Im Mühlheimer Rat überwiegt Skepsis, 200 Hektar für Daimler-Prüfzentrum abzutreten.

Sulz-Mühlheim - Daimler braucht für seine Teststrecken bis zu 200 Hektar: Wie sieht Bürgermeister Gerd Hieber das Verhältnis von Flächenverbrauch zu Arbeitsplätzen? Werden neue Arbeitsplätze geschaffen oder nur verlagert? Gibt es verbindliche Aussagen? Das waren einige der Fragen der Bürger bei der Ortschaftsratssitzung am Mittwoch in Mühlheim.

Hieber konnte zu den Arbeitsplätzen lediglich sagen, dass es sich um mehrere hundert handelt. Ansonsten wiederholte er seine Ausführungen bei der Ortschaftsratssitzung am Dienstag in Renfrizhausen. Dabei stellte er dar, dass die Steuerkraft der Stadt unterdurchschnittlich niedrig sei. Mit einer Ansiedlung Daimlers würden in Sulz 80 bis 90 Millionen Euro investiert. Nach den für das regionale Gewerbegebiet festgelegten Preisen entfielen davon 17 Millionen Euro auf den Grundstückskauf. Dieses Geld würde in der Region zum Teil wieder ausgegeben.

Karl Wezel wollte wissen, ob eine Befragung der Bürger sinnvoll sei. Hieber hält dies durchaus für einen möglichen Verfahrensweg. Eine Bürgerbefragung oder einen Bürgerentscheid müsse aber der Gemeinderat beschließen.

"Wir können Minimalforderungen stellen"

Während Hieber weiter für den "ergebnisoffenen Dialog" mit Daimler warb, meldeten einige Mühleimer Räte Zweifel an. "Wir können Minimalforderungen stellen", sagte Albrecht Stocker, mindestens zehn Arbeitsplätze pro Hektar – 2000 bei 200 Hektar. Hieber deutete an, dass Daimler zu den Arbeitsplätzen eventuell noch in diesem Jahr konkretere Angaben macht.

"Daimler braucht Fläche und sonst gar nichts von uns", meinte Ortschaftsrat Bernd Hauser. Er monierte, dass es bisher nur vage Aussagen gebe. Für Barbara Klaussner ist die Gewerbesteuer kein Argument für Daimler. Das Unternehmen zahle seit 2009 keinen Cent an die Kommunen, recherchierte sie. Dieter Kopp bezweifelte, ob mit dem Unternehmen auf Augenhöhe verhandelt werden könne. "Daimler hat Spitzenanwälte. Ich habe Respekt davor".

Wilhelm König hat die Teststrecke im ostfriesischen Papenburg beisichtig und neben einigen Bildern negative Eindrücke mitgebracht. Während die mit einem drei Meter hohen Zaun umgebene Anlage aber auf einer 900 Hektar großen, landwirtschaftlich wenig wertvollen Fläche gebaut sei, handele es sich in Sulz um ein "Filetstück" mit bestem Ackerboden. Er glaubt, dass 200 Hektar Daimler noch nicht ausreichen. Jedenfalls werde hier keine Landwirtschaft mehr möglich sein. Auf dem Land sollten besser Filets erzeugt werden, die man auch im Lokal essen könne.

König warnte außerdem davor, gegen vier Ortschaften eine Entscheidung zu treffen. Er befürchtet, dass es sonst zu einem "Sulz 21" kommen könne und die Gemeinde entzweit werde. Er sieht hier großen "sozialen Sprengstoff". König erhielt für seinen Vortrag mit Beamer von den Zuhören viel Beifall.

Hieber appellierte, Emotionen zu vermeiden und bei der weiteren Diskussion kühlen Kopf zu behalten. Das Prüfzentrum werde frühestens 2017 in Betrieb gehen.

Info

Die Hofstellen Hezel und Wegenast sind in dem Gebiet, das für eine Daimler-Teststrecke in Frage kommt, am meisten tangiert. »Ich muss mich vehement gegen Gerüchte wehren, dass mit uns schon konkrete Verhandlungen geführt wurden«, sagte Heinz Hezel am Mittwoch bei der Ortschaftsratssitzung. Es sei lediglich das Projekt vorgestellt worden. Auf die Familien Hezel und Wegenast werde Druck ausgeübt, weil sie das »Zünglein an der Waage« sein könnten.

Hezel betonte: »In dieser Situation verhalten wir uns neutral. Wir machen uns ein eigenes Bild«. Er appellierte: »Benutzen Sie uns nicht als Werkzeug pro oder contra zu diesem Gebiet. Überlassen Sie uns diese Entscheidung selber«. Ähnlich hat sich bereits am Dienstag Markus Wegenast in Renfrizhausen geäußert: »Wir halten uns aus der Entscheidungsfindung heraus«, betonte er.