Hermann Roos (links) hat dem eigens aus Kanada angereisten Forscher Russell Haynes das Geburtshaus von Magnus Friedrich Roos in der Sonnenstraße in Sulz gezeigt. Foto: Priotto Foto: Schwarzwälder-Bote

Russell Haynes spürt in Sulz Prälat Magnus Friedrich Roos nach / Kanadischer Theologe plant Englisch-Übersetzung

Von Cristina Priotto Sulz. Leidenschaftliche Forscher scheuen keinen Aufwand, wenn sie ein Thema für sich entdeckt haben. Reverend Russell Haynes gehört in diese Kategorie: Der 51-Jährige ist eigens aus Kanada nach Deutschland geflogen, um zu sehen, wo Prälat Magnus Friedrich Roos gewirkt hat.

Denn Haynes, der am Tyndale Seminary in Toronto Theologie studiert hat, will im Rahmen seiner Doktorarbeit über theologisch-christliche Psychologie ein Werk des 1727 im Pfleghof in Sulz geborenen Prälaten Roos vom Lateinischen ins Englische übersetzen. Zuerst erschienen ist das Werk 1769, also vor mehr als 240 Jahren. Die deutsche Übersetzung hat der Verfasser selbst nicht mehr miterlebt, denn Magnus Friedrich Roos starb im Jahre 1803, seine Schrift erschien jedoch erst 1857 auf Deutsch und trug den Titel "Grundzüge der Seelenlehre aus Heiliger Schrift".

Russell Haynes beschäftigt sich schon seit zwei Jahren mit dem Sulzer Prälaten. Besonders fasziniert ist der kanadische Pfarrer von der Herangehensweise, wie Roos die Theologie als Studium der Seele auffasste. Haynes ist sogar davon überzeugt, dass "nicht Sigmund Freud die Grundsteine der Psychologie gelegt hat, sondern Magnus Friedrich Roos mit seinen theologisch-psychologischen Werken schon viel früher".

Deshalb wollte der 51-Jährige auch unbedingt Roos’ Schriften im Original lesen können – und studierte eigens dafür an der Universität Latein. Russell Haynes’ Forschungseifer wurde jedoch gebremst, als er feststellen musste, dass es die "Grundzüge der Seelenlehre" im lateinischen Original in keiner kanadischen Bibliothek gab. Per Internet-Suche stieß Haynes im Dezember 2009 auf den Förderverein Freundeskreis Prälat Magnus Friedrich Roos, den dessen Urururenkel Hermann Roos in Tübingen leitet.

Es folgte ein reger Austausch via E-Mail. Hermann Roos, der sehr bemüht ist, das Andenken an seinen berühmten Vorfahren lebendig zu halten, besorgte dem kanadischen Forscher das gewünschte Werk. Zudem zeigte er ihm während eines einwöchigen Aufenthalts Magnus Friedrich Roos’ Geburtshaus in Sulz, das Epitaph in der evangelischen Stadtkirche und fuhr mit ihm nach Derendingen, Bohlheim, Bebenhausen und Anhausen, wo der Prälat einst wirkte. Haynes hat der Besuch in Deutschland nachhaltig beeindruckt.

Viel mehr hat Russell Haynes bei seinem ersten Aufenthalt in Europa nicht gesehen – "außer ein bisschen Shopping in Tübingen", wie der 51-Jährige schmunzelnd zugibt. Um eigene Eindrücke reicher, will sich der Forscher zurück in Kanada mindestens die nächsten drei Jahre wieder ganz Magnus Friedrich Roos widmen. Seine Übersetzung der "Grundzüge der Seelenlehre aus Heiliger Schrift" wird übrigens die erste Transkription eines Roos-Werks ins Englische sein. Von Deutschland hat Haynes zwar nur sehr wenig gesehen – aber dafür kennt er jetzt Sulz.