Das Cover der aktuellen Hörspiel-CD zum "Frauenarzt von Bischofsbrück" Foto: SWR

"Der Frauenarzt von Bischofsbrück", die Urmutter der Radiocomedy, geht wieder auf Sendung.

Vor gut 26 Jahren liefen die letzten Folgen der Hörspiel-Kultserie "Der Frauenarzt von Bischofsbrück". Damals im Jugendprogramm von SDR 3. Jetzt wird die Urmutter der Radiocomedy erneut gesendet – auf SWR 4. Alfred Marquart, einer der beiden Autoren, erinnert sich.

 

Herr Marquart, waren Sie überrascht, als Ihnen Ihr Arbeitgeber die Wiederholung der Radioserie "Der Frauenarzt von Bischofsbrück“ mitgeteilt hat?
Ja, sicher. Ich habe ehrlich gesagt überhaupt nicht mit so etwas gerechnet – nach so vielen Jahren. Aber ich treffe immer noch Leute, die sich gut an die Radioserie erinnern können. Es ist wie mit der Fernsehkrimiserie „Mit Schirm, Charme und Melone“. Irgendwie ist das immer noch gut, obwohl es aus den Sechzigern und Siebzigern stammt. Aber natürlich ist es nicht mehr modern in dem Sinn.

Die 693 Folgen, die zwischen 1982 und 1984 gesendet wurden, waren auf Tagesaktualität ausgelegt. Werden die Inhalte der Folgen, die nun erneut gesendet werden, heute überhaupt noch verstanden?
Ja, das werden sie bestimmt. Als ich mir die einzelnen Episoden vor kurzem erneut angehört habe, um die Anmoderationstexte zu schreiben, war ich fast schon erschrocken, wie aktuell der Inhalt immer noch ist. Nur heißen die Sachen jetzt eben anders: Man geht heute nicht mehr zu einem Bhagwan nach Indien. Stattdessen macht man eine Ayurweda-Kur in irgendeinem Luxushotel. Die Rechtsradikalen, die in der Satireserie immer wieder auftauchen, hießen damals Wehrsportgruppe, heute gibt es sie unter anderen Namen. 1982 war der gesuchte Terrorist linksradikal, heute ist er ein Islamist. Es ist erstaunlich, wie viel von damals noch aktuell ist. Anscheinend hat sich über die Jahre nur ganz wenig verändert.

Wenn Sie die aktuellen Satire- und Parodiestücke im Radio mit Ihrer Produktion vergleichen, was fällt Ihnen dann auf? Was hat sich verändert?
Heute würde ein Sender für eine solche Produktion gar nicht mehr so viel Geld ausgeben. Bei den heutigen Comedystücken macht eine Person alles allein. Was die Sache günstig macht. Bei uns dagegen war alles richtig produziert. Wir hatten zum Beispiel allein über 60 Sprecher engagiert, Musik für die Serie wurde extra komponiert. Wir hatten als einen der Hauptsprecher den großen, mittlerweile verstorbenen Rezitator Gert Westphal, damals der König der Vorleser.

Und wie verhielt es sich mit Ihrer Autorentätigkeit?
Die war vergleichsweise unaufwendig. Herbert Borlinghaus und ich haben die 247 Folgen des ersten Jahres in vier Portionen geschrieben. Für 70 Folgen haben wir eine Woche gebraucht. Wir sind irgendwo hingefahren, haben uns hingesetzt und geschrieben wie die Wahnsinnigen. Wenn man mal drin ist, schreibt sich das von selbst, haben wir damals gemerkt.

Glauben Sie, dass sich der Erfolg der Serie wiederholen kann?
Unser Haupttrick war, dass wir nie komisch sein wollten. Von den Texten her schon, aber die Produktion war nicht auf Luststück ausgelegt, sondern immer ernst gemeint. Diese Kombination aus satirischen Texten und seriöser Produktion hat den Witz und damit den Erfolg bei den Hörern ausgemacht. Und das kann auch heute noch so funktionieren.

War der Serienheld Dr. Julius Borg auch Ihre Lieblingsfigur?
Eigentlich nicht. Von Anfang an war die Serie als Verhohnepipelung auf die Groschenromane angelegt. Den Dr. Borg haben wir als Helden immer etwas negativ gezeichnet, dicklich mit Stummelnase, Glubschaugen und Brille – also nicht so der perfekte Frauenheld. Meine Lieblingsfigur war der Schurke, aber das ist ja immer so bei Autoren. Dr. h.c. Gerd Rüdiger Peschke, Vorstandsvorsitzender der Sachse AG, der den Frauenarzt unbedingt ausschalten will.

„Der Frauenarzt von Bischofsbrück“ hat einem neuen Genre im Radio den Weg bereitet.
Das stimmt. In dieser Form war das die erste Radiocomedy. Da sind wir stolz drauf. Der Südfunk hat’s nicht gemerkt. Wir schon.

Herr Marquart, was machen Sie aktuell?
Aktuell bereite ich mich auf die Rente vor. Ende November bin ich fällig. Bis dahin habe ich noch meinen Traumjob, Chefmoderator bei SWR 2.

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