Nicole Purrmann leidet unter der seltenen Krankheit Lipödem. Jetzt kämpft sie mit der Krankenkasse, die sich weigert, Operationskosten zu übernehmen. Foto: Steinmetz

Nicole Purrmann leidet unter Lipödem. Kasse will OP nicht übernehmen. "Will wieder normal leben."

Sulz - So schlank wie ein Model zu sein, darum geht es Nicole Purrmann nicht. "Ich möchte wieder normal leben", sagt die 44-Jährige Renfrizhauserin.

Sie leidet unter dem Lipödem, das fast ausschließlich bei Frauen auftritt. Dabei handelt es sich um eine symmetrische, rechts und links gleich stark an Hüften, Oberschenkeln und Oberarmen ausgeprägte Fettverteilungsstörung. "Es ist eine chronische Krankheit", erklärt Nicole Purrmann, die mittlerweile einen jahrelangen "Spießrutenlauf" bei Ärzten und der Krankenkasse hinter sich hat.

Begonnen hatte bei ihr die Krankheit Anfang 30. Da merkte sie, dass "etwas nicht stimmt". Trotz Sport und Diät nahmen die Fettpolster zu und schließlich solche Ausmaße an, dass sie den Hausarzt aufsuchte. 2006 äußerte dieser den Verdacht, dass es das Lipödem sein könnte. Das wurde in einer Fachklinik in Hinterzarten auch so diagnostiziert.

Die Beine wurden nicht nur voluminöser, sondern schmerzten auch. "Das ist ganz fürchterlich", sagt Nicole Purrmann. Zu einer konservativen Behandlung gehören manuelle Lymphdrainagen und maßgefertigte Kompressionsstrümpfe. Das nutzte bei ihr wenig. Schon leichte Stöße verursachten blaue Flecken. Die Beweglichkeit nahm ab. In einen Rock oder einen Badeanzug passte sie nicht mehr hinein. "Irgendwann ging es mir so schlecht, dass ich mich mit einer Operation beschäftigte", erzählt sie. Das Problem aber ist: Die Krankenkasse zahlt bei einer Liposuktion oder Fettabsaugung nicht. Als sie im Urlaub in Barcelona bei 30 Grad im Schatten zusammenbrach, sprach ihr Mann ein Machtwort: "Jetzt bezahlen wir die Operation selber." Zweimal, in einer Privatklinik in Lübeck, hat sie sich im Januar 2013 operieren lassen. Sieben Liter Fett wurden abgesaugt, hinterher ging es ihr viel besser. Die Schmerzen ließen nach, sie kann wieder besser gehen, Gartenarbeit verrichten, in die Hocke gehen, was vorher ganz unmöglich war, oder knien.

Die Operationen kosteten allerdings 10.000 Euro. Ihre gesetzliche Krankenkasse weigert sich nach wie vor, die Kosten zu übernehmen, weil, so werde argumentiert, es keine lebensbedrohliche Krankheit sei. Die Anträge auf Kostenersatz seien bislang immer abgeschmettert worden. Sie hat die Krankenkasse auch über einen Anwalt verklagt: "Zwei Jahre kämpfe ich vor Gericht, dass die Operationen bezahlt werden. Aber das dauert alles."

Jeder Mensch, meint Nicole Purrmann, müsste eigentlich das Recht auf bestmögliche Behandlung haben. Das Lipödem könne außerdem weitere Krankheiten, Fehlbelastungen oder sogar Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben. Dass dadurch vielleicht noch höhere Kosten entstünden, werde nicht berücksichtigt.

Hinzu kommen aber auch psychische Belastungen. Manche Frauen, die unter dem Lipödem leiden, seien wegen ihre Körperfülle beschimpft worden. Das, räumt sie ein, sei bei ihr allerdings nie der Fall gewesen.

Vor dem gemeinsamen Bundesausschuss in Berlin findet am kommenden Montag zwischen 12.30 und 13.30 Uhr eine Demonstration statt. Die Teilnehmerinnen fordern, dass Fettabsaugungen endlich auch in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Nicole Purrmann fährt am Montag nach Berlin, um mit zu demonstrieren. "Man kann nicht nur fordern, man muss auch etwas dafür tun", sagt sie.