Große Strafkammer ordnet Unterbringung in der Psychiatrie an / Freiheitsstrafe wegen versuchter Brandstiftung

Von Bodo Schnekenburger

Sulz/Rottweil. Nur einmal wandte sich der 39-Jährige gestern Nachmittag kurz gegen den Vorsitzenden Richter, der das Urteil der Ersten großen Strafkammer am Landgericht Rottweil ausführte: zwei Jahre Freiheitsstrafe wegen versuchter schwerer Brandstiftung. Dazu ordnete die Kammer die Unterbringung des Mannes, der im vergangenen Juni ein Feuer in seinem Zimmer in einer Sulzer Pflegeeinrichtung gelegt hatte, an.

Sein Motiv: Freiheit. In seinem Denkmodell geht es nämlich anders zu als in den Köpfen der "normalen" Menschen. Eine paranoide Schizophrenie, die 2003 ausgebrochen war, grenzt ihn zunehmend von vernünftigem Denken und Handeln ab. Sie bestimmt auch sein Leben: 24 stationäre Aufenthalte in einer psychiatrischen Fachklinik kamen zwischen 2006 und 2012 zusammen.

Nächstes Mittel war die zivilrechtliche Unterbringung. Erst in Reutlingen, schließlich in Sulz. Der Versuch, den Mann über ein Praktikum an Arbeitswelt und Gesellschaft in überschaubarem Rahmen anzuschließen, scheiterte. Der weitere Weg: Polizei, Notunterkunft, schließlich wieder nach Sulz und hier das klare Signal, dass vier Wochen lang erst einmal gar nichts mit Ausgang sei. Da reifte der Plan, Feuer zu legen, dann würde er schon freikommen, dachte er. Dass er damit auch Personen – beeinträchtigte Mitpatienten, die auf der selben Etage leben, oder Betreuungspersonal – in Gefahr bringen könnte, sei ihm bewusst gewesen, ist das Gericht überzeugt. Auch dass ihm klar war, dass die Feueraktion nicht richtig war, nimmt die Kammer an.

Wegen seiner Krankheit, zu der sich eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit gesellen, habe er allerdings nur teilweise entsprechend handeln können. Und darin liegt die besondere Tragik des Falles, die sich auch im Urteil auswirkt. Zum einen wird das Verbrechen einer versuchten schweren Brandstiftung mit einer Freiheitsstrafe geahndet – Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten für die Brandlegung zweieinhalb beziehungsweise zwei Jahre Freiheitsstrafe beantragt –, zum anderen zeigt die Tat das Gefahrenpotenzial, das von dem Mann ausgeht.

Der psychiatrische Sachverständige jedenfalls erwartet weitere schwere Aggressions-, Gewalt- oder eben solche Brandstiftungstaten, wenn der Mann unbehandelt in Freiheit kommt. Dass sogar das Betreuungspersonal für den zweiten Teil der Verhandlung gestern eine Fesselung veranlasst hat, ist ein eher seltenes Vorgehen, das die Wahrnehmung dieses Potenzials allerdings deutlich werden lässt. Wenn das Gericht sich nämlich nicht so verhalte wie er es sich vorstelle, hieß es, werde etwas passieren. Auch vor dem Brand in Sulz, der einen Trakt für ein paar Tage unbewohnbar machte und ein Zimmer zerstörte, hatte es eine entsprechende Äußerung gegeben. Und am Vormittag wurde der Angeklagte zunehmend angespannt und verbal aggressiver.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, eröffnet es den Rahmen, die Krankheit anzugehen – wenn er mitmacht. Ansonsten kann es eine lange Geschichte werden. Bis dahin bleibt er übrigens vorläufig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.