In der 13. Generation führen Sabine und Karl Kopp die Bäckerei. Sie besteht in Sulz seit 325 Jahren. Foto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Bäckerei Kopp besteht seit 1693 in Sulz / Betrieb hat sich Zeit und Essgewohnheiten angepasst

Sulz. Teig ausrollen und dann schlingen: Das geht schnell von der Hand. Zehn bis 15 Sekunden braucht Bäckermeister Karl Kopp für eine Brezel. Rasch füllt sich das Backblech. Die Tätigkeit ist reinste Routine, aber anstrengend. "Ich weiß nicht, wie oft ich das schon gemacht habe", sagt Karl Kopp. Das Brezelschlingen könnte auch maschinell erledigt werden. Das rentiere sich aber nur bei Mengen ab 3000 Stück. Fürs Kneten verwendet der Bäckermeister jedoch eine Maschine. Der Teig für die Dinkel-Sesam-Stangen befindet sich schon drin. Am Schluss leert er Eiswasser dazu. Ungefähr neun Minuten lang wird der Teig gerührt. Gebacken wird nachts: Die Ware kommt erst am nächsten Tag in den Verkauf.

Die Bäckerei Kopp beschäftigt insgesamt neun Mitarbeiter, zwei davon in der Produktion. Der Familienbetrieb besteht seit 325 Jahren. Johann Kopp hat die Bäckerei 1693 in der Mühlstraße gegründet. Sabine und Karl Kopp führen sie nun in der 13. Generation. Es ist die einzige noch verbliebene backende Bäckerei in der Sulzer Kernstadt. Damals, zur Gründungszeit, war die Konkurrenz wesentlich größer. In Sulz gab es bis zu 27 Bäckereien, die aber wohl großteils im Nebenerwerb betrieben wurden. Johann Kopp war gleichzeitig Fischer am "Krebs-Neckerle", das zwischen Neckar- und Brühlstraße in den Neckar mündete. Der Bach ist inzwischen verschwunden. "Mein Ur-Ur-Großvater war Bierbrauer", erzählt Karl Kopp. Dessen Kenntnisse als Mälzer waren für einen Bäcker ganz nützlich, denn Malz verwende man immer noch zum Brötchenbacken.

Der Handwerksbetrieb wechselte im Laufe der Zeit seinen Standort. Johannes Kopp hatte seine Backstube 1798 in der Bergstraße 3, Gottfried Kopp backte ab 1851 in der Vorstadt im späteren Gasthaus Kanne. Karl Ludwig Kopp, der Urgroßvater des heutigen Inhabers, kaufte am 12. April 1892 dann das Haus in der Brühlstraße 4 von Bäcker Georg Pfau. Dort befindet sich die Bäckerei heute noch. Karl Gustav Kopp, seit 1960 Eigentümer, modernisierte das Geschäft im Jahr 1963 und installierte einen vollbeheizbaren Etagenbackofen. Das war der erste dieser Art in der weiteren Umgebung.

Sein Sohn Karl absolvierte 1981 die Meisterprüfung in Stuttgart. Mit seiner Frau Sabine übernahm er die Bäckerei 1988. Das Ehepaar gestaltete den Betrieb um und eröffnete ein Jahr später ein modernes, freundliches Ladengeschäft.

Viele Rezepte für die Backwaren sind im Familienbetrieb von Generation zu Generation weitergegeben worden. "Die Schrift sei etwas schwierig zu lesen", findet Karl Kopp. Das eine oder andere Rezept muss er auch etwas abändern, den heutigen Gegebenheiten anpassen und weiterentwickeln.

Wiederentdeckt hat er Emmer als altes Backgetreide. Das werde inzwischen wieder angebaut. Kopp konnte auf ein Rezept seines Ur-Opas zurückgreifen. Mit Emmer lässt er gleichzeitig ein Stück "Brotgeschichte" wieder aufleben. Das Emmerbrot gibt es zweimal wöchentlich im Laden. Es werde von der Kundschaft gut angenommen. Wie überhaupt alte Getreidesorten eine Renaissance erlebten. Dinkel sei beispielsweise ein großes Thema.

Vollkornprodukte stehen hoch im Kurs. Junge Familien, hat Sabine Kopp beobachtet, kaufen gesundheitsbewusst ein. Sie wird auch oft gefragt, was sich im Brot befinde. Weizenallergien hätten zugenommen. Die Bäckerei reagierte auf diese Entwicklung: "Wir haben fünf Brote ohne Weizen", erklärt Sabine Kopp.

Die Essgewohnheiten haben sich generell verändert. Milch-, Mohn oder Sesamweckle seien weniger gefragt, umso mehr die verschiedenen Körnerweckle. "Als mein Vater noch Chef war, haben wir den Backofen dreimal mit Weizenmischbrot gefüllt", erinnert sich Karl Kopp. Insgesamt sind es nun rund 20 verschiedene Brotsorten, die im Laden frisch angeboten werden können. Die Vielfalt ist damit wesentlich größer als früher, die Mengen sind dafür etwas kleiner. Das mache die Arbeit intensiver, sagt Kopp. Das nimmt er in Kauf, um den Wünschen der Kunden Rechnung zu tragen.

Die Rezepte für die Backwaren haben eines gemeinsam: "Sie sind alle einmalig". In guter Familientradition hat Kopp auch selbst ein Brotrezept kreiert. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Roggen, Dinkel, Sonnenblumen und Leinsamen.

Der Sulzer Bäckereibetrieb setzt auf Qualität und Frische der Waren, zu denen auch Kuchen, Torten und Feingebäck gehören. Das weiß der breite Stammkundenkreis zu schätzen. Kopp verwendet Zutaten aus der Region und verzichtet auf Fertigmischungen.

Das Bäckerhandwerk, meint er, "ist bei uns im Blut drin". Kein Wunder bei einer 325-jährigen Familientradition, die sich übrigens auch im Namen widerspiegelt. Die Kopps wurden bis zum Ur-Ur-Großvater auf den Vornamen Johannes, dann auf Karl getauft.

Karl Kopp beginnt seinen Arbeitstag um 2 Uhr in der Früh. Eine Zeitschaltuhr heizt den Ofen an, dann kann produziert werden. Bis 12 Uhr steht er in der Backstube. "Wir haben ein anderes Leben als andere", sagt Sabine Kopp, die auch schon um 4.30 Uhr aufsteht und sich um den Laden kümmert. Ab sechs Uhr ist er bereits geöffnet.

Mit der Arbeitszeit könne man sich arrangieren, versichert Kopp. Er hat zumindest mit dem frühen Aufstehen keine Probleme. Doch er übt sein Handwerk mit großem Engagement aus. "Man sieht immer das Endprodukt, das man mit eigenen Händen geschaffen hat", erklärt er, warum er seinen Beruf so schätzt. Deswegen ist es für ihn und seine Frau ein großes Anliegen, einen Nachfolger für den Betrieb zu finden. Damit beschäftigen sie sich bereits intensiv, auch wenn es bis zum Ruhestand noch etwas dauert.

Fest steht: Aus der Familie wird niemand das Geschäft fortführen. Die Familientradition wird somit enden. Kopp hofft aber, dass die altüberlieferten Rezepte seiner Vorfahren künftig noch angewendet werden. Der Erhalt der Bäckerei ist für ihn auch im Hinblick auf den allgemeinen Rückgang der Handwerksbetriebe wichtig.