August Wittgenstein, Lou Strenger und Heiner Lauterbach haben die Hauptrollen in der SWR-Serie "Höllgrund". Foto: Maria Wiesler

Düster, skurril und krimi-artig soll es werden. Kamerateams und Schauspieler - darunter Heiner Lauterbach - waren in den vergangenen zwei Monaten zwischen Todtnau, Münstertal, dem Feldberg und St. Blasien unterwegs, um die SWR-Serie "Höllgrund" zu drehen. 

Oberndorf - Die Dreharbeiten der achtteiligen SWR-Serie "Höllgrund" haben die Halbzeit überschritten. Über seine Arbeit, die Hintergründe der Serie und Widrigkeiten beim Filmen im Schwarzwald spricht Producer Hannes Höhn. 

Herr Höhn, wie laufen die Dreharbeiten zu "Höllgrund" und sind Sie im Zeitplan?

Wir haben Ende September angefangen und drehen noch bis kurz vor Weihnachten. Ab voraussichtlich Herbst kommenden Jahres soll die Serie in der ARD-Mediathek erscheinen. Bis jetzt sind wir gut im Zeitplan. Ich sehe täglich das gedrehte Material und bin höchst zufrieden. Hanno Olderdissen und Lea Becker machen eine phänomenale Regie-Arbeit.

Worum geht es in der Serie?

In einem beschaulichen Dorf im Schwarzwald kommt es zu einer Reihe mysteriöser Todesfälle. Eine Dorfpolizistin (gespielt von Lou Strenger) ahnt, dass sich hinter den Vorfällen ein düsteres Geheimnis verbirgt. Auch ein Landarzt spielt eine Rolle - in unserm Fall sogar zwei (gespielt von August Wittgenstein und Heiner Lauterbach).

Der Landarzt ist die Figur, die im deutschen Fernsehen vielfach vorkommt und immer wird er als kluger, charmanter Held mit weißer Weste dargestellt. Wir dagegen dekonstruieren dieses Bild und zeigen eine ganz schön abgründige Figur. Dementsprechend düster ist das Setting. Was uns bei der Suche nach Schauplätzen interessiert, sind die düsteren Täler, die nebligen Wälder und einsamen Dörfer. Der Schwarzwald hält sonst eher für romantische, idyllische Postkartenmotive hin. Wir zeigen ihn auch von einer anderen Seite. Wir brechen mit dem pittoresken Bild und fangen in diesem skurrilen, thrillerartigen Krimi das Düstere ein.

Es ist alles etwas über der Realität angeordnet, kann man sagen. Das abgelegene Dorf, in dem die Handlung spielt, ist fiktiv. Ein ziemlich von der Außenwelt abgeschottetes Dorf mit vielen alleinstehenden Höfen und Häusern, mit kaum Handyempfang im dunklen Schwarzwald.

Sie sind der Producer der Serie. Das ist nicht das gleiche wie ein Produzent. Wo sind die Unterschiede und was sind Ihre Aufgaben als Producer?

Der Produzent ist meist der Geschäftsführer der verantwortlichen Produktionsfirma, in diesem Fall ist das Lasse Scharpen mit Studio Zentral. Er hat zusammen mit unserem Creator Marc O. Seng und unserer Redakteurin Katharina Dufner die Serie auf die Beine gestellt.

Ich arbeite aktuell als Freelance Producer. Meine Arbeit ist eine Mischung aus kaufmännischer- und kreativer Projektleitung. Da gibt es schon im Vorfeld viel zu tun, zum Beispiel Casting, Motivauswahl, Drehbucharbeit und so weiter, alles in enger Abstimmung mit der SWR-Redaktion und unseren kreativen Köpfen, wie Creator, Regie, Kamera oder Szenenbild. 

Ich arbeite auch eng mit dem Produzenten und unserem Produktionsteam vor Ort zusammen, was die Drehplangestaltung und die finanzielle Überwachung während des Drehs angeht. In meinem täglichen Geschäft telefoniere ich viel, schreibe E-Mails, bin regelmäßig am Drehort und Ansprechpartner für Probleme, für die ich gemeinsam mit dem Team tagtäglich Lösungen suche.

In welchen Orten entstehen die Aufnahmen?

Wir haben unter anderem in Münstertal, Todtnau, St. Blasien, Lenzkirch, in der Nähe des Feldbergs und in Freiburg gedreht. Ab jetzt, Ende November, drehen wir auch noch Teile in Köln.

Gibt es Komparsen aus der Region?

Tatsächlich größtenteils in Köln, da wir hier eine Kirche und ein Wirtshaus erzählen. In unserem Schwarzwaldteil gibt es nur sehr reduziert Komparserie. Wir haben ja auch ein recht großes Schauspieler- und Schauspielerinnen-Ensemble. Es geht um ein Dorf, in dem man sich kennt, dementsprechend kommen immer wieder die gleichen Gesichter vor.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden aus?

Die funktioniert sehr gut. Wenn wir auf öffentlichem Grund drehen, sprechen wir für die Drehgenehmigungen unter anderem mit den Gemeinden. Da gab es bis jetzt sehr positive Resonanz. Klar kommt es mal vor, dass man an manchen Orten doch nicht drehen kann, weil dort zum Beispiel Naturschutzgebiete sind. Dann müssen wir auf andere Orte ausweichen.

Wenn wir dagegen in privaten Häusern, zum Beispiel auf Bauernhöfen, drehen wollen, sind die Besitzer und Besitzerinnen unsere Ansprechpartner. Da wird dann im Vorfeld genau besprochen, was alles gemacht wird. Nicht selten kommt es nämlich auch vor, dass wir Motive umgestalten. Dann kommen die Originalmöbel vorübergehend raus und wir stellen eine neue Einrichtung ins Haus, die zu unserer Geschichte passt.

Und wie sehr müssen sich die Hausbesitzer dann in Geduld üben? Wird eine Szene oft wiederholt, bis sie perfekt ist?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. Das hängt von sehr vielen Faktoren und dem Aufwand der einzelnen Szenen ab. Manche Szenen werden zehn Mal wiederholt, andere sind deutlich schneller im Kasten. Kürzlich haben wir zum Beispiel eine Stunt-Szene, in der ein Auto durch einen Zaun brettert, gedreht. Solche Szenen kann man natürlich nicht endlos oft wiederholen.

Gibt es sonst noch Herausforderungen bei den Dreharbeiten?

Ich führe am Tag viele Telefonate, um alles zu organisieren und abzustimmen. Aber je nachdem, in welchem Teil des Schwarzwalds man ist, lässt der Handyempfang teils zu wünschen übrig. Aber das kriegt man alles hin.

Eine größere Herausforderung ist tatsächlich das Wetter. Die Serie spielt überwiegend im Herbst. Jetzt ist aber nicht jeder Drehtag ein Herbsttag wie wir ihn uns wünschen. Es gab in der letzten Zeit schon Schnee in den höheren Lagen. Da kann es also sein, man dreht am einen Tag den Voranschluss zu einer Szene bei herbstlichem, warmem Licht und am nächsten Tag, wenn man weitermachen will, liegt Schnee.

Wie lösen Sie dieses Problem?

In solch einem Fall starten wir morgens zum Beispiel mit Innenaufnahmen und hoffen, dass der Schnee über den Tag hinweg schmilzt. Auf nahen Einstellungen kann man den Schnee manchmal auch raushalten. Bei größeren Totalen geht das aber natürlich nicht, dann müssen wir anderweitig improvisieren, oder den Drehplan grundlegender umstellen.

Es kam auch schon vor, dass uns ein Sturm einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, oder dass wir eine weite Aussicht ins Tal filmen wollten und dann war alles von einer dichten Nebeldecke verhangen. Auch haben wir, je weiter es in den Winter hineingeht, immer weniger Tageslicht zum Drehen.

Außenaufnahmen bringen Schwierigkeiten mit sich, aber in Hinsicht auf die Pandemie sind sie sicherlich vorteilhaft.

Die steigenden Inzidenzzahlen haben wir natürlich immer im Blick. Wir haben am Set und an allen Produktionsstandorten sehr hohe Hygienestandards. Man kann davon ausgehen, dass auch die meisten im Team geimpft sind. Allerdings haben wir auch Kinder im Cast, die noch nicht geimpft sind. Täglich werden Cast und Team bei uns getestet, um ein Infektionsrisiko auf das Minimum zu reduzieren.

Drei Fragen an Hauptdarstellerin Lou Strenger

Frau Strenger, was bedeutet es für Sie, eine Hauptrolle in der SWR-Serie "Höllgrund" bekommen zu haben?

Diese Rolle ist ein absoluter Glücksfall in jeglicher Hinsicht, weil es sowohl von der Rolle, der Geschichte und dem Umfang des Projektes ein großes Zutrauen und eine irre Herausforderung ist. Wann darf man schon mal drei Monate komplett in eine andere Welt und Figur mit so vielen Höhen und vor allem Tiefen abtauchen? Dass ich dafür auch noch bezahlt werde, will ich immer noch nicht ganz glauben. Wobei, wenn ich am Ende eines sehr langen Tages heimkehre, an dem meine Figur ihre große Liebe gefunden, wichtige Menschen in Ihrem Leben verloren hat und fast selbst erschossen wurde, dann weiß ich auch was ich gemacht habe. Da bezahlt man sich ein bisschen mit der Seele.

Wie laufen die Dreharbeiten?

Straffes Zeitpensum, unberechenbares Wetter, eine große Geschichte und ein hochmotiviertes Team, das jeden Tag mit Disziplin, Leidenschaft und Improvisationskünsten versucht, dem Stoff gerecht zu werden. Da wird dann schon auch mal der Schnee mit Hochdruck aus dem Bild gefegt, damit der Anschluss passt.

Haben Sie schon einmal einen Film im Schwarzwald gedreht? 

Davor noch nicht. Aber hoffentlich nicht zum letzten Mal. Manchmal weiß ich nicht, ob ich Urlaub mache, oder zum Arbeiten hier bin. Spaß. Aber die Natur ist wirklich unglaublich und macht es einem leicht, sich komplett in die Geschichte hinein fallen zu lassen. Dass ich so gut wie nirgendwo Netz habe, ist nach ersten großstädtischen neurotischen Anfällen auch eine Gnade.