Das 2:2 bei Werder Bremen zeigt einmal mehr: So aufreibend hatten sie sich beim VfB Stuttgart die Dreifachbelastung nicht vorgestellt. Schon am Dienstag wartet der nächste Wettbewerb.
Für den Gang in die Kurve hat es noch gereicht. Trotz schwerer Beine fiel es den Profis des VfB Stuttgart nicht schwer, sich bei den über 4000 mitgereisten Fans für die Unterstützung zu bedanken. Der im Endspurt erkämpfte Punktgewinn beim 2:2 in Bremen mobilisierte die letzten Kraftreserven.
Vor allem Ermedin Demirovic konnte sich über einen „dreckigen Punkt“ freuen, verdiente sich der Stürmer mit seinen beiden Toren (20./85.) doch einen Hauptanteil an dem Unentschieden, das sein Trainer Sebastian Hoeneß etwas wohlwollender als „Punkt der Moral“ einordnete. Wie schon in den Spielen zuvor gegen Juventus Turin (1:0), in Wolfsburg (2:2) sowie gegen Hoffenheim (1:1) – die nur fast geglückte Aufholjagd gegen Frankfurt nicht zu vergessen - hat der VfB in Bremen noch einmal spät zugeschlagen. Was Hoeneß nach den 90 Minuten klar in den Vordergrund rückte. „Es wurde wieder sichtbar, dass wir nicht zusammenbrechen. Das ist es, was für mich heute zählt. Hoch anrechnen möchte ich meiner Mannschaft, dass sie bis zum Schluss versucht hat, das Spiel noch zu gewinnen.“ Was in der Nachspielzeit fast geglückt wäre.
Elf müde Krieger
In den 90 Minuten zuvor war aber viel Leiden angesagt. Über weite Strecken schleppten sich elf müde Krieger über den Platz, das 1:5 von Belgrad noch in den Kleidern hängend. Die Belastung von 20 Pflichtspielen seit Saisonbeginn - Länderspiele nicht eingerechnet – lässt sich in den letzten Wochen des Jahres nicht mehr übersehen. Und auch nicht mehr wegdiskutieren. „Zwischenzeitlich hat man schon gesehen, dass wir platt sind“, nannte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth „ungünstige Einflussfaktoren“. Wozu auch die vielen Verletzten zählen. In Bremen musste Justin Diehl in der Schlussphase ran, obwohl er nach einem Infekt nicht bei hundert Prozent war. Maximilian Mittelstädt konnte am Ende kaum mehr laufen. Biss aber auf die Zähne und wollte zur Bewunderung von Hoeneß partout bis zum Schluss durchhalten.
Saft- und kraftlos wirkte aber nicht nur der Linksverteidiger über lange Zeit. Die Zustandsbeschreibung lässt sich auf weite Teile der Mannschaft übertragen. In den vielen Mittelfeldduellen fehlte es an Spritzigkeit und Handlungsschnelligkeit, zu viele zweite Bälle gingen an die Gastgeber. Auch die vielen Schnitzer in der Abwehr lassen sich auf mentale Ermüdungserscheinungen zurückführen. So viele Querschläger und Fehlpässe sah man lange nicht. Sportchef Wohlgemuth monierte vor allem eine „fehlende Wachsamkeit bei Standards“. Exemplarisch dafür Jeff Chabot, der nach vielen guten Spielen in Bremen für wenig Stabilität sorgte. „Jeff ist über 1,90 Meter. Da tun die Spiele noch länger weh“, rekurrierte Wohlgemuth auf das zurückliegende Belgrad-Spiel und Chabots frühzeitige Auswechslung.
So klar Wohlgemuths Zustandsbeschreibung des VfB zu Winterbeginn ausfiel, so wenig wollte er sie als Wehklagen zum Ausdruck bringen. Es ist, wie es ist. Nur, dass sie beim Vizemeister des Vorjahres ob der Ausmaße der Mehrfachbelastung nun doch ein wenig überrascht scheinen. „Wir haben schon gemerkt, dass eine Spielzeit mit Bundesliga, Pokal und Champions League für uns neu ist,“ sagte Wohlgemuth. Es sei eben nicht mehr wie vergangene Saison, als man manche Begegnungen „mit einer gewissen Spielkontrolle“ über die Bühne bringen konnte, wie der Sportvorstand feststellen muss. „Das geht nicht mehr. Jetzt müssen wir immer 100 Prozent auf den Platz bringen.“
Wohl auch am Dienstag (18 Uhr), wo es schon wieder weitergeht. DFB-Pokal, Achtelfinale bei Jahn Regensburg. Alles andere als ein Weiterkommen beim Zweitliga-Schlusslicht wäre eine Blamage. Trotz leerem Tank wird man wieder die letzten Kraftreserven mobilisieren müssen. Auf die Frage, wie man drei Auswärtsspiele mit 5000 Reisekilometern in sechs Tagen bewältigt bekommt, antwortete Hoeneß: „Wir reisen, wir spielen, wir regenerieren.“ Ehe das Ganze von vorne losgeht. Richtige Trainingsarbeit, das Feilen an taktischen Feinheiten, muss warten. Klagen will der 42-Jährige aber nicht: „Wir wollten es so und sind grundsätzlich froh über diese Schlagzahl.“
Dass das kommende Bundesligaheimspiel gegen Union Berlin von der DFL bereits auf Freitag angesetzt wurde, sorgt im Stuttgarter Lager jedoch für Unverständnis. Andererseits bleibt danach ein Tag mehr Pause. Im folgenden Champions-League-Spiel gegen Bern geht es schließlich um alles.