist.
In Latakia traf der Projektreferent auch den Apostolischen Nuntius in Syrien, Erzbischof Mario Kardinal Zenari, wie es heißt. Dieser hatte mehrere Unterkünfte von Betroffenen des Erdbebens besucht, unter anderem eine Moschee, in der sich in den ersten Tagen bis zu 2.000 Personen aufhielten. Zenari betonte, auch Papst Franziskus persönlich habe Geld für Hilfsmaßnahmen in Syrien geschickt. Der Kardinal zeigte sich insgesamt geschockt: „Nachdem ich Aleppo, Latakia und Dschabla besucht habe, lässt sich mein Eindruck so zusammenfassen: Ich habe ein Meer des Schmerzes gesehen“, sagte Zenari.